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Alles, was Recht ist

Pendlerpauschale – wie geht es weiter?

Es hat letztlich niemanden mehr verwundert, dass das Bundesverfassungsgericht am 9. Dezember 2008 die Abschaffung der steuerlichen Absetzbarkeit der Entfernungspauschale (Pendlerpauschale) als Werbungskosten für verfassungswidrig erklärt hat (Az: 2 BvL 1/07). Dennoch bleiben einige Fragen offen.

Ankündigungsgemäß ist die Finanzverwaltung rückwirkend ab 01.01.2007 zur zuvor geltenden Regelung zurückgekehrt, wonach ein Betrag von 0,30 Euro für jeden Entfernungskilometer zwischen Wohnung und Arbeitsstätte als Werbungskosten anerkannt wird. Allerdings ergehen die entsprechenden Bescheide, wie man liest, unter dem Vorbehalt der Vorläufigkeit. Was hat das zu bedeuten? Ganz einfach: es ergibt sich praktisch unmittelbar aus dem Urteil. Dieses hat ausdrücklich bestimmt, dass bis zu einer gesetzlichen Neuregelung – diese darf das Gericht ja bekanntlich nicht ersetzen – die zuvor geltende Regelung „im Wege vorläufiger Steuerfestsetzung“ anzuwenden ist. Damit macht das Gericht deutlich, dass diese Regelung im Gegensatz zur Neuregelung zwar verfassungsgemäß ist, aber eben nicht die einzige Regelungsmöglichkeit darstellt. Damit soll – und das ist im Sinne der Gewaltenteilung nur korrekt – einerseits möglichst schnell ein verfassungswidriger Zustand beseitigt, andererseits dem Gesetzgeber die Gelegenheit zu einer verfassungsgemäßen Neuregelung belassen werden.

Regelung 2007/2008

Welche Wahrscheinlichkeit einer solchen Neuregelung besteht nun aber? Zunächst ein Blick auf die Vergangenheit: Für die Jahre 2007/2008 hat die Finanzverwaltung jetzt alle Hände voll zu tun, um die Korrekturen durchzuführen. Dadurch verzögern sich schon jetzt andere Vorgänge. Damit, dass der Gesetzgeber für diesen Zeitraum eine Neuregelung mit der daraus zwangsläufig resultierenden nochmaligen, also dritten Bearbeitung aller Steuerfälle trifft, ist – abgesehen davon, dass dies politisch nach dieser Vorgeschichte schlichtweg undurchsetzbar sein dürfte – mit großer Wahrscheinlichkeit nicht zu rechnen.

Vorwurf: Schlamperei

Für die Zukunft allerdings hat das Gericht schon weitgehende Gestaltungsspielräume offengelassen: Grund dafür, die Neuregelung ab 2007 für verfassungswidrig zu erklären, war keineswegs, dass das objektive oder subjektive Nettoprinzip (Steuerfreiheit der Aufwendungen, die zur Einkommenserzielung erforderlich sind, bzw. des verfassungsrechtlich geschützten individuellen Existenzminimums) Einschnitte in die Entfernungspauschale generell verböte. Vielmehr hat das Gericht dem Gesetzgeber gesetzgebungstechnische Schlamperei vorgehalten: Die Neuregelung werde den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine folgerichtige Umsetzung einkommensteuerrechtlicher Belastungsentscheidungen nicht gerecht. Insbesondere dürfe eine solche Entscheidung nicht dem rein fiskalischen Zweck staatlicher Einnahmenerhöhung dienen. Andererseits hat das Gericht ausdrücklich hervorgehoben, dass die Wahl des Wohnortes, die für die Wegekosten zur Arbeitsstätte von erheblicher Bedeutung ist, regelmäßig dem privaten Bereich zuzuordnen sei. Damit sei auch die Höhe der Wegekosten in erheblichem Maße durch individuelle Entscheidungen des Steuerpflichtigen beeinflusst. Die typische private Mitveranlassung von Wegekosten dürfe daher sehr wohl, etwa unter verkehrs-, siedlungs- oder umweltpolitischen Aspekten bei der Bestimmung des abzugsfähigen Aufwands im Rahmen eines Prinzipien- oder Systemwechsels berücksichtigt werden. Demgegenüber weise allerdings die zur Überprüfung stehende Regelung bereits in sich ein solches Maß an mangelnder Konsequenz und Konsistenz der Regelungsziele und -wirkungen auf, dass von einem erforderlichen Mindestmaß von Ansätzen neuer Prinzipien- oder Systemorientierung nicht gesprochen werden könne.

Neukonzeptionen

Kurzum: Dem zukünftigen Gesetzgeber sind weite Gestaltungs- und auch Einschnittsspielräume eröffnet, allerdings nur im Rahmen umfassender und in sich konsistenter steuerungspolitischer Neukonzeptionen. Diese werden sicher nicht vom Himmel fallen; im Rahmen einer von allen Parteien seit Jahren beschworenen Grundrevision und Vereinfachung des Steuerrechts könnte hiervon Gebrauch gemacht werden. Es wird Sache der jeweiligen Interessengruppen sein, sich in einem solchen Gesetzgebungsverfahren Gehör zu verschaffen.

Geteilte Dienste

Speziell für die Theaterbeschäftigten war mit dem Urteil noch eine Frage verbunden: Würde sich ein Ansatzpunkt ergeben, die Haltung des Bundesfinanzhofs zur Nichtanerkennung mehrfacher Entfernungspauschalen bei geteiltem Dienst – etwa unter dem Gesichtspunkt der oben genannten Nettoprinzipien – noch einmal auf den Prüfstein zu stellen? Die Antwort lautet leider ziemlich klar: Nein! Beide Nettoprinzipien haben für das Urteil keine tragende Bedeutung. Vielmehr wird, wie oben dargestellt, sogar die rein berufliche Veranlassung von Wegekosten insgesamt deutlich relativiert. Überdies wird ausdrücklich bestätigt, dass der Gesetzgeber grundsätzlich generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen darf, ohne allein schon wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen. Es bliebe demnach nur die Hoffnung auf die Einsicht des Gesetzgebers, aber der ist – wie gesehen – gerade in der entgegengesetzten Richtung unterwegs.

Tobias Könemann

 

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