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Kulturpolitik

Die Kunst als Vordenkerin

Max Fuchs ist neuer Vorsitzender des Deutschen Kulturrates

Im März dieses Jahres wählte der Deutsche Kulturrat einen neuen Vorsitzenden. Nachfolger von Franz Müller-Heuser, Präsident des Deutschen Musikrats, wurde Max Fuchs, Direktor der Akademie Remscheid für musische Bildung und Medienerziehung sowie Vorsitzender der Bundesvereinigung Kulturelle Jugendbildung. Dem Kulturrat gehören mehr als 200 Bundesverbände an. Seine Aufgabe ist es, spartenübergreifende Fragen in die kulturpolitische Diskussion einzubringen. Außerdem will der Rat den Kontakt zwischen den Mitgliederverbänden und der Politik unterstützen und kulturelle Projekte anregen. Andreas Kolb sprach mit dem neuen Vorsitzenden.

   

Max Fuchs.
Foto: Bockhorst

 

Oper & Tanz: Während Ihre Vorgänger eher der Hochkultur (August Everding) oder der Musik zuzurechnen waren (Franz Müller-Heuser), wurde mit Ihnen erstmals ein Vertreter der Sektion Soziokultur und kulturelle Bildung zum Vorsitzenden des Deutschen Kulturrates gewählt. Aus welchen Gründe? Was bedeutet gerade dieses Votum?

Max Fuchs: Der Deutsche Kulturrat ist demokratisch organisiert und ohne dass es in der Satzung festgelegt wäre, ist es eine gute Tradition, dass der Vorsitz rotiert. Alle Kunstsparten sollen die Möglichkeiten haben, ihre Interessen und ihren Hintergrund verstärkt einzubringen. Soziokultur und kulturelle Bildung sind im Moment gesellschaftspolitisch wichtige Themen: Die letzte kulturpolitische Debatte im Deutschen Bundestag war die Debatte zur großen Anfrage Soziokultur.

O&T: Welche konkreten Themen stehen aktuell an?

Fuchs: Wir hatten noch keine konstituierende Vorstandssitzung. Ich kann also derzeit nur sagen, was mir persönlich vorschwebt. Es gibt Entwicklungen, bei denen es notwendig wird, dass eine kulturelle Sichtweise sich einmischt. Das betrifft Fragen wie „Wie geht der Mensch mit sich selber um?“, auch die Frage der Gentechnologie. Kultur ist die Art und Weise, wie sich der Mensch selber geschaffen hat. Daher muss der Mensch auch im Mittelpunkt der Kulturpolitik stehen. Da kann es der Kulturpolitik nicht egal sein, wie der Mensch ins Innerste dessen eingreift, was ihn ausmacht. Hier können die Künste sich zu Wort melden; sie sind eine gute Art und Weise, diese ethisch und moralisch aufgeladenen Themen in die Diskussion einzubringen, sie für die Menschen bearbeitbar zu machen. Das Thema Mensch berührt mich selber, berührt aber auch die kulturelle Kinder- und Jugendbildung seit vielen Jahren. Es ist kein Zufall, dass genau diese Themen aus Ethik und Philosophie in der gesellschaftlichen Diskussion hochgespült werden.

O&T: Das könnte man auch so ausdrücken: Die Kunst denkt zehn Jahre voraus, die Politik ist dann die Exekutive künstlerisch-kultureller Vorgaben.

Fuchs: Das wäre eine schöne Vision. Die Kulturpolitik und auch die Künste selber sollten sich allerdings auch nicht übernehmen. Es wäre schön, wenn eine Art kultureller Politikberatung zustande käme, indem man das Reflexionspotenzial der Künste dafür nutzt.

O&T: In den Künsten sind nicht nur unterschiedliche Ausdrucksformen, sondern auch unterschiedliche Interessen vorhanden. Diese reichen vom Kunst machen bis zur Verwertung derselben...

Fuchs: Da ist der Kulturrat ein sehr gutes Modell dafür, wie man unterschiedliche Interessen im Kulturbereich über Jahre hinweg moderieren kann. Das Spezifikum des Deutschen Kulturrats besteht darin, dass die Künstler hier als Produzenten vertreten sind, daneben aber auch die Kulturwirtschaft und die Verwerter. Es hat sich eine „Kultur des Miteinander-Aushaltens“ von Differenzen ergeben. Das ist ein Modell, das man vom Kulturrat auf die Gesellschaft übertragen kann. Bestimmte Interessengegensätze kann man eben nicht in Einklang miteinander bringen, sondern man muss Formen finden, wie man mit der Gegensätzlichkeit umgeht. Das würde ich dann noch einmal gesellschaftspolitisch wenden: Denn genau in der Situation stehen wir auch in der Gesellschaft. Wir haben eine Vielzahl von Kulturen, Kultur ist ein Pluralitätsbegriff und es geht nicht darum, die auf einen Nenner zu bringen, sondern es geht darum, diese Pluralität und Differenzen lebbar zu machen.

O&T: Wie sieht die Zusammenarbeit mit den Ländern aus? Dort liegt schließlich jeweils die Kulturhoheit.

Fuchs: Der deutsche Kulturrat versucht schwerpunktmäßig auf der Bundesebene, mit allen politischen Organen in Kontakt zu treten. Das betrifft die Organe der Bundesregierung, es betrifft die Spitzenverbände der Kommunen, den deutschen Städtetag, es betrifft natürlich auch die Zusammenschlüsse der Länder. Die Kontakte sind unterschiedlich tief. Es gibt nach unserem Grundgesetz die Kulturhoheit der Länder. Der jetzige Kulturstaatsminister versucht, mit einem Vorstoß die Änderung des Grundgesetzes an einem ganz winzigen Punkt: er will die gemeinsame Verantwortung des Bundes in Verbindung mit den Ländern auch im Grundgesetz verankern. Man wird damit rechnen müssen, dass Julian Nida-Rümelin damit keine offenen Türen bei den Ländern einrennt. Von Hans Zehetmair gibt es ja schon entsprechende Gegenstellungnahmen.

O&T: Welche Position vertritt der Deutsche Kulturrat in diesem Zusammenhang?

Fuchs: Wir haben das zur Kenntnis genommen und noch keine Positionierung als einvernehmliche Stellungnahme. Ich selber meine, ein Grundgesetz muss immer wieder an Realitäten angepasst werden – bei allem Respekt vor der Kulturhoheit der Länder, die ihre Berechtigung hat: Sie ist das Ergebnis eines missbrauchten Zentralismus im Dritten Reich. Es gibt eine Reihe wissenschaftlicher Untersuchungen, die zeigen, dass es inzwischen einen Kompetenzgewinn in allen Strukturfragen auf Bundesebene gibt.

O&T: Mit welchen kulturpolitischen Fragestellungen werden Sie sich in den nächsten Wochen zuerst auseinandersetzen?

Fuchs: Nachdem die Steuerfragen rund um das Stiftungsrecht schon einen ersten wichtigen Fortschritt erzielt haben, geht es jetzt um das zivile Stiftungsrecht. Das ist ganz wichtig, damit auch die Finanzstrukturen im Kulturbereich zukunftsfähig werden.
Außerdem werden wir uns weiterhin damit beschäftigen, welche ordnungspolitischen Fragen auf internationaler Ebene rund um die Verwertungsrechte von Kunst gestellt werden.

 

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