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Kulturpolitik

Potenziale für Sänger und Zuhörer

Forschungsergebnisse eines Symposiums in Leipzig · Von Carsten Heckmann

Die Szene steht für pure Lebensfreude. Verkleidete Kinder hüpfen übers Parkett, schwingen ihre kurzen Ärmchen, drehen sich um die eigene Achse und singen auch noch dazu. Die Liedzeile passt: „Kommt ein Bursch ohne Schuh’, und in Lumpen dazu. Als die Brücke er sah, ey, wie tanzte er da.“ So spielt sich das ab, wenn Studierende der „Elementaren Musikpädagogik“ im Kindergarten Theorie in die Praxis umsetzen. Und so führte es Johanna Metz per Video vor, als sie beim 4. Leipziger Symposium zur Kinder- und Jugendstimme über „Singen – Tönen – Tanzen“ referierte. „Die Einheit von Sprache, Musik und Bewegung ist ganz ursprünglich im Kind vorhanden. Die Potenziale sind da, man sollte sie fördern“, sagt die Tanz- und Musikpädagogin, die den entsprechenden Studienbereich an der Leipziger Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ aufgebaut hat.

Auswirkungen des Singens

Potenziale. Das war so etwas wie das inoffizielle Leitwort des Symposiums, zu dem die HNO-Universitätsklinik Leipzig vom 24. bis 26. Februar unter dem Titel „Singen und Lernen“ in die Musikhochschule eingeladen hatte. 430 interessierte Gäste waren der Einladung gefolgt, darunter Phoniater (Stimmärzte), Logopäden, Stimmbildner, Gesangspädagogen und -studenten. Praxisorientierte Referate wie jenes von Johanna Metz standen auf dem Programm, gespickt mit Klagen über mangelndes Singen und Musizieren gerade im Kindesalter und die unzureichende musikalische Vorbildung von Erziehern, aber es wurden auch neueste Forschungsergebnisse vorgestellt.

 
Elementare Musikpädagogik in der Praxis. Am Schlusstag des Symposiums gab Kinderliedermacher Gerhard Schöne ein Konzert vor begeisterten Kindern im Konzertsaal der Musikhochschule. Foto:
 

Elementare Musikpädagogik in der Praxis. Am Schlusstag des Symposiums gab Kinderliedermacher Gerhard Schöne ein Konzert vor begeisterten Kindern im Konzertsaal der Musikhochschule. Foto:
Armin H. Kühne

 

Unter anderem von Symposiumsleiter Michael Fuchs: „Singen verbessert die Stimme“, verkündete der Leiter der Abteilung für Stimm-, Sprach- und Hörstörungen des Leipziger Universitätsklinikums. Er und seine Mitarbeiter verglichen je 200 in Chören aktive Kinder und Jugendliche in Leipzig und Baden-Württemberg mit gleichaltrigen Nicht-Sängern. Das Ergebnis: „Sängerisch aktive Kinder können lauter singen, aber auch leiser, sie können höher singen und zudem differenzierter.“ Ton- und Dynamikumfänge seien bei ihnen signifikant größer, so Fuchs. „Man könnte sagen, das sei zu erwarten – aber bislang hatte das keine Studie so nachgewiesen. Außerdem nehmen singende Kinder ihre Stimmen besser wahr und können daher gesünder mit ihnen umgehen.“

Die Kinder- und Jugendstimme ist für Michael Fuchs ein zentrales Forschungsthema, die jungen Chöre in Leipzig, vom Gewandhauskinderchor über die Scola cantorum bis hin zum Thomanerchor, können ihm die Probanden für seine Projekte stellen. Nur der interdisziplinäre Austausch fehlte ihm noch – daher rief er 2003 das Symposium ins Leben.

Gesang und Sprache

Für Interdisziplinarität stand diesmal auch Stefan Koelsch, der am Leipziger Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften die Nachwuchsgruppe „Neurokognition der Musik“ leitet. Er fand heraus: Musikalisches Training fördert bei Kindern auch die Entwicklung sprachlicher Fertigkeiten. „Das Gehirn verarbeitet die Syntax der Musik sehr ähnlich wie die Syntax der Sprache“, erklärte Koelsch. Nun konnte er nachweisen: Kinder mit Instrumental- oder Vokalunterricht haben nicht nur einen ausgeprägteren Sinn für Fehler in musikalischen Regularitäten, sondern auch für sprachliche Fehler. „Die neuronalen Mechanismen der Syntaxverarbeitung sind bei ihnen früher und ausgeprägter entwickelt“, konstatierte der Wissenschaftler. Macht Singen also klüger? „Das wäre zu pauschal formuliert. Aber sicher ist Sprache ein nicht unerheblicher Teil der Intelligenz.“

Glückshormone

Auf jeden Fall macht Singen glücklich – und zwar die Zuhörer. Zu diesem Ergebnis kam Eckart Altenmüller. Der Leiter des Instituts für Musikphysiologie und Musiker-Medizin an der Hochschule für Musik und Theater Hannover untersuchte wie Koelsch neurobiologische Aspekte, nur eben nicht bei den Singenden, sondern bei den Hörenden. „Unsere aktuellen Forschungsergebnisse zeigen, dass kein anderer akustischer Reiz beim Menschen so starke Emotionen auslösen kann wie eine ausdrucksvolle Singstimme“, berichtete Altenmüller. Die Reaktionen gingen oft mit „vegetativer Aktivierung“ einher, also mit Begleitreaktionen wie Gänsehaut, Tränen in den Augen oder einem Kloß im Hals. Der neurobiologische Hintergrund: Im Bereich des Stirnhirns wird das Belohnungssystem aktiviert, zudem werden Glückshormone ausgeschüttet – und das Hormon Oxytocin begünstigt zusätzlich die Gedächtnisleistung. Will heißen: An die Situation, die singenden Menschen und den gesungenen Text kann sich ein Zuhörer bei ausdrucksvollem Gesang besonders gut erinnern. Natürlich, so Altenmüller, produziere das Singen auch bei den Sängern selbst Emotionen, keine Frage.

Das beste Beispiel lieferten die Kindergartenkinder. Sie brachten ihre Emotionen unmittelbar tanzend zum Ausdruck. Am Schluss des von ihnen angestimmten Liedes „Es führt über den Main eine Brücke aus Stein“ heißt es denn auch: „Und wir fassen die Händ’, und wir tanzen ohn’ End.“

Carsten Heckmann

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