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Aktuelle Ausgabe

Weisse und andere Elefanten
Editorial 2016/04 von Gerrit Wedel

Kulturpolitik

Brennpunkte
Zur Situation deutscher Theater und Orchester

Wohin kommt der Notenschrank?
Neue Heimat für die Staatsoperette Dresden

Phänomen Zeitgenossenschaft
Der Tanzkongress in Hannover

Berichte

Musikalisch fesselnd – plump inszeniert
»Parsifal«-Neuinszenierung in Bayreuth

Traumgestalten einer Schubladenwelt
»Juliette« an der Berliner Staatsoper

Verführung durch Werke und Orte
Die 70. Bregenzer Festspiele: Ein Rück- und Überblick

Ein schaler Nachgeschmack
Die Salzburger Festspiele 2016

Schwerpunkt

Zeitgenössisches Musiktheater
Details

VdO-Nachrichten

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Spielpläne 2016/2015

Kulturpolitik

Brennpunkte

Zur Situation deutscher Theater und Orchester

Pforzheim: Ofener Rechtsbruch angekündigt

Schon lange ist das Theater Pforzheim das Sorgenkind des Südwestens. Die chronische Geldknappheit der Stadt hält das Haus im Würgegriff. Die Folge: unter anderem zunächst tarifwidrige Pauschalvereinbarung mit dem Chor, nach deren Aufkündigung eine grauzonale Bezahlung von Sonderleistungen. Nunmehr ist ein neuer Angriff der Stadtoberen auf das Theater erfolgt: Der ohnehin minimierte Etat des Regiebetriebs soll nochmals um 600.000 Euro p. a. reduziert werden. Die Leitung des Hauses reagiert darauf willfährig-hilflos und sucht das Heil in weiteren „Einsparungen“ im künstlerischen Bereich, statt etwa den Wasserkopf in der Verwaltung (das Haus – ein einfacher kommunaler Regiebetrieb – leistet sich beispielsweise neben dem Verwaltungsdirektor auch noch einen stellvertretenden Verwaltungsdirektor...) zu operieren. Dies gipfelt in einer öffentlichen Ankündigung, einerseits im ohnehin nur noch 18-köpfigen Chor weitere 2 Stellen durch „betriebsbedingte Kündigungen“ abzubauen, andererseits die Verträge des Balletts von „Gruppe“ auf „Solo“ umzustellen und damit die Gagen um gut 20 Prozent zu drücken. Dass dies alles in weiten Teilen eklatant gegen geltendes Tarifrecht verstößt, hat die VdO in einem Schreiben an die Theaterleitung detailliert deutlich gemacht. Eine Stellungnahme dazu ist erwartungsgemäß nicht erfolgt. Ein kostspieliger Prozess ist absehbar.

Hof: Tarifflucht und Rausschmiss

Einen besonders „schlauen“ Weg zur Unterwanderung von Arbeitnehmerrechten geht seit 2010 das Theater Hof: Es wurde als GmbH ausgegründet, die nicht Mitglied der zuständigen Arbeitgeberverbände wurde und damit keiner Tarifbindung unterliegt. Das bisherige Personal wird weiterhin von der – auch im künstlerischen Bereich – tarifgebundenen Stadt Hof beschäftigt und dem Theater im Wege der (rechtswidrigen???) Arbeitnehmerüberlassung zur Verfügung gestellt. Neueinstellungen erfolgen, oft weit unter Tarif, durch die GmbH. Dadurch wird eine Zweiklassen-Gesellschaft geschaffen, die insbesondere in einem Kollektiv wie dem Chor, in dem mittlerweile 7 von 20 Mitgliedern über GmbH-Verträge verfügen, die mit Abstand die schlechtest-bezahlten in ganz Deutschland sind, die Arbeitsqualität massiv schädigt. Zudem werden die Gruppen gegeneinander ausgespielt.

Auf Initiative der VdO sollte diese ungute Situation im Frühjahr mit der Theaterleitung erörtert und über Lösungswege nachgedacht werden. Das Gespräch endete jedoch nach wenig mehr als 5 Minuten mit einem Rausschmiss der VdO-Delegation durch den Intendanten Reinhardt Friese, nachdem VdO-seits Probleme der Tarif-Praxis des Hauses erwähnt worden waren. In der Folgezeit wurde das Theater von der VdO förmlich zur Aufnahme von Haustarifverhandlungen aufgefordert; eine Reaktion hierauf erfolgte nicht. Es wird jetzt zu entscheiden sein, auf welchem Wege solche Verhandlungen erzwungen werden können; eine Friedenspflicht besteht jedenfalls für die GmbH-Beschäftigten derzeit nicht.

Trier: Bedrohliches Chaos

Zumindest strukturell sah es Ende letzten Jahres gut für das Theater Trier aus: Die Verantwortlichen der Stadt hatten sich nach jahrelangen Diskussionen zu ihrem Drei-Sparten-Ensemble-Theater bekannt, eine Satzung für die Mitte 2016 neu zu gründende Anstalt öffentlichen Rechts (AöR) war entworfen; ein Personalüberleitungsvertrag, der für die Beschäftigten wichtige Garantien enthält, war mit Personalrat und Künstlergewerkschaften abgestimmt. Doch dann kamen die Komplikationen. Insbesondere stellte sich heraus, dass der neue Intendant, Dr. Karl M. Sibelius, MA, MAS, im Jahr 2015 seinen Etat um ca. 1,3 Mio. Euro überzogen hatte und Ähnliches für 2016 ansteht. Hinzu kamen Personal-Querelen, allen voran die mittlerweile für nicht rechtens erklärte fristlose Kündigung des bei Publikum und Ensemble beliebten Schauspieldirektors Ulf Frötzschner. Die Zuschauerzahlen brachen massiv ein, die Zahl der Abonnements sank um rund ein Drittel, die Presse wendet sich zunehmend gegen das Theater. Ungeachtet dessen wurde Sibelius´ Vertrag mittlerweile bis 2020 verlängert. Seine Aufgaben (Management, künstlerische Gesamtleitung, Regie, Schauspielerei) sind aber offenbar nicht abschließend geklärt. Die AöR ist immer noch nicht gegründet; offenbar ist es bislang noch nicht einmal gelungen, einen Wirtschaftsplan zu erstellen, der den haushaltsrechtlichen Vorgaben entspricht. OB Leibe und Kulturdezernent Egger (beide SPD) fahren insbesondere in Bezug auf die Person Sibelius völlig unterschiedliche Kurse.

Kein Wunder, dass nunmehr die Kultur-Hyänen des „Bundes der Steuerzahler“ auf den Plan treten und mit dem ihnen eigenen populistischen Gespür die Existenzberechtigung des Theaters massiv in Frage stellen. Die Politik steht dem Ganzen offenbar eher planlos gegenüber: Zwar ist beschlossen, dem Intendanten einen kaufmännischen Leiter/Verwaltungsdirektor zur Seite zu stellen, eine einheitliche Linie zur Stabilisierung des Theaters – nicht nur in finanzieller Hinsicht – ist jedoch nicht auszumachen. Dabei erscheint es hoch angebracht, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten klar zu ordnen und dies auch öffentlich transparent zu machen und entschieden durchzusetzen, um verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen. Ob dies mit allen involvierten Personen so ganz leicht umzusetzen ist, bleibt allerdings zweifelhaft. Die Gefahr, die dies für das Theater und seine 250 Beschäftigten birgt, dürfte offenkundig sein. Vor diesem Hintergrund beginnen dieser Tage die offiziellen Beratungen über die dringend notwendige Sanierung des Theaterbaus mit einem Volumen von voraussichtlich deutlich über 20 Mio. Euro.


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