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Kulturpolitik

Brennpunkte

Zur Situation deutscher Theater und Orchester

Thüringen

Im November 2015 hat Thüringens Kulturminister Benjamin Immanuel Hoff (Die Linke) Vorschläge vorgelegt, wie die Theaterstruktur des Freistaats zukünftig aussehen soll. Er nennt sein Papier „Perspektive 2025“. Das bedeutet auch: das Land will seine Zuwendungen zwar einmalig leicht erhöhen, aber dann bis 2025 festschreiben. Hoff erklärte, er wolle die derzeitige stabile Haushaltslage nutzen und ohne Druck von Haushaltsdefiziten die Rahmenbedingungen für eine verlässliche Theaterentwicklung gestalten. Das Konzept sieht unter anderem vor, frei werdende Stellen teilweise nicht wieder oder über einen „Thüringer Theaterpool“ zu besetzen. Betriebsbedingte Kündigungen schließt Hoff aus und kündigt gleichzeitig an, das Theater Eisenach in den Flächentarif zurückzuholen. Von einem Ausschluss von betriebsbedingten Nichtverlängerungen ist dahingegen ausdrücklich nicht die Rede. Künstler mit befristeten Verträgen könnten daher durchaus von der Reform betroffen sein.
Grundsätzlich sei in jedem Fall eine Fortsetzung des Status quo möglich, heißt es in dem Konzept. Allerdings müssten die Kommunen dann ihren Anteil an der Finanzierung erhöhen und könnten vom Land nur vierjährige Zusagen erwarten. Klare Ansage des Ministers: Wenn Ihr alles so machen wollt wie bisher, müsst ihr selbst für die finanziellen Mittel sorgen.

Konkret soll das Theater Altenburg-Gera „vertieft“ mit der Jenaer Philharmonie kooperieren. Aus Sicht der Staatskanzlei ergäben sich aus einer solchen Kooperation „Spielräume im Hinblick auf die künftige Personalfluktuationsprognose“, so heißt es in dem Konzept. Eine Reduzierung der Orchesterstellen in Gera, wie sie bereits im Sommer befürchtet worden war, wäre damit wohl nicht mehr auszuschließen. In „Thüringen-Mitte“ ist tatsächlich an ein fusioniertes Staatstheater Weimar-Erfurt gedacht. Ein Alternativ-Modell sieht eine Landesträgerschaft des Orchesters Erfurt und der Staatskapelle Weimar vor. Außerdem sieht Hoffs Papier die „Fusion“ der Landeskapelle Eisenach mit der Thüringen Philharmonie Gotha sowie einen „Produktionsaustausch“ zwischen Meiningen, Eisenach, Rudolstadt und Nordhausen vor, „hilfsweise“ einen Theaterverbund zwischen Nordhausen, Eisenach und Rudolstadt. Die Finanzierungsverträge sollen nach Willen der Landesregierung bis Herbst 2016 unterschrieben sein.

Ob dieser Pläne ist höchste Vorsicht geboten. Widerstand formiert sich bei den Kultureinrichtungen und ihren Beschäftigten.

Weihnachtskarten und Streik – Ohne Geld geht der Zauber flöten!

Die obskuren Nachrichten, die zunehmend die Machenschaften des Kulturministers Mathias B. aufdecken, reißen nicht ab: Nun wurde bekannt, dass er bereits seit über einem Jahr über internes Wissen aus einem Geheim-Gutachten verfügt, das seine angeblich so gerechte Kulturreform immer weiter ad absurdum führt. Schwerin wird gegenüber allen anderen Standorten bevorzugt behandelt, denn es kann z.B. landeseigene Immobilien mietfrei nutzen; dennoch wird für die Folgejahre ein Verlust zwischen 3,5 und 3,9 Mio. Euro errechnet. Auch der tarifvertraglich zugesicherte Einstieg des Landes ist in Frage gestellt, womit die Geschäftsgrundlage des dortigen HTV insgesamt gefährdet ist.

Immerhin fangen nun auch endlich einige Politiker von den Grünen und Linken an zu fordern, dass Schluss sein soll mit der unsäglichen Strukturreform – nicht zuletzt angesichts sprudelnder Kassen (MV konnte 2015 200 Millionen Gewinn verzeichnen). Das fordern Großteile der Bevölkerung schon seit langem: Im Dezember fand wieder landesweit gemeinsam mit dem Publikum eine Weihnachtskartenaktion statt, mit der die Unterzeichnenden fordern: „Wir finden wichtig, dass alle Familien im Land auch zukünftig Weihnachtsmärchen, Neujahrskonzerte und alle anderen Theater besuchen können.“

VdO und GDBA haben im Theater Neustrelitz/Neubrandenburg seit Anfang Dezember auch bereits fünf Warnstreikaktionen durchgeführt. Die Beschäftigten haben über Jahre hinweg Gehaltsverzicht geleistet und sind seit 2012 komplett ohne Anpassungstarifverträge, woraus sich ein tariflicher Abstand zur Fläche von nunmehr über 12 Prozent ergibt. Dies geschah im Vertrauen darauf, dass die bestehenden Strukturen bewahrt würden. Entschieden wurde anders, der Standort NBB/Neustrelitz soll künftig durch Greifswald/Stralsund mitbespielt werden und nur ein sogenanntes musikalisches Schauspiel erhalten bleiben, was aber den Wegfall der meisten Stellen vor Ort bedeutet. Vor diesem Hintergrund kann von den betroffenen Kolleg/inn/en nicht erwartet werden, dass sie mit fortwährendem Gehaltsverzicht auch noch Steigbügelhalter zum Abbau ihrer eigenen Arbeitsplätze und der Kürzung der ihnen zustehenden Sozialleistungen werden.

Dementsprechend wird mit den Streiks die umgehende Rückkehr zur Fläche gefordert. Auch wenn der Presse zu entnehmen ist (Ostseezeitung), dass der Bühnenverein nach Terminen für eine Verhandlung suche, ist bisher keine offizielle Reaktion gegenüber VdO oder GDBA erfolgt. Von daher ist damit zu rechnen, dass die Streiks zukünftig verschärft werden und auch mit dem Ausfall von Vorstellungen zu rechnen ist.

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