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Kulturpolitik

Messerwetzen in Thüringen

Neue Theaterfinanzierungsverträge · Von Stefan Meuschel

Am 7. März 2001 begannen in Erfurt die Gespräche über die ab 2004 geltenden neuen Theaterfinanzierungsverträge. Die Regierung des Freistaates Thüringen – vertreten durch die Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Dagmar Schipanski – hatte die Rechtsträger der Thüringer Theater eingeladen. Von der jetzt zu erwartenden „Zeit der langen Messer“ sprach Stephan Märki, der seit 1999 amtierende Generalintendant des Deutschen Nationaltheaters Weimar. Erstes Ergebnis der Runde: Es soll erneut eine Expertenkommission – in Nachfolge der wenig effektiven „Everding-Kommission“ – einberufen werden. Dem Vernehmen nach werden erneut die Arbeitnehmervertreter nicht beteiligt.

   

Die Weimarer Dichterfürsten müssen tatenlos zusehen, wenn in Thüringen demnächst die Kultur-Schlachtmesser gewetzt werden.
Foto: Archiv

 

Thüringens Musiktheater-Welt ist bisher die geordnetste und funktionierendste in den neuen Bundesländern (in denen übrigens, um einem West-Vorurteil entgegenzutreten, die Länder und Städte relativ – pro Kopf der Bevölkerung – mehr Geld für ihre Theater zur Verfügung stellen, als dies in den alten Bundesländern geschieht; nur Brandenburg ist theaterfeindlich-sparsam).

Der Freistaat Thüringen rangiert unter den Flächenstaaten an der Spitze der Betriebszuschusszahler; in Thüringen sind die Gesamtzuwendungen für Theater und Kulturorchester auf die Einwohnerzahl umgerechnet – neben denen des Freistaates Sachsen – die höchsten (Bundesdurchschnitt: 47,16 Mark, Sachsen: 86,09 Mark, Thüringen: 82,47 Mark). Und in keinem Bundesland war der Personalabbau seit 1990/91 so gering. Erklärter Wille der Regierung ist es, die Betriebskostenzuschüsse nicht zu mindern. Die von der Expertenkommission jetzt zu lösenden Probleme haben zwei Namen: „Standorte“ und „Abfangen der zu erwartenden Kostensteigerungen“ (auch durch die bis 2008/2010 erfolgte Strukturanpassung Ost/West). Denn wesentlich mehr Geld soll es nicht geben, da insbesondere die ausblutenden Kommunen es nicht haben – und der neue Länderfinanzausgleich es ihnen angesichts der Dominanz der Bundesfinanzwirtschaft wahrscheinlich nicht geben wird.

Der Freistaat Thüringen unterhält – wie Mecklenburg-Vorpommern – weder ein Theater noch ein Kulturorchester in eigener Trägerschaft; selbst die beiden renommierten Traditionsbühnen mit großem kulturellen Ansehen, „Das Meininger Theater – Südthüringisches Staatstheater“ und das „Deutsche Nationaltheater Weimar (DNT)“ sind weder staatlich noch national, sondern schlicht städtisch. Meiningen hat 26.000 Einwohner, Weimar 60.000; beide Städte haben zwar viel Geschichte und einigen Tourismus, aber keine nennenswerte Industrie und ein miserables Gewerbesteueraufkommen. Beider Städte Theater sind aber „nationale kulturelle Leuchttürme“ (hätte wohl Michael Naumann gesagt) mit hoher Publikumsakzeptanz.

Gäbe es die so schrill debattierte Kulturpolitik des Bundes, müsste dieser sich an den Betriebskosten beider Häuser beteiligen. Pläne, das DNT in die Trägerschaft des Bundes zu überführen, das „Südthüringische Staatstheater“ in eine „Kulturstiftung Meiningen“ einzubringen, deren Stiftungskapital allerdings überwiegend vom Bund (von einer Nationalstiftung?) aufzubringen wäre, liegen seit Mitte der Neunzigerjahre in den Schubladen.

Fände sich eine solche Lösung, wäre der Freistaat Thüringen fast aller theaterpolitischen Sorgen ledig. Kommt es nicht zu ihr, müssen die langen Messer gewetzt werden, von denen Märki sprach. Die drei bereits fusionierten Bühnen/Orchester in Eisenach-Rudolstadt-Saalfeld (Thüringer Landestheater GmbH), Nordhausen- Loh-Orchester Sondershausen und Altenburg-Gera werden dann ebenso wie die Orchester in Jena, Gotha/Suhl und Rudolstadt nur mit Hilfe von Personalabbau, Spartenschließungen und Gehaltsverzicht beinhaltenden Haustarifverträgen überleben können. Der Personalabbau in Altenburg-Gera hat bereits begonnen; die Haustarifvertrags-Verhandlungen für das Thüringer Landestheater wurden am 8. März 2001 aufgenommen. Die Gewerkschaften tun sich dabei schwer: Wenn der Rechtsträger im Theater kein Urlaubsgeld mehr zahlen muss, dann könnte er sich fragen, warum er es denn bei den Sozialdiensten und in der Verwaltung noch tut?

Bleibt das Theater in der Landeshauptstadt, das Theater Erfurt. Knapp 30 Kilometer trennen es vom DNT in Weimar. Der thüringische Ministerpräsident Bernhard Vogel sähe es schon lange in den Rang eines Staatstheaters am Sitz der Regierung erhoben, fusioniert oder wenigstens eng kooperierend mit dem DNT – gäbe es da nicht Hindernisse aller Art. Abgesehen davon, dass die großstädtischen „Preußen“ Erfurts die in ihren Augen verzopften, kleinstädtischen „Thüringer“ Weimars nicht so recht leiden mögen (und natürlich umgekehrt), ist Weimar eben das DNT – und nicht Teil eines Thüringischen Staatstheaters in Erfurt.

Dem Kultur-Hauptstadt-Jahr 1999 hatte es Weimar vor allem zu verdanken, den 1997/98 schon weit gediehenen Fusionsplänen noch einmal zu entgehen. Jetzt kommen sie wohl wieder auf den Tisch. Schauspiel in Weimar, Musiktheater in Erfurt? Erfurt baut schon mal ein neues Opernhaus und gibt dem Generalmusikdirektor seines Orchesters einen langjährigen Vertrag. Die Staatskapelle Weimar aber dürfte das derzeit wichtigste und profilierteste Orchester Thüringens sein. Soll sie „abgewickelt“ werden? Soll die Fusion zwei – obendrein unterschiedlich eingruppierte – Orchester und Opernchöre einschließen? Sind die Folgekosten für Auflösungen, für logistischen Aufwand einer Fusion, für die Stadt Weimar berechnet worden?

Es ist wohlfeil, sich über die Zerstörung zweier Buddha-Statuen im afghanischen Bamiyan-Tal aufzuregen. Die Aufregung hätte näher liegende Anlässe.

 

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