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Dauerhafte Heimstatt für die Kultur

Die Festspiele Heidenheim in ihrem 50. Jahr

Wie viele Festivals braucht ein Land? So könnte man fragen angesichts der immer stärker wachsenden Anzahl musikalischer Festspiele in allen Regionen Deutschlands. Da füllen sich sonst leerstehende Kirchen mit Konzertbesuchern, werden Burgen und Schlösser mit Musik geadelt und mittelalterliche Ruinen mit Opern und Orchestermusik zu neuem Leben erweckt.

Doch was schnell gegründet und in wirtschaftlich prosperierenden Zeiten leicht finanziert ist, muss sich im kulturellen Alltag bewähren und wird immer wieder in Frage gestellt. Wenn also Opernfestspiele ihren 50. Geburtstag feiern, wie dies in Heidenheim der Fall ist, dann beweist diese lange Zeitspanne, dass die Musik, dass die Kultur im jeweiligen Ort nicht nur eine dauerhafte Heimstatt gefunden hat, sondern auch in der Bevölkerung angenommen und verwurzelt ist.

Michaela Maria Mayer als Lola im »Bajazzo«. Foto: Thomas Bünnigmann

Michaela Maria Mayer als Lola im »Bajazzo«. Foto: Thomas Bünnigmann

In Heidenheim gibt es daneben einige glückliche Umstände, die dem künstlerischen Erfolg kräftig unter die Arme greifen. Nach den langen Jahren der Gründungsintendanz unter Helmut Weigel ist es der Stadt nun schon vor einigen Jahren gelungen, mit Marcus Bosch einen Heidenheimer für die künstlerische Gesamtleitung zu gewinnen, der zu den profiliertesten Kulturmanagern der jüngeren Generation gehört. Nach seiner Tätigkeit als Generalmusikdirektor in Aachen ist er seit der Saison 2011/2012 Chef des Staatstheaters Nürnberg, wo er nicht nur die Oper voranbringt, sondern auch auf die Konzertveranstaltungen der Staatsphilharmonie besonderen Wert legt.

Seit Marcus Bosch die Opernfestspiele Heidenheim leitet (2010) haben sich die Zuschauerzahlen nahezu verdoppelt, die Eigenfinanzierung des Festivals ist von 38 auf 65 Prozent gestiegen. Dies ist wohl mit ein Grund dafür, dass sich die politisch Verantwortlichen in der Pflicht gesehen haben, die Zukunft der Festspiele nachhaltig zu sichern. Gegen den landläufigen Trend, in wirtschaftlich schwierigen Zeiten – und nur solche gibt es ja für die Kultur – am Budget zu sparen, haben die Heidenheimer entschieden, den Etat des Festivals innerhalb der nächsten fünf Jahre um 550.000 Euro auf rund 1,9 Millionen Euro aufzustocken. Der jährliche Zuschuss der Stadt erhöht sich dabei um 350.000 Euro auf 800.000 Euro.

So gerüstet konnte man sich also in die diesjährige Eröffnung stürzen und sich auf eine spannende Premiere mit Ruggero Leoncavallos „Der Bajazzo“ und Pietro Mascagnis „Cavalleria Rusticana“ in der mittelalterlichen Schlossruine freuen, wenn, ja wenn da nicht die WM und der Wettergott ein Wörtchen hätten mitreden wollen. Doch beide Probleme wurden auf ihre Weise gelöst: der Fußball mit einem 1:0 der Deutschen gegen Frankreich im Viertelfinale und einem pünktlichen Ende zu Opernbeginn. Und gegen Wind und Sturm half der Umzug in das nahe gelegene und akustisch sehr ansprechende Festspielhaus.

Erstmals zeichnete mit Petra Luisa Meyer eine Frau für die Regie in Heidenheim verantwortlich (Bühne und Kostüme Tassilo Tesche), und ihr gelang auf Anhieb etwas Außergewöhnliches, indem sie die Reihenfolge der Opern umstellte und so einen plausiblen Anschluss gefunden hatte. Die Opfer im „Bajazzo“, die von Canio getöteten Nedda und Silvio werden in der „Cavalleria Rusticana“ als sizilianische Dorfreliquien verehrt. Doch trotz der augenfälligen Mahnung an die Nachgeborenen wiederholt sich das Drama von Liebe und Eifersucht auf je andere, dennoch tödliche Weise.

Die gute Akustik der Mehrzweckhalle nutzte Marcus Bosch, indem er die Stuttgarter Philharmoniker immer intensiv, aber niemals die Sänger zudeckend zu einem vollen Verismo-Klang verleitete. Die Wachheit des Orchestergrabens übertrug sich auf die Stuttgarter Chorsänger, die als tragende Elemente des musikalischen Bühnengeschehens agierten. Bei den Solisten besonders hervorzuheben sind die weiblichen Partien der Santuzza (Helena Zubanovich) und Lola (Michaela Maria Mayer), die jede auf ihre Art die sanguinischen Elemente, die Italianitá ihrer Partien besonders betonten.

Christian Kröber

 

 

 

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