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Tanz als Kommunikation

Mario Schröder im Gespräch
Von Tatjana Böhme-Mehner

Mario Schröder, Chef des Leipziger Balletts, gedenkt in einem Rachmaninow-Ballettabend des Choreografen Uwe Scholz (Premiere am 28. November). Im Vorfeld sprach Tatjana Böhme-Mehner für „Oper & Tanz“ mit dem Choreografen, der seinem 2004 verstorbenen Vorvorgänger in Leipzig viele Jahre lang eng verbunden war.

Oper&Tanz: In Ihrer fünften Saison als Chef des Leipziger Balletts gedenken Sie Uwe Scholz anlässlich dessen zehnten Todestages. Sie haben mit Ihrem berühmten Amtsvorgänger lange gearbeitet. Was ist er für Sie?

Mario Schröder. Foto: Kirsten Nijhof

Mario Schröder. Foto: Kirsten Nijhof

Mario Schröder: Mentor und Freund – das trifft es wohl am besten.

O&T: Wo lagen die Wurzeln dieser Begegnung?

Schröder: Das war, als er unmittelbar nach der friedlichen Revolution nach Leipzig kam. Sein Entschluss hierher zu kommen, in eine aufregende Zeit hinein, war sicherlich künstlerisch ein entscheidender Schritt für ihn, sich selbst auch noch einmal neu zu reflektieren.

O&T: Wie haben Sie das als Tänzer erlebt?

Schröder: Für mich als Tänzer, der in der Palucca-Schule ausgebildet wurde, war das die Begegnung mit einer neuen ästhetischen Welt. Uwe Scholz war durch die John-Cranko-Ära geprägt. Wir konnten uns gegenseitig inspirieren in einer Phase der politischen Umwälzung. Stücke wie die Messe oder „Pax questuosa“ wären ohne diese Erfahrungen wahrscheinlich nicht denkbar gewesen. Es war eine Zusammenarbeit mit wichtigen Impulsen. Er eröffnete mir einen neuen Blick auf eine andere Art des neoklassischen Repertoires. Wir hatten von Anfang an ein sehr gutes Verhältnis, das auf großem Vertrauen basierte. Es gab einen sehr offenen Austausch, aus dem ich viel mitnehmen konnte. Es war eine ungemein intensive schöne Zeit.

O&T: Sie haben dann als Choreograf sehr konsequent einen ganz anderen Stil entwickelt.

Schröder: Ich hatte mit Beginn meiner Tanzausbildung Ambitionen zu choreografieren. 1989 habe ich dann parallel zu meinem Engagement als Solotänzer in Leipzig ein Choreografie-Studium in Berlin aufgenommen. Damit begannen die ersten kontinuierlichen choreografischen Arbeiten. Es wurde immer mehr und setzte sich auch während der zehnjährigen Zusammenarbeit mit Uwe Scholz fort, der dies stark unterstützte. In jener Zeit gab es immer wieder Angebote, wegzugehen – als Tänzer, später dann auch als Choreograf und Ballettchef; aber ich habe lange das Gefühl gehabt, dass ich es noch nicht will, dass ich noch nicht so weit bin. Dann kam das Angebot aus Würzburg, und ich hatte dabei ein gutes Gefühl. Ich war dennoch hin- und hergerissen. Uwe Scholz hat mir dann den Rat gegeben: „Irgendwann musst Du es probieren. Probier’ es, aber du musst mir versprechen, wenn es schiefgeht, dann kommst Du als Tänzer zum Leipziger Ballett zurück.“

O&T: Zurückgekehrt sind Sie dann aber erst Jahre später als Ballettchef.

Leipziger Ballettcompagnie. Foto: Ida Zenner

Leipziger Ballettcompagnie. Foto: Ida Zenner

Schröder: Ja, damit schließt sich in gewisser Weise ein Lebensabschnitt. Nach Leipzig zurückzukehren war immer ein Traum gewesen, weil ich die Stadt mit ihren Menschen immer als super-spannend empfunden habe; eine Stadt, in der ich auf kulturellem Gebiet fantastische Partner habe – wie das Gewandhausorchester oder Menschen, die aus anderen Richtungen kommen wie Forschung, Kunst, Kultur und Wissenschaft. Es war unheimlich wichtig, dass ich elf Jahre weg war, aber dass sich der Kreis nun so schließt, ist auch eine wunderbare Chance, mein Konzept weiterzuentwickeln und gleichzeitig eine Tradition fortzusetzen.

O&T: Sie haben seit Ihrem Amtsantritt konsequent das Werk Uwe Scholz’ mit Ihren eigenen Arbeiten in Beziehung gesetzt. Damit vermeiden Sie im Andenken einen gewissen musealen Ansatz.

Schröder: Das ist auch mein Ziel. Als Nachfolger eines Freundes und Mentors war mir klar: Ich bin das, was ich bin, durch die Vergangenheit; aber das Hier und Jetzt ist wichtig und wesentlich – und die Frage nach der Zukunft. Konservierung ist nicht mein Plan.

O&T: Aus Anlass des zehnten Todestages von Uwe Scholz setzen Sie Ihre Sicht auf Rachmaninows zweites Klavierkonzert jener von Scholz auf das dritte entgegen. Wie kam es zu diesem Ansatz?

Schröder: Mein erster Kontakt mit Rachmaninow kam durch den Film „Weggehen und Wiederkommen“ von Claude Lelouch, in dem das zweite Klavierkonzert Thema ist. Als dann Uwe kam, war ich ganz überrascht, dass er sich entschlossen hatte, das dritte und nicht das zweite Klavierkonzert zu choreografieren, weil für mich das zweite das „emotionalere“ ist. Aber ich fand das dritte auch grandios und dachte damals schon, eigentlich müsste man mal das zweite und das dritte Klavierkonzert zusammen in ein Ballett übersetzen. Und nun habe ich den Gedanken wieder aufgegriffen. Dabei war es mir sehr wichtig, die Zeitgebundenheit von Scholz’ Choreografie zu hinterfragen.

O&T: Sie haben Ihren Vertrag bis 2019 verlängert.

Schröder: Ich habe auf jeden Fall noch einige Projekte in Planung. Für mich gibt es natürlich auch weiterhin zwei Programmschienen. Das eine ist die Arbeit mit dem Gewandhausorchester, Gesangssolisten und einem hervorragenden Opernchor und somit Komponisten, die für große klassische Klangkörper schreiben oder geschrieben haben. Und dann ist da der andere Bereich der musikalischen Komposition – Komponisten, die im Bereich der synthetischen Musik arbeiten oder mit ganz neuen, anderen Besetzungen. Beide Musikwelten finde ich sehr spannend. Und für eine Stadt wie Leipzig mit einer großartigen Musiktradition immens wichtig. Dabei ist das wichtigste, die Kommunikation nicht nur nach innen zu betreiben sondern sie auch nach außen in die Stadt hineinzutragen. Wir haben mit „Tanz in den Häusern der Stadt“ ein Konzept entwickelt, das zum Ziel hat, mit dem Körper in Beziehung zu bestimmten Orten zu treten. Raum beeinflusst uns, und der Körper beeinflusst den Raum. Dies sind immer einmalige Projekte. Das ist etwas, von dem ich glaube, dass da ganz neue Kommunikationsformen möglich werden.

Tatjana Böhme-Mehner

 

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