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Babylon am Schlossteich

»Nabucco« bei den Schlossfestspielen Schwerin

Das Schaffen von Giuseppe Verdi braucht kein Jubiläumsjahr. Auch 201 Jahre nach der Geburt des Meisters sorgen seine Opern in aller Welt für Publikumsinteresse. Nicht nur in den großen Häusern des Musiktheaters ist das so. Das Mecklenburgische Staatstheater Schwerin startet mit seinen diesjährigen Schlossfestspielen gar den Auftakt zu einem veritablen Verdi-Zyklus.

Ein Fest für die Sinne. Foto: Silke Winkler

Ein Fest für die Sinne. Foto: Silke Winkler

Für den Einstand wurde das Publikum – knapp 1.800 Menschen inmitten der historischen Kulisse von Schweriner Schloss, Theater und Museum – ins alte Babylon entführt. Mit „Nabucco“ sollte der 22. Jahrgang dieser Festspiele gefeiert werden – und es wurde tatsächlich ein Fest für die Sinne.

Dass hier nicht gekleckert wurde, sondern geklotzt, ist schon mit einem einzigen Blick auf das Areal von Bühne und Technik zu sehen. Die Schweizer Ausstatterin Romaine Fauchère hat zwei groß dimensionierte, im rechten Winkel zueinanderstehende Rahmen geschaffen, die zwei aufeinanderprallende Welten symbolisieren sollen: nachtblau für die Babylonier, protzend golden für die Hebräer. Zwischen diesen beiden auch in sich wandelbaren Rahmen tut sich eine gewaltige Spielfläche auf, die beeindruckend und herausfordernd gleichermaßen ist. Denn sie will sinnvoll mit Aktion gefüllt sein.

Ob das Hin- und Herschieben von Chormassen, verstärkt durch Extrachöre und Komparsen, ob das Herumtreiben der Gefangenen in großen Netzen à la „wir tun jetzt mal so, als ob“ wirklich die Geschichte bedient, sie gar plausibel beschreibt (wenn schon nicht interpretiert), sei in Zweifel gezogen. Insgesamt wirken die Massen (zirka 150 Mitwirkende auf der Bühne!) arg statisch und tragen zu einem Kostümzirkus bei, in den sich auch die Solisten einfügen bis nah ans Verschwinden. Regisseur Georg Rootering schuf auf der Suche nach martialischen Bildern eine Reihe von Arrange-
ments, die aus vor fünfzig Jahren abgedrehten Sandalenfilmen in Erinnerung sind. Subjektivität in der Personenführung, Intimität gar, kommt so kaum auf.

Bemerkenswert jedoch ist, wie wohlpräpariert der Opernchor des Staatstheaters ist (Einstudierung Ulrich Barthel), dem Mitglieder der Schweriner Singakademie sowie des Jugendchores vom Goethe-Gymnasium der Stadt zur Seite stehen. Mittels elektronischer Helferlein und eines ausgeklügelten Systems an Übertragungstechnik ist nicht nur präzise jedes Piano zu vernehmen, sondern entsteht der Höreindruck stets auch genau dort, wo gerade gesungen wird. Exakt abgemischt ist zudem die Akustik aus dem fast unsichtbaren Orchestergraben. Die vom Schweriner GMD Daniel Huppert exzellent auf diesen Verdi vorbereitete Staatskapelle (er dirigierte die Premiere) musiziert auch in der erlebten Folgevorstellung unter Kapellmeister Gregor Rot mit Verve, kann aufbrausen, beherrscht satten Streicherklang und überzeugt auch in kammermusikalischen Parts.

Das Publikum wirkt sehr angetan von dieser Produktion, Schwerin hat mit seinen Schloss-festspielen ein zusätzliches Pfund im Ringen um die Touristen zu bieten, will aber auch seinen Einwohnern sommerlich ambitioniertes Freilufttheater offerieren. Verdis „Nabucco“ ist hierfür eine durchaus geeignete Kost.

Michael Ernst

 

 

 

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