Seit 1996 geht es dann Schlag auf Schlag: Serse, Ariodante, Rinaldo und jüngst die Doppelproduktion Händel/Purcell mit Acis und Galatea/ Dido und Aeneas. Die künstlerische Versuchsanordnung ist immer wieder erfolgreich. Mit englischem Import vor und hinter dem Orchestergraben entwickelt sich beim Münchener Publikum ein Barockfieber von nie gekanntem Ausmaß. Daneben öffnet sich mit den Monteverdi-Produktionen Lincoronazione di Poppea, Lorfeo und Ritorno dUlisse in Patria der musikalische Horizont bis hin zu den Anfängen der Opernneuzeit. Freilich gilt es immer wieder, die spezifischen Voraussetzungen dieser Erfolgsserie zu beleuchten, und diese garantiert vor allem eine Künstlerin: die in Dublin geborene Ann Murray, die im Giulio Cesare, Serse, Ariodante und Rinaldo die Bühne beherrscht. Die Abhängigkeit von einzelnen Protagonisten und das Perpetuieren immer gleicher Regieänsätze führt allerdings seit einiger Zeit zu einer um sich greifenden Ermüdung. Traurigstes Beispiel hierfür ist die jüngste Produktion von Händels Acis und Galatea im Münchener Cuvilliestheater. Stefan Tilch, der sich als Regieassistent bereits erste Sporen verdient hat, glaubt den erfolgversprechenden Mixedpickles seiner Vorgänger vertrauen zu können und verspielt leider. Grell und bunt ist sein idyllisches Arkadien angehaucht, bevölkert von dicken Teletubbies und unförmigen Gnomen. Ein Déjà-vu der unangenehmen Sorte, das Händels Meisterwerk auf Postkartenformat reduziert. Auch der Klang aus dem Orchestergraben zeigt, dass die Idee des Originalklangs hier leider missverstanden wurde als bloße Verkleinerung des Instrumentenapparates. Um so erfreulicher zeigt sich der erfrischende Neuansatz Aron Stiehls bei Dido und Aeneas von Henry Purcell. Unterstützt von betörend schönen Kulissen legt man hier wieder Wert auf Personenführung und Ausdeuten der jeweiligen Einzelschicksale, heißt es das mythologische Schicksal Didos als Geschichte der leidenden Frau schlechthin zu erzählen. So schließt sich der Kreis der Barockopern in München. Unter dem Motto Barock total sind sie in diesen Wochen noch einmal komprimiert zu besichtigen. Ob die sehr zeitbezogenen Regieansätze die Wechselstürme des Publikumsgeschmacks überdauern, wird die Zukunft weisen. Am Horizont zeigt sich bereits wieder Altbekanntes. Mit Richard Wagners Rheingold beginnt dieser Tage ein neuer Ring, und im tief tönenden Es-Dur der Streicher beginnt die neue Zeit.
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