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Aktuelle Ausgabe

Editorial von Gerrit Wedel
Von Mensch zu Mensch

Kulturpolitik

Brennpunkte
Zur Situation deutscher Theater und Orchester (Cottbus / Rostock)

Auf ein Wort mit...
... Thüringens Kulturminister Benjamin-Immanuel Hoff

Portrait

Schillernder Operettenkomponist
Zum 200. Geburtstag von Franz von Suppé

Wie ein Blumenstrauß
Jörn Hinnerk Andresen, Chordirektor der Sächsischen Staatsoper, über Ausbildung von Chorsängern

Eine Zeit des Umbruchs
Axel Köhler, designierter Rektor der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber Dresden

Nicht nur harte Zahlen
Markt, Strukturen und politischer Stellenwert an Deutschlands Theatern

Erstaunlich kontaktfreudig
Der Theater-Website-Check: Staatstheater Cottbus

Berichte

Rendezvous mit dem Tod
David T. Littles Oper „JFK“ in Augsburg

Atemberaubendes Traumspiel
Franz Schrekers „Der ferne Klang“ an der Oper Frankfurt

Zukunft: Offen
Das Festival »TanzArt ostwest« in Gießen

Greifbares Menetekel
Jörn Arneckes Oper »Der Eisblumenwald« am Deutschen Nationaltheater Weimar

Ach, Pina!
Pina Bauschs assoziative Shakespeare-Visionen im Wuppertaler Opernhaus

Beaumarchais‘ Figaro als Opernfigur
Isolde Schmid-Reiter (Hrsg.): Zwischen Revolution und Bürgerlichkeit – Beaumarchais’ Figaro-Trilogie als Opernstoff

Never give up on love
„Never give up on love“, a song cycle by Michael Chu

VdO-Nachrichten

EuroFIA Konferenz in Hamburg – EuGH-Urteil zur Arbeitszeit-Erfassung: Auswirkungen auf Bühnen? – VdO-Ortsdelegiertenkonferenz in Berlin

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Spielpläne 2018/2019

Portrait

Schillernder Operettenkomponist

Zum 200. Geburtstag von Franz von Suppé

Er gilt als Schlüsselfigur bei der Entstehung der Wiener Operette und wurde vor 200 Jahren in Dalmatien geboren. Er nannte sich Francesco Ezechiele Ermenegildo de Suppé, nach eigener Schreibweise Suppè, wie sein letzter Wiener Meldezettel belegt, der im Wiener Stadt- und Landesarchiv erhalten ist. Eigentlich hieß er schlicht Suppe. Sein Name ist so schillernd wie seine Vita. Seine überlieferte Biographie ist voller Kolportagen, Legenden und Erfindungen.

Ob „Die Schöne Galathée“, „Leichte Kavallerie“, „Dichter und Bauer“ oder „Boccaccio“: Die Operetten Franz von Suppés gehören zu den besten der Wiener Tradition. Am 24. November 1860 hatte seine erste Operette „Das Pensionat“ am Theater an der Wien Premiere, fünf Wochen, nachdem am Carl-Theater der Offenbach-Hit „Ba-ta-clan“, von Karl Treumann, bearbeitet unter dem Titel „Tschin-Tschin“ herausgekommen war. Das „Gift aus Frankreich“ hatte Wien infiziert. Auch Suppé war gegen die nach Wien herüberschwappende Kunstform heiter-satirischen Musiktheaters nicht resistent. Der Erfolg der frivolen Werke des Kölner Parisers in Wien war sensationell und ließ zumal bei der Direktion des Carl-Theaters den Wunsch aufkommen, solche „Operetten“ selbst zu produzieren. Wobei das Wort „Operette“ das Wesentliche der Offenbachschen Werke, den Geist der gesellschafts- und autoritätskritischen, rebellischen Parodien und Satiren mit der „Vermenschlichung des Mythos, der Entkleidung des Autoritären, dem Durchbrechen von Denkverboten und der Infragestellung des Gegebenen“ (Peter Hawig) nicht trifft. Die Wiener Operette ist nach Meinung Franz Hadamowskys und Heinz Ottes (sie schrieben das Standardwerk „Die Wiener Operette“) im Gegensatz zu Offenbach „ein unfassbares Etwas aus Musik und Tanz, aus Heiterkeit und Schönheit, ein Wiegen und Schweben, ein Locken und Halten, ein Wünschen und Träumen, eine selige Beschwingtheit und eine überirdische Stimmung“. Offenbach war der „Rückzug ins Kleinkarierte und Lebkuchenherzhafte“ (Peter Hawig), das Affirmative und Verklärende, die Süßigkeit, Melancholie und Gefühligkeit der Wiener Operette fremd. Aber auch musikalisch war die Offenbachiade anders gestrickt, weil sie „Muster und Bausteine, Klischees, Stereotypen und Vorprägungen anderer Komponisten und Stile“ parodierte, spiegelte und karikierte.

„Die schöne Galathée“ an der Staatsoperette Dresden mit Maria Perlt als Galathée. Foto: Kai-Uwe Schulte-Bunert

„Die schöne Galathée“ an der Staatsoperette Dresden mit Maria Perlt als Galathée. Foto: Kai-Uwe Schulte-Bunert

Das war weder die Sache des dämonisch-genialen Johann Strauß Sohn, der wie sein Vater aus den Tanzsälen zur Operette kam, noch die Sache Suppés. Und doch ist bei ihm „bis in die letzten Werke hinein der Atem Offenbachs zu spüren, wenn er nicht gerade vom Herzschlag Donizettis übertönt wird“, wie Hans Dieter Roser in seiner Suppé-Monographie betont. Suppés Herz „schlug eindeutig für die Belcantoopern Bellinis und Donizettis“, auch Rossinis, daher verband er in seinen Werken Altwienerisches mit Italienischem. Und sein Œuvre, dessen Musik sich durch außergewöhnliche musikalische Qualität auszeichnet, ist äußerst umfangreich: Mehr als 30 Opern und Operetten hat Suppé komponiert, 2 große Ballette und nahezu 200 Bühnenmusiken. Er war Kapellmeister in Baden, Preßburg, am Theater in der Josefstadt und am Theater an der Wien, wo er auch Schauspielmusiken, Ouvertüren und Coup-lets schrieb. Sein Leben war stationenreich, seine Herkunft exotisch, so will es jedenfalls die offizielle Überlieferung.

Offizielle Biografie...

Franz von Suppé wurde am 18. April 1819 im heutigen Split als Francesco Ezechiele Ermenegildo Cavaliere Suppé-Demelli geboren. Suppés Vater entstammte einer belgischen, später in Dalmatien lebenden Familie. Seine Mutter war Wienerin. Bereits mit acht Jahren sang Francesco im Kirchenchor der Kathedrale von Split, dessen Chorleiter Giovanni Cigalla ihm erste musikalische Kenntnisse vermittelte. Flötenunterricht erhielt er vom Kapellmeister Giuseppe Ferrari. Mit fünfzehn Jahren begann er eine Ausbildung zum Juristen an der Universität von Padua. In dieser Zeit besuchte er häufig Mailand und sah nicht nur die damaligen Opernaufführungen in der Scala, sondern trat auch in persönlichen Kontakt mit Gioacchino Rossini, Gaetano Donizetti und dem jungen Giuseppe Verdi. Nach dem Tod seines Vaters zog er im September 1835 nach Wien und begann dort mit dem Medizinstudium, beendete dieses aber rasch wieder, um seine musikalische Karriere in Angriff zu nehmen. Er studierte am dortigen Konservatorium bei Simon Sechter und Ignaz Xaver von Seyfried. Nachdem er seine Studien am Konservatorium 1840 beendet hatte, fand der 21-jährige Suppé seine erste Stelle als Kapellmeister am Theater in der Josefstadt. Soweit die Legende. Heute weiß man dank den Nachforschungen von Andreas Weigel und Hans Dieter Roser, dass ein Großteil davon reine Erfindung ist. Es ist inzwischen nachgewiesen, dass Suppés väterliche Vorfahren weder aus Belgien noch Cremona kamen: Vielmehr stammen sein Vater Peter, Großvater Franz und Urgroßvater Peter allesamt aus dem Raum des heute kroatischen Rijeka. Die Lebensläufe von Suppés Ehefrauen, Therese und Sofie, sowie seiner Nachkommen blieben bis heute größtenteils im Dunkeln. Und doch werden bis heute die auf Otto Kellers 1905 veröffentlichter Monografie „Franz von Suppé. Der Schöpfer der Deutschen Operette“ zurückgehenden Behauptungen, Anekdoten und Legenden gutgläubig nachgebetet, wie der Theaterwissenschaftler Andreas Weigel moniert. Hans Dieter Roser weist darauf hin: „Er hat einen Zeitungsausschnitt aus dem Jahr 1926 gefunden, der die ganze Abstammung Suppés penibel auflistet.“

... und biografische Erfindungen

„Der Teufel auf Erden“ in Chemnitz. Damen und Herren des Opernchors des Theaters Chemnitz. Foto: Nasser Hashemi.

„Der Teufel auf Erden“ in Chemnitz. Damen und Herren des Opernchors des Theaters Chemnitz. Foto: Nasser Hashemi.

Suppé wollte sich schon in frühestem Ausbildungsalter wichtigmachen, wie auch später noch öfters mit puren Erfindungen oder Auffälligkeiten (Schlafzimmer in der Wohnung im Theater an der Wien mit Totenkopftapeten). Italien war das Land der Musik, das ihm Geltung bringen konnte. Im Geburtsregister ist auch der Name Suppé ohne Akzent eingetragen – also Suppe –, was in Dalmatien nicht so banal klang wie später in Wien. Er hat sich auch den italienischen Akzent (Suppè) selbst verpasst, wodurch er dann später aufgegeben hat, ihn im öffentlichen Leben bei Suppé zu korrigieren. Ebenso hat er sich den Cavaliere selbst verpasst und die italienische Großmutter an den italienischen Suppè drangehängt. ... Alle diese biographischen Erfindungen und Legenden wurden im Hause Suppé wissentlich oder unwissentlich gepflegt. Das Studium in Padua ist Legende, Suppé war erst 1848 zum ersten Mal in Italien. Er hat auch in Wien nie an einem offiziellen Konservatorium studiert, denn es gab nur das der Musikfreunde auf der Tuchlauben, wo aus den Büchern eindeutig hervorgeht, dass er dort nicht war. – Von anderen Suppé-Legenden zu schweigen. Vieles sei rein „erstunken und erlogen“, so Andreas Weigel.

„Der Teufel auf Erden“ in Chemnitz. Matthias Otte als Klosterpförtner, Reto Rosin als Reinwald, Dagmar Schellenberger als Mutter Aglaja, Matthias Winter als Rupert und Alexander Kuchinka als Ruprecht. Foto: Nasser Hashemi

„Der Teufel auf Erden“ in Chemnitz. Matthias Otte als Klosterpförtner, Reto Rosin als Reinwald, Dagmar Schellenberger als Mutter Aglaja, Matthias Winter als Rupert und Alexander Kuchinka als Ruprecht. Foto: Nasser Hashemi

Das „Zeitbrücke-Museum“ der (einstigen) Kamptal-Sommerfrische Gars, wo Franz von Suppé zwischen 1876 und 1895 seine Sommer verbracht hat, feiert den 200. Geburtstag des weltberühmten Operetten-Komponisten mit einer Jubiläumsausstellung und einer reich bebilderten Begleit-Publikation (7. Juni bis 6. Oktober). Gezeigt werden ausgewählte Archiv- und Depot-Stücke aus Suppés Privatbesitz, die erstmals seit 1932 wieder der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Zudem werden erstmals anhand amtlicher Akten und privater Dokumente verbriefte biografische Fakten vorgelegt, die Ergebnis intensiver Recherchen Andreas Weigels sind und vieles, was bislang über Suppés Leben und Werk veröffentlicht wurde, grundlegend korrigieren.

So zweifelhaft Suppés überlieferte Vita auch ist, unzweifelhaft bleibt seine Leistung als enorm fleißiger Komponist musikalischer Werke von Ausnahmerang. Er starb am 21. Mai 1895 in Wien. Nur wenige seiner zum Teil aberwitzigen, gewagten und höchst originellen Operetten werden heute noch gespielt, doch seine mitreißenden Ouvertüren gehören nach wie vor zum Standardrepertoire des Konzertlebens der „leichten“ Muse.

Dieter David Scholz

 

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