Als sie nach Stuttgart zurückkehrte, wurde sie Solistin. Der Aufstieg zur bis heute unvergessenen Primaballerina kam wie von selbst – allerdings hat Birgit Keil immer gern und hart gearbeitet. Crankos Credo, der Horizont eines Tänzers müsse erweitert werden, gibt sie heute an ihre Studenten weiter. „Inspiration kommt nicht nur aus dem Ballettsaal“, sagt Birgit Keil, „sondern aus dem Leben.“ Eine klassische Basis ist für Birgit Keil nach wie vor das A und O der Tanzkunst. Ein begabter, klassisch ausgebildeter Tänzer kann sich in jeder Stilrichtung bewegen, ein nur modern ausgebildeter Tänzer wird aber nie klassisch tanzen können, stellt sie fest und verweist mit berechtigtem Stolz auf den Unterrichtskatalog der Tanzakademie: von klassischem Training, Pas de deux und Repertoire über Jazz-, Charakter- und spanischen Tanz bis zu Graham und Limon als moderne Tanztechniken reicht die Bandbreite. „Das Interesse ist groß, Talente selten“, bringt Birgit Keil das Auswahlverfahren auf den Punkt. Die strenge Auslese trägt Früchte, ihre Absolventen sind in guten Compagnien von Göteborg bis zur Wiener Staatsoper, in Neumeiers Hamburg Ballett wie in der Münchner Staatsoper zu finden. In der kommenden Spielzeit wird Birgit Keil zusätzlich die Leitung des Karlsruher Balletts übernehmen, was die von der Wirtschaft so gern gesehenen Synergie-Effekte bringt, aber auch Mehrarbeit. Ein Glück, dass Birgit Keil ihren Beruf liebt und sich auf ihr Team an der Tanzakademie verlassen kann. Dass sie die Karlsruher Compagnie im Grunde neu aufbauen muss, schreckt sie nicht, im Gegenteil. Nach Birgit Keils Definition bringt ein guter Ballettdirektor talentierte, begeisterte Menschen in einem Ensemble zusammen und gibt ihnen Freiraum, sich als Persönlichkeiten zu entfalten. Loyalität zur Compagnie gehört aus ihrer Sicht auch dazu, denn eine Vorstellung ist immer nur so gut wie das gesamte Ensemble. Eigene choreografische Ambitionen hat Birgit Keil nicht, aber gute Kontakte zu etablierten Choreografen. Unter den Absolventen, aber auch unter den Studierenden der Tanzakademie spürt sie junge Talente auf, denen sie gern eine Chance gibt, für Karlsruhe Kreationen zu schaffen. Denn, bei aller Liebe zu den Klassikern, eigens für die Compagnie geschaffene Kreationen sind unverzichtbarer Bestandteil des Spielplans. Birgit Keil hat keine Angst vor dem Risiko, sie findet Neuschöpfungen junger Choreografen ungeheuer spannend. Wenn dann noch die Ausführung stimmt, die Tänzer mit ihrer Kunst und ihrer Persönlichkeit dahinter stehen, ist sie überzeugt, das Publikum gewinnen zu können. Diese Mischung aus Idealismus und gründlicher Arbeit, die Birgit Keil verkörpert, könnte in der Tat genau das sein, was das Karlsruher Ballett jetzt braucht.
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