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Portrait

Ich finde mein Leben wunderbar

Christoph Forsthoff im Gespräch mit der Sängerin Angela Denoke

Sie ist die Frau für die schweren Sachen: Ob Angela Denoke in Wien oder Berlin auf der Bühne steht, jüngst bei den Salzburger Festspielen in Korngolds „Die tote Stadt” oder demnächst in Paris als „Katja Kabanowa” – meist wird die Sopranistin für die dramatischen und tragischen Rollen engagiert, wird wahnsinnig oder geht selbst in den Tod. Erstaunlich eigentlich, denn wer der groß gewachsenen, schlanken, blonden Frau mit der burschikosen Kurzhaar-Frisur im Gespräch gegenübersitzt, erlebt einen Menschen so ganz fern der „Wozzeck”-Marie, der „Tannhäuser”-Elisabeth oder der Lisa aus „Pique Dame”: natürlich, herzlich, mit einem ansteckenden Lachen. Christoph Forsthoff sprach für „Oper & Tanz“ mit der 42-jährigen Norddeutschen.

Oper&Tanz: Wäre es nach Ihren ursprünglichen Plänen gegangen, würden Sie heute vielleicht als Musiklehrerin in Stade unterrichten, denn Sie haben in Hamburg zuerst Schulmusik studiert. Wie kam es dann zu dem Sinneswandel und dem Wechsel vom Pult auf die Bühne?
Angela Denoke: Das war ein schleichender Prozess. Ich habe während des Schulmusikstudiums Gesangsunterricht genommen und bin immer wieder von befreundeten Kirchenmusikern und Chorleitern gefragt worden, ob ich in ihren Konzerten Solo-Partien singen könnte. Was ganz gut ging – und peu à peu hat sich dann gezeigt, dass mir das Singen sehr viel Spaß macht. Daraufhin habe ich versucht zu wechseln, was mir im ersten Anlauf allerdings missglückt ist. Ich habe die Aufnahmeprüfung für Gesang gemacht und man hat mich nicht genommen.

 
Angela Denoke und Torsten Kerl in „Die tote Stadt“ (Salzburger Festspiele). Foto: Klaus Lefebvre
 

Angela Denoke und Torsten Kerl in „Die tote Stadt“ (Salzburger Festspiele). Foto: Klaus Lefebvre

 

O&T: Warum nicht?
Denoke: Keine Ahnung – es gab damals über hundert Bewerber und da bin ich einfach durchs Netz gefallen. Das ist ja auch eine Geschmackssache, denn bei einem jungen Sänger lässt sich oft gar nicht auf Anhieb sagen, wie gut die Stimme wirklich ist.


O&T: Aber im Studium hat man dann Ihr Talent schon erkannt?
Denoke: So glanzvoll war das Studium auch nicht, ich bin da eher im Mittelfeld mitgeschwommen. Doch komischerweise war ich dann eine der ersten aus meinem Studienjahr, die ein Engagement hatte: Zwei Bariton-Kollegen und ich sind einer nach dem anderen nach Ulm zum Vorsingen gefahren – und wir sind alle engagiert worden.

O&T: Anders als mancher Gesangsstern, der heute mit der Marketing-Macht der Plattenfirmen über Nacht am Firmament aufgeht, haben Sie den inzwischen eher seltenen Weg durch die Provinz und das Ensembletheater genommen. Beneiden Sie manche der heutigen Kolleginnen, die dank ausgeklügelter PR-Strategien diese mühsamen ersten Schritte nicht machen müssen?
Denoke: Nein, gar nicht. Ich habe diese Zeit im Ensemble, sowohl in Ulm als auch in Stuttgart, wirklich genossen: Es war eine gute Zeit – schon, weil ich nie allein war. Kommt man hingegen als Freiberuflerin an ein Theater, kennt man zunächst keinen Menschen. Und da ist so ein Verbund an einem Theater schon sehr angenehm, wo man sich kennt und aufeinander Rücksicht genommen wird – auch wenn es einem mal nicht gut geht. An so einem kleinen Theater wie seinerzeit in Ulm, wo mit 13 Sängern ein ganzer Spielplan bestritten wurde, war ich ständig auf der Bühne. So konnte ich mich ausprobieren und lernen, welche Partien zu mir passen und welche nicht – das lässt sich ja vom Notenbild oder vom Hören oft gar nicht sagen.

O&T: Neben Ihren sängerischen werden auch immer wieder Ihre darstellerischen Qualitäten gelobt, Ihre starke Bühnenpräsenz – spielen Sie noch lieber als Sie singen?
Denoke: Ich denke, dass ich wirklich eine Begabung habe, mich auf der Bühne zu bewegen. Vor allem aber ist das Darstellerische für mich ein ganz wichtiger Zugang zu einer Opernfigur: Für mich sind da Musik und Schauspiel gleichgewichtig. Deshalb freue ich mich auch immer sehr, mit Regisseuren zu arbeiten, die mich besonders stark fordern wie im Frühjahr Christine Mielitz im Wiener „Parsifal“: Sie hat mich bis zur Erschöpfung gefordert, aber ich habe dann auch das Glücksgefühl genossen, das Richtige getan zu haben! Und dass dabei etwas Besonderes entstanden ist, hat ja auch der Erfolg gezeigt.

O&T: Eine Begeisterung, die sicher auch bei den Regisseuren auf Gegenliebe stößt...
Denoke: ...ja, mit den guten Regisseuren habe ich mich immer sehr gut verstanden – mit den weniger guten indes manchmal nicht. Ich bin dann einfach unerbittlich – und wenn sich jemand nicht die Mühe macht, an der Rolle und Inszenierung wirklich zu arbeiten, dann beginne ich zu fordern! Schließlich wird auch von uns Sängern erwartet, dass wir vorbereitet sind, musikalisch und gedanklich – und wenn dann ein Regisseur so gar nichts anbietet, wir seine Arbeit im Grunde mitmachen müssen, da werde ich manchmal schon sauer.

 
Angela Denoke. Foto: Ruth Walz
 

Angela Denoke. Foto: Ruth Walz

 

O&T: Sie haben eben die Zusammenarbeit mit Christine Mielitz gelobt – nun treten Sie im Wiener „Parsifal“ in einer Szene mit entblößter Brust auf: Gibt es für Sie Grenzen in puncto Regie-Einfälle?
Denoke: Grundsätzlich muss Nacktheit auf der Bühne nicht sein. Aber es gibt manchmal Szenen, ob nun in Wien oder auch bei Peter Konwitschnys „Wozzeck”-Inszenierung in Hamburg, da erscheint mir das sehr einleuchtend und wichtig. Eben Nacktheit nicht als ausgestellte Nacktheit, sondern aus einem bestimmten Grund – und im „Parsifal”, wo Klingsor die Kundry ja wirklich benutzt, sie regelrecht erniedrigt wird, da war das richtig. Die Nacktheit als Symbol: Das ist okay – wobei ich natürlich da auch meine Grenzen habe: Bestimmte Dinge bekommen die Leute von mir nicht zu sehen.

O&T: Dafür erlebt das Publikum Sie vor allem in schwereren, dramatischen Rollen...
Denoke: ...die aber viel leichter zu spielen sind.

O&T: Wie nähern Sie sich denn einer Person wie jüngst der Marietta in Salzburg? Haben Sie da erst mal Ihre Erinnerungen an Straßburg und Paris aufgefrischt, wo Sie die Rolle schon mal gesungen haben?
Denoke: Nein, überhaupt nicht. Natürlich bleiben bestimmte Bilder aus besonders starken Inszenierungen im Hinterkopf – und als ich mir die Musik Korngolds wieder angeschaut habe, sind auch bestimmte Szenen aus der Straßburger Inszenierung wieder lebendig geworden. Doch eigentlich versuche ich immer völlig unvoreingenommen an die Arbeit zu gehen, mich auf die neue Inszenierung einzulassen.

O&T: Was ja in Salzburg zu einem vielgelobten Ergebnis auf der Bühne geführt hat – Korngolds „Tote Stadt” war für viele das einzige Highlight in einem ansonsten eher durchwachsenen Festspielsommer. Hat sich für Sie dieser Erfolg schon in der Probenarbeit mit Regisseur Willy Decker abgezeichnet?
Denoke: Die Probenzeit zur „Toten Stadt” verlief tatsächlich außergewöhnlich harmonisch. Das Ensemble passte gut zusammen, wir hatten sehr viel Spaß miteinander und die szenische Arbeit mit Willy Decker war spannend und äußerst befriedigend – wenngleich natürlich auch sehr anstrengend. Insofern wussten wir alle eigentlich schon instinktiv während des Probenprozesses, dass es ein Erfolg werden würde.

O&T: Nun ist solch eine Harmonie mit Regisseur und Team ja nicht die Regel, müssen Sie sich andernorts möglicherweise auch mit einer völlig konträren Sicht seitens des Regisseurs auseinandersetzen. Fällt das nicht schwer, gerade wenn Sie eine Rolle schon mal gesungen und eine gewisse Vorstellung haben?
Denoke: Es kann bei Oper immer verschiedene Ansätze geben – bei „Wozzeck“ etwa war die Arbeit mit Peter Konwitschny eine ganz andere Sache als bei der Salzburger Inszenierung von Peter Stein: Das waren zwei völlig konträre Gedankengänge. Andererseits kann es auch ein ganz besonderes Vergnügen sein, eine Rolle wiederzuentdecken und dann noch viel intensiver in die Rolle eintauchen zu können, weil die Arbeit so spannend und voller neuer Aspekte ist – so wie in Salzburg mit Willy Decker und unserem tollen Ensemble.

O&T: Können Sie denn solch verschiedene Wege der Regisseure immer voll mittragen? Manche der Inszenierungen, in denen Sie mitgewirkt haben, waren ja nicht ganz unumstritten.
Denoke: Ich arbeite mit einem Regisseur immer so lange an meinen Szenen, bis ich davon überzeugt bin. Ob dann die Inszenierung als Ganzes stimmig und überzeugend ist, das kann man als Darsteller auf der Bühne gar nicht beurteilen. Aber ich selber muss in meinen Szenen musikalisch und darstellerisch zufrieden sein – und da frage ich im Zweifelsfall auch so lange nach, bis ich verstehe, was ich eigentlich darstellen soll. Denn letztendlich stehe ich auf der Bühne und muss das Publikum mit dem erreichen, was ich tue.

O&T: Nun ist die Reaktion des Publikums das eine – das Urteil der Kritiker hingegen fällt oft ganz anders aus. Treffen Sie negative Kritiken?
Denoke: Zu Kritikern habe ich ein gespaltenes Verhältnis: Bei jedem Kritiker handelt es sich nur um eine einzelne Person – man könnte also genauso gut jeden im Publikum fragen, wie es ihm gefallen hat. Für mich gibt ein Kritiker nicht das Urteil der Allgemeinheit wieder, sondern einer Person, die versucht etwas über eine Inszenierung zu schreiben – und manche können das, andere nicht.

O&T: Kritik von ganz anderer Seite hat es in Salzburg in der Vergangenheit immer wieder an Ex-Festspielintendant Gérard Mortier gegeben.
Denoke: Ich habe mit Herrn Mortier immer gern zusammen gearbeitet – und werde das auch wieder tun.

O&T: Haben Sie eine Erklärung, warum er in Salzburg auf so viel Ablehnung gestoßen ist?
Denoke: Ich kann das nicht so ganz nachvollziehen. Gérard Mortier hat in Salzburg vieles versucht, was für mein Gefühl sehr stark war, während seiner Zeit hat es dort immer gebrodelt, war immer etwas los.

O&T: Kommendes Frühjahr debütieren Sie an der Met – der Höhepunkt Ihrer Laufbahn?
Denoke: Wenn man angeboten bekommt, dort singen zu dürfen – und dann gleich sechs Vorstellungen – ist das schon eine tolle Sache. Ob es jetzt das Wichtigste ist, was ich jemals gemacht habe? Wohl eher nicht, die wichtigste Zeit war schon die in Salzburg, wo Gérard Mortier mir die Begegnung mit wichtigen Künstlern wie Claudio Abbado und vielen anderen ermöglicht hat. Oder auch die Zusammenarbeit mit Daniel Barenboim, der mir entscheidende Impulse gegeben hat und von dem ich so vieles lerne.

O&T: Ein Glück, das auch der Lebenseinstellung entspringen könnte, die eine Ihrer Lieblingsfiguren formuliert: „Leicht muss man sein,” sagt die Marschallin im „Rosenkavalier“ von Strauss, „mit leichtem Herz und leichten Händen halten und nehmen, halten und lassen.” Ist das auch Ihre Lebensdevise?
Denoke: Mein Leben, auch mein sängerisches Leben, verläuft so wie es verläuft: Ich lasse alles auf mich zukommen und erwarte nicht bestimmte Dinge – wie es kommt, ist es richtig. Insofern passt dieser Satz schon: Die Dinge leicht zu nehmen, auch lassen zu können und sich nicht darauf versteifen, Bestimmtes haben oder noch erfolgreicher sein zu wollen. Und da nicht zuletzt mein Privatleben wunderbar ist, kann ich sagen: Ich finde mein Leben wunderbar!

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