Und was – neben den oben genannten durchaus unterstützenswerten Zielen – das Schöne daran ist: es bringt Geld für das geschundene Staatssäckel. Wir erinnern uns an das Jahr 2000, in dem der damalige Finanzminister Hans „im Glück“ Eichel durch die Versteigerung der neuen UMTS-Frequenzen innerhalb weniger Tage sage und schreibe 50,8 Mrd € für den Bundeshaushalt einstreichen konnte. So viel wird es diesmal nicht annähernd werden, schon weil die Frequenzvergabe mit erheblichen Auflagen hinsichtlich bestimmter Versorgungsnotwendigkeiten verbunden sein wird. Dennoch: ein spürbares Sümmchen wird´s schon sein. Was hat das nun alles mit dem Theater zu tun? Etwa die Aussicht auf neue Finanzierungsmöglichkeiten? Nein, im Gegenteil: Es drohen Mehrkosten in dreistelliger Millionen-, für die gesamte Veranstaltungsbranche sogar in Milliardenhöhe. Ein wesentlicher Teil der „digitalen Dividende“ liegt nämlich in den UHF-Kanälen 61 bis 69. Hier pflegten bisher das Fernsehen und die Drahtlos-Mikrofonie eine friedliche Koexistenz. Klangliche Effekte und Verstärkungen durch drahtlose Mikrofonanlagen, insbesondere mit Mikroports, sind ein aus dem heutigen Theateralltag nicht hinweg zu denkendes Gestaltungsmittel. Der Betrieb dieser Anlagen aber ist durch die beabsichtigte Neuordnung, durch die diese Kanäle dem Mobilfunk zugeschlagen werden sollen, unmittelbar und massiv bedroht – obwohl er nach bisheriger Rechtslage bis 2015 als garantiert galt. Um die Größenordnung zu verdeutlichen: In Theatern, Kongresszentren, Universitäten etc. kommen heute in Deutschland ca. 700.000 Drahtlos-Mikrofone zum Einsatz, die, wenn die Pläne uneingeschränkt umgesetzt würden, von nützlichen Kommunikationsmitteln zu Luxus-Sondermüll mutieren würden und kurzfristig kostspielig ersetzt werden müssten. Eine Beispiels-Untersuchung hat erwiesen, dass diese Ersatzbeschaffung allein für die städtischen Einrichtungen der Stadt Hannover mindestens 1,6 Millionen Euro kosten würde. Ein kleineres Drei-Sparten-Theater müsste nach Einschätzung des Deutschen Bühnenvereins mit Umrüstungskosten von 300.000 Euro rechnen, einer Summe, die viele der ohnehin schon Not leidenden Häuser in den Bankrott treiben würde. Selbst die genannten Zahlen sind vor dem Hintergrund mit Vorsicht zu genießen, dass es bislang weder marktfähige digitale Drahtlos-Mikrofone des erforderlichen Qualitäts-Standards gibt noch feststeht, welche Frequenzbereiche denn hier zukünftig zur Verfügung stehen sollen. Doch damit nicht genug: Die Bundesnetzagentur plant, für die bisher gebührenfrei zu betreibenden Drahtlos-Mikrofone eine Gebühr in Höhe von ca. 130 Euro zu erheben – pro Stück und Monat. Zudem wäre, selbst wenn es für die Drahtlos-Mikrofonie in den bestehenden Kanälen zu einem Moratorium käme, ab 2011 mit erheblichen technischen Problemen zu rechnen: Der Mobilfunk muss mit erheblich höheren Signalstärken arbeiten als der Rundfunk, worunter die Trennschärfe der Frequenzbereiche leidet. Schon ein einziges Handy in der näheren Umgebung, das auf einem benachbarten Frequenzbereich funkt, könnte eine Theater-Aufführung empfindlich stören. Noch ist nichts endgültig verloren. Der nächste Schritt ist die Entscheidung des Beirats der Bundesnetzagentur über das Vergabeverfahren, die im Oktober ansteht. Der Bundesrat hat immerhin in seinem Beschluss vom 12. Juni auf die Problematik der Drahtlos-Mikrofonie hingewiesen und eine Lösung angemahnt. Was bleibt, ist die Sorge, dass die Politik der Versuchung erliegt, um der (vor)schnellen Realisierung von Partikulärzielen und Gewinnerwartungen willen den Kultur- und Veranstaltungsbereich zu opfern. Um den größten Schaden abzuwenden und in einem auf die technische Forschung und Entwicklung Rücksicht nehmenden Zeitplan einen ausgewogenen Kompromiss zu finden, hat sich Ende 2008 die Initiative APWPT (Association of Professional Wireless Production Technologies) gebildet, der unter anderem der Deutsche Bühnenverein und der Verband Deutscher Tonmeister angehören. Wir wünschen ihr Erfolg! Tobias Könemann
|
||||||||||||||||||||||||||
|
|