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Eine Zeit des Umbruchs
Axel Köhler, designierter Rektor der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber Dresden

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Hintergrund

Eine Zeit des Umbruchs

Axel Köhler, designierter Rektor der Hochschule für Musik
Carl Maria von Weber Dresden

Axel Köhler übernimmt im Herbst die Hochschule für Musik Carl Maria von Weber Dresden. Bislang kennt man ihn als gefeierten Counter-Tenor, als impulsiven Sänger-Darsteller sowie als Intendanten und Regisseur. Michael Ernst sprach mit dem Künstler über den neuerlichen Rollenwechsel.

Michael Ernst: Herr Köhler, was hat Sie bewogen, sich von der Bühne weg an eine Hochschule zu bewerben?

Axel Köhler. Foto: Stephan Floss

Axel Köhler. Foto: Stephan Floss

Axel Köhler: Ich habe 1984 in Halle mit „Das Glas Wasser“ als Arthur Masham begonnen, also steht jetzt im Sommer mein 35-jähriges Bühnenjubiläum an. Außerdem habe ich etwa 50 Inszenierungen verantwortet, daher denke ich, jetzt ist ein guter Zeitpunkt erreicht, noch einmal etwas ganz Neues zu machen.

All meine in dieser Zeit gesammelten Erfahrungen – auch die als Intendant – sollte man ganz gut bündeln können, um sie jetzt dem Nachwuchs und der Förderung desselben anheim zu stellen, wenn man Rektor eines solchen Institutes wird.

Ernst: Keine Sorge, dass Sie nun von der lebendigen Kunst in eine administrative Verwaltungsposition geraten?

Köhler: Nein, weil mir administrative Beschäftigung auch großen Spaß macht, da gibt es sehr viel zu gestalten. Gerade an der Hochschule ist es wichtig, dass man richtunggebend arbeitet und sie so prägt, dass sie nach außen hin eine optimale Wirkung entfalten kann. Trotz einer gewissen Gremiokratie, bei der Entscheidungen eher zu moderieren sind.

Ernst: Momentan stehen Sie im Spagat. Was ist Ihr derzeitiger Berufsstand: Rektor in spe, Regisseur auf Abruf, Sänger-Darsteller mit neuer Zukunft …?

Köhler: Im Moment bin ich Ensemblemitglied der Staatsoperette Dresden, als Sänger und Regisseur. Natürlich beginne ich langsam, aber sicher, mich einzuarbeiten, fühle mich mit meiner Identität jedoch noch sehr in der Operette verwurzelt. Insofern ist das alles eine Übergangszeit, in der ich schon vorbereitend für die Hochschule tätig bin, aber ich sehe mich nicht im Spagat. Es ist eine Zeit des Umbruchs.

Ernst: Führungsqualitäten haben Sie als Intendant in Halle unter Beweis stellen müssen. Eine Voraussetzung für das künftige Amt als Rektor?

Köhler: Ich glaube, das ist sehr wichtig, weil die Sehnsucht danach, geführt zu werden, natürlich vorhanden ist. Gerade bei einem so heterogenen Personenpool von Individualisten, Künstlern, Pädagogen, Wissenschaftlern und Forschern muss jemand da sein, von dem man eine relativ klare Struktur erwarten und an den man sich wenden, nach dem man sich richten kann. Einfach, weil es verschiedene Parameter gibt, die bei bestimmten Entscheidungswegen eingehalten werden müssen. Wenn es das nicht gibt, entsteht ganz schnell ein Wildwuchs, und jeder denkt, er muss sich einbringen – das führt aber meist zu einem Durcheinander. Die Hochschule ist längst nicht solch ein hierarchisches Gebilde wie ein Theater, dennoch ist es wichtig, dass man als Führungspersönlichkeit dasteht und als Partner wahrgenommen wird.

Ernst: Wie wichtig sind dabei Ihre vielseitigen Praxiserfahrungen als Sänger und Regisseur, als Solist und Ensemblemitglied?

Köhler: Diese Erfahrungen sind Gold wert, denn ich kann mich dadurch hineinversetzen in die Lage all derjenigen, denen ich etwas anweisen muss. Eine Entscheidung, von der erwartet wird, dass alle sie mittragen – das passiert einem als Ensemblemitglied ständig. Ich glaube, dass ich emphatisch genug bin, um zu wissen, wie es denen geht, die eine Entscheidung zu befolgen haben, die sie vielleicht so nicht getroffen hätten, die aber im Sinne des Ganzen mitzutragen ist.

„La Cage aux Folles“ an der Staatsoperette Dresden mit Christian Grygas (Albin/Zaza) und Axel Köhler (Georges).

„La Cage aux Folles“ an der Staatsoperette Dresden mit Christian Grygas (Albin/Zaza) und Axel Köhler (Georges).
Foto: Kai-Uwe Schulte-Bunert

Auf der anderen Seite muss man als Regisseur natürlich ständig entscheiden: Tausende Entscheidungen am Tag, die immer sofort umgesetzt werden müssen. An der Hochschule ist das etwas anders, dort haben die Entscheidungen einen längeren Weg, und es gibt für den Rektor auch nicht die Entscheidungsgewalt über alles. Die Verantwortungen ruhen also durchaus auf mehreren Schultern und können neben den gesetzlichen Vorgaben vor allem durch gute Kommunikation definiert werden.

Ernst: Wie sehen Sie die Hochschule derzeit aufgestellt?

Köhler: Unsere Hochschule orientiert sich auf allen Gebieten der Lehre und Forschung an den Exzellenzkriterien. Aber einige Bereiche sind noch in etwa so aufgestellt, wie es nach der Wende begonnen hat. Natürlich gibt es durch die Bologna-Reform große Veränderungen, das ist klar. Aber intern sehe ich in dem bereits erwähnten Demografiewandel eine Chance, die Schule bedarfsgerechter und zukunftsfähiger auszurichten, also auch wesentlich marktorientierter.

„Zzaun! – Das Nachbarschaftsmusical“ an der Staatsoperette Dresden mit Axel Köhler (Horst) und Silke Richter (Irene Sonnschein). Foto: Stephan Floss

„Zzaun! – Das Nachbarschaftsmusical“ an der Staatsoperette Dresden mit Axel Köhler (Horst) und Silke Richter (Irene Sonnschein). Foto: Stephan Floss

Neben der weiteren Profilierung der Künstlerischen Lehre, der Wissenschaft und der Forschung ist die Lehramtsausbildung ganz wichtig. Man hatte in jüngster Zeit versäumt, dass genügend Lehrkräfte für die Grundschulen und Gymnasien ausgebildet werden, dieser Strang ist also sehr bedeutsam für unsere Hochschule, ebenso die Gesangs- und Instrumentalpädagogik. Die Musikschulen müssen Nachwuchs bekommen, damit die regionalen Talente besser gedeihen können – aber gleichzeitig muss die Dresdner Hochschule auch im internationalen Kanon der Ausbildungsinstitute wieder mehr zu sagen haben.

Ernst: Haben Sie schon Ideen, welche Ansätze Sie da setzen wollen?

Köhler: Habe ich, aber darüber kann und möchte ich mich jetzt noch nicht äußern, weil ich das erst intern besprechen möchte.

Ernst: Die Hochschulausbildung hat von Bologna nicht nur Vorteile gehabt, sondern zum Teil auch darunter gelitten. Sehen Sie es auch so?

Köhler: Die Bologna-Reform, der Ersatz des Diploms durch Bachelor und Master, hatte ja eigentlich das Ziel, dass die Schulen international kompatibler werden, dass man in Spanien beginnen und zum Beispiel hier fortsetzen kann und die Anschlussmodulpunkte findet. Das geht aber in den Kunsthochschulen so nicht auf, jedenfalls nicht hundertprozentig, da vieles gar nicht anerkannt wird. Das hat die Sache also nicht unbedingt leichter gemacht.

Jetzt aber wieder zurückzurudern zu den Diplom-Studiengängen, würde bedeuten, dass man erstens die gesamte Verwaltungsarbeit dieser Umstellung vernichten und sich zweitens noch mehr isolieren würde. Denn die meisten anderen Kunsthochschulen sind ja auch auf Bachelor und Master orientiert. Vielleicht sollte stattdessen überlegt werden, die Bologna-Reform zu reformieren, sicher finden sich Ansätze, sie zu optimieren.

Ernst: Unter den Bedingungen eines praxistauglichen Studienalltags und internationaler Vergleichbarkeit?

Köhler: Dafür gibt es die Rektorenkonferenzen und Kommissionen, die sich damit befassen. Ich denke, auch hier geht es wieder um möglichst gute Kommunikation. Wenn man Ideen hat, muss man sie in solchen Gremien vortragen und versuchen, Leute zu gewinnen, die diese Ideen mitvertreten, um dieses System weiter voranzubringen und es so optimiert, dass die Studenten was davon haben.

An der Musikhochschule Dresden gibt es viele internationale Projekte, die sich derzeit zu großen Teilen auf den musikwissenschaftlichen Bereich beziehen. Da gibt es eine Zusammenarbeit mit Salzburg und Bern, zudem viele Kolleginnen und Kollegen, die extern lehren und unsere Hochschule im Ausland vertreten. Für mich ist erst einmal die interne Befriedung der Atmosphäre sehr wichtig, das Zusammenrücken der beiden Fakultäten und der Lehrenden, die in den vergangenen zwei Jahren total überflüssige Animositäten aufgebaut haben. Der Prozess der Internationalisierung geht weiter, auf jeden Fall, aber das A und O ist erst einmal die interne Arbeit.
Es gibt am Haus vielleicht eine gewisse Skepsis gegenüber einem praxisorientierten Rektor, weil damit möglicherweise Musikwissenschaft, Lehramt und Pädagogik in ihrer Wichtigkeit nicht so wahrgenommen werden könnten. Das kann ich aber nicht nachvollziehen, denn Praxis ist doch für alle wichtig, egal ob man Künstler werden möchte oder Musikwissenschaft oder Lehramt studiert – alle gehen irgendwann dahin, wo sie ihre Profession ausüben werden. Praxisbezogenheit ist natürlich ein Credo von mir, aber für alle Abteilungen. Ich glaube schon, dass ich mich da konstruktiv einbringen kann.

Ernst: Was meinen Sie, wie sieht das Profil des Hauses in zwei, drei Jahren aus?

Köhler: Die Hochschule wird international an Profil gewonnen haben, sie wird sich intern verändert haben, einen Prozess der Digitalisierung erleben, weiter und tiefer in der regionalen Nachwuchsförderung vernetzt sein, noch enger mit dem Landesgymnasium, dem Heinrich-Schütz-Konservatorium und allen anderen Kooperationspartnern zusammenarbeiten. Ich habe vor, die Kooperationswilligkeit der umliegenden Institute weiter zu vertiefen, neben der Staatskapelle und der Philharmonie also auch mit der Staatsoperette und anderen. Ich hoffe, dass die Hochschule innerlich geeint ist und nach außen glanzvoll dasteht, um wieder mehr regionalen Nachwuchs zu generieren und dabei trotzdem ein internationales Flair verbreitet.

Ernst: Zum Schluss noch eine persönliche Frage: Haben Sie nicht Angst, dass Ihnen was fehlen wird?

Köhler: Diese Frage ist mir schon mehrfach gestellt worden. Als ich 2012 aufgehört habe, Countertenor zu sein, hat es mir nicht eine Sekunde gefehlt, weil ich so viele andere Dinge zu tun hatte, die zukunftsträchtig waren; als ich damit aufgehört habe, kam wieder die Frage. Und auch da fehlte mir nichts, denn dann ging’s an die Staatsoperette mit vielen neuen Aufgaben. Jetzt freue ich mich so sehr auf dieses neue Amt, um mit den Menschen zu arbeiten, zu kommunizieren und zu gestalten, dass ich mir sicher bin, dass mir nichts fehlen wird. Regie will ich in Zukunft nicht mehr führen, sonst wäre ich sechs Wochen weg vom Haus, und das ist genau das, was die Hochschule überhaupt nicht gebrauchen kann. Mir fällt das Aufhören definitiv nicht schwer und ich freue mich wahnsinnig auf den Anfang.

Michael Ernst

 

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