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Berichte

In Köln handelt jetzt die Kunst

Amanda Millers „Episodes“ · Von Bettina Trouwborst

Episodes“ sollte Amanda Millers letzte Tanztheater-Produktion für das Schauspiel Köln sein. Da die Amerikanerin weder Politik noch Publikum mit ihrer Ästhetik bislang begeistern konnte und auch die finanzierende Imhoff-Stiftung sich zum Spielzeitende zurückziehen wird, schien der Abschied von „pretty ugly tanz köln“ nach nur dreieinhalb Jahren gewiss. Und der von der Sparte Tanz gleich mit. Völlig überraschend kam daher am Abend vor der Uraufführung die Pressemitteilung des Schauspiels Köln: Nach dem vergeblichen Versuch, Mittel von der Stadt zu erhalten, habe man entschieden, die Tanzsparte – und damit „pretty ugly tanz köln“ – für maximal eine Spielzeit aus den eigenen Rücklagen zu finanzieren. Vorgesehen sind zwei Neuproduktionen. Eine Entscheidung, die angesichts der bevorstehenden Sanierung besonders weh tun muss. Das Schauspiel Köln will damit ein Zeichen für die Tanzkunst setzen und die Stadt Köln zu einer finanziellen Beteiligung „motivieren“.

 
Flavia Tabarrini in Episodes. Foto: Maurice Korbel
 

Flavia Tabarrini in „Episodes“. Foto: Maurice Korbel

 

Wie es allerdings in der Saison 2009/10 in der Domstadt weitergehen soll, ist völlig offen. Im Gespräch war eine Kooperation mit der Stadt Bonn, die sich nach der Trennung von Johann Kresniks Choreografischem Theater vorerst mit Gastspielen eingedeckt hat. Von großen Plänen für eine gar 30-köpfige Company war die Rede – bislang nichts als Worte.

Derweil handelt die Kunst. Amanda Millers neues Ballett wirkt so inspiriert und so leicht, als wüsste die Choreografin nichts von dem Gezerre um ihre Zukunft. „Episodes“ kommt als anmutiges, knapp einstündiges Kleinod daher, das den Barock in der Gegenwart spiegelt – und umgekehrt. Das esoterische Raunen früherer Miller-Produktionen für Köln ist verstummt und einer feierlichen Heiterkeit gewichen.

Das renommierte Barockensemble Concerto Köln, das so unterschiedliche Künstler wie Cecilia Bartoli, Andreas Scholl und Bruno Ganz zu seinen Partnern zählt, entwirft auf Originalinstrumenten Gefühlswelten: Claudio Monteverdi, Henry Purcell und Evaristo Felice Dall‘Abaco, viel in Moll. Wie ein Windstoß treiben die Musiker die eher verhaltenen Tänzer aus dem Orchestergraben vor sich her, wirbeln sie durcheinander oder ziehen sie in einen melancholischen Abgrund. Eine zeitgenössische Auftragskomposition von Fred Frith unterbricht immer wieder das Klangbild der Alten Musik. Ihre moderne Schlichtheit, irgendwie auch farblos neben dem angerauten Klangbild der historischen Instrumente, will Bindeglied sein zwischen alter und neuer Welt.

Amanda Miller verteilt mit der Musik ihre sieben Tänzer im Raum, die in bunten Kostümen zwischen Fantasie- und Alltagskleidung stecken. Nur die beiden dominanten, gegensätzlichen Frauen tragen Uni: Flavia Tabarrini als lichtblaues Luftwesen und Emi Miyoshi als knallgelber Irrwisch. Das abstrakt gehaltene Ballett ist – wie die Kunst des Barock – reiner Selbstzweck. „Episodes“ deutet keine menschlichen Beziehungen an oder erklärt die Welt, es evoziert Stimmungen.

In dem komplexen choreografischen Gewebe, das klassisch grundiert ist, kreiseln die Tänzer um sich selbst, zerdehnen manieriert ihre Gliedmaßen, verdrehen und verdrechseln ihre Körper oder aber hocken betrübt auf Treppenstücken. Überhaupt Treppen: Es gibt sie reichlich auf der Bühne – große, winzige, hölzerne, metallene, als wollten sie die Reise aus der Vergangenheit in die Gegenwart befördern.

Ein kurzes Schattenspiel – eine Art Elf erklimmt eine Treppe – zaubert Poesie herbei, ein projizierter Mini-Krimi im Schein einer Taschenlampe sorgt für Knistern – und dann für Schmunzeln. Millers Poesie und Humor lächeln von der Projektionsfläche im Hintergrund, wo auch kleine Weisheiten eingeblendet werden, teilweise aus einem Mix aus Deutsch und Englisch. „The eye is the Sprachorgan of the feeling“ oder „One could name the eyes a light piano“. Gedanken zu Sprache, Körper, Tonkunst, für die nicht genug Aufmerksamkeit bleiben kann, sind Augen und Ohren doch mit dem Bühnengeschehen und der Musik ausgelastet. So sind Videobilder wie Wolken oder ein barockes Gemälde, durchaus verzichtbar.

Episodes“ ist ein vages, filigranes Gespinst, das sich selbst nicht allzu ernst nimmt. Vielleicht auch deshalb hat es dieses Ballett dem Publikum angetan – und damit endlich ein schönes Argument für Amanda Millers Verbleib am Rhein geliefert.

Bettina Trouwborst

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