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Die Zeit des Verzichts ist vorbei

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Moralische Amnesie
Der Musikpreis ECHO und die Krise der Kultur

Der lange Weg zur Spitze
Der dritte Deutsche Chordirigentenpreis wurde vergeben

Gefährdet und beständig
Das Handlungsballett heute

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Von Magdeburg nach Wien
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Leere in Schwarz auf Weiß
Der Theater-Website-Check: Theater Freiburg

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Bernd Alois Zimmermanns „Die Soldaten“ am Staatstheater Nürnberg und Aribert Reimanns „Ein Traumspiel“ am Theater Hof

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Durchgehend aktive Energie
Ballettabend „Raymonda“ am Theater Magdeburg

Friedensoper
Peter Petersen: Friedenstag von Stefan Zweig, Richard Strauss und Joseph Gregor. Eine pazifistische Oper im „Dritten Reich“.

Buchtipp: Otto Brückwald
Thomas Strobel: Otto Brückwald: Ein vergessener Künstler und Architekt

Mieczysław Weinberg
Verena Mogl, „Juden, die ins Lied sich retten“ – Der Komponist Mieczysław Weinberg (1919 – 1996) in der Sowjetunion.

DVD-Tipp: The Magic Flute
„The Magic Flute“, Regie: Ingmar Bergman, 2 DVDs, BFI

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Berichte

Durchgehend aktive Energie

Ballettabend „Raymonda“ am Theater Magdeburg

Mit den Piratentänzen, den Schatzhöhlen und dem Inselzauber in „Le Corsaire“, dem letzten Remake eines großen romantischen Klassikers, den das Ballett Magdeburg im Programm hatte, kann die von Lydia Pashkova für Marius Petipa am Mariinski-Theater Petersburg toupierte Story von „Raymonda“ nicht ganz konkurrieren. Trotzdem ist der Jubel des Publikums im Magdeburger Opernhaus am Ende riesig. Das schafft Direktor Gonzalo Galguera auch diesmal mit seiner glänzend aufgestellten Compagnie. „Raymonda“ ist eine Uraufführung, selbst wenn man kaum Unterschiede zum Original feststellen kann. Nur werden die ballettspezifischen Wunderwelten ungarischer Burgen mit malerischen Hintergründen jetzt projiziert, nicht gemalt. Darko Petrovic (Bühne) und Josef Jelinek (Kostüme) mischen kräftig mit bei diesem Farbrausch, der genauso form- und geschmackssicher ist wie Galgueras klassische Choreografie. Übernahmen aus Petipas Bewegungsvokabular und eigene Kreationen verdichten einander, reiben sich nicht. In Magdeburg kann man lernen, wie Klassik und heutige Materialien zusammenpassen können. Ironie, mitunter letzter Rettungsanker für derartige Unterfangen, ist hier ein Fremdwort.

Lou Beyne als Raymonda und Ensemble. Foto: Andreas Langer

Lou Beyne als Raymonda und Ensemble. Foto: Andreas Langer

Dabei hat die glänzende, bravouröse, perfekt eingeschworene Compagnie in der Magdeburgischen Philharmonie und dem kraftvoll-sensiblen Pawel Poplawski am Pult souveräne Mitspieler, die alle kalkulierten Raffinessen aus Alexander Glasunows spätromantischer Partitur mit Lust und Grandezza zelebrieren. Der Gesamtklang ist vom ersten bis zum letzten Takt erlesen. Im Graben sitzen die Synkopen so genau, dass die Tänzer im Wortsinn schwerelos und ohne Kontrollverlust bewundernswerte Bewegungsfermaten setzen können.

In diesen luftigen Minisekunden erzeugt Magdeburgs Primaballerina Lou Beyne zwischen ihren sechs langen Variationen die Anteilnahme für Raymonda, die in Ungarn dem Dreieckskonflikt zwischen dem ihr versprochenen Kreuzritter Jean de Brienne und dem Sarazenenkrieger Abderakhman nur deshalb entgeht, weil Jean den Nebenbuhler im Zweikampf tötet. Schwierig ist Raymondas Part nicht nur in Umfang und Dauer, sondern auch durch ihr Rollenprofil. Denn Raymonda gleitet von einem Bewerber zum anderen und zurück. Das könnte gleichgültig oder gar phlegmatisch wirken, aber der Kosmos des höfischen Ideals, die Noblesse aller Figuren und der „schöne Schein“ betäuben derartige Hintergedanken nachhaltig: Jonathan Milton als Jean ist ein Danseur noble, der Lou Beyne formvollendet dient. Raúl Pita Caballero (Abderakhman) beherrscht die Bühne vom ersten markanten Auftritt bis zu seinen letzten Sekunden, wenn er von Jeans Schwert tödlich getroffen zur Geliebten robbt. Man glaubt Lou Beyne ihre Erschütterung in jedem Schritt und jeder ihrer berückend zarten Gesten.

Das Ensemble zeigt aktive Energie sogar in regungslosen statischen Momenten. Die Hebefiguren der Gruppen sitzen auf Zehntelsekunden und auch die pantomimisch geführten Figuren (Marie-Fee Rühe, Leonard Kunze) zeichnen sich durch starke Präsenz aus. Bei den schnellen Wechseln zwischen solistischen und Gruppenpositionen, den schnellen Abgängen und Aufmärschen, hat Gonzalo Galguera sicher etwas an den originalen Rollenzuordnungen geschraubt, dies aber immer stilkonform und perfekt. Ein Höhepunkt des Abends ist jener große Pas de Six des zweiten Aktes, in dem nicht nur Lou Beyne und Raúl Pita Caballero, sondern auch Anastasia Gavrilenkova, Leah Allen, Adrián Román Ventura und Liam White souverän zeigen, was die Grammatik des klassischen Tanzes hergibt.

Die originale Choreografie nimmt keine Stellung zur Faszination der Titelfigur für Abderakhman, den sie umwerbenden Mann aus einer anderen Welt, und zeigt nach dessen Tod keinerlei emotionale Konsequenzen. Im Zentrum des dritten Aktes wird nur gefeiert, mit ungarischen Charaktertänzen und dekorativem Prunk. In Magdeburg muss unbeantwortet bleiben, warum „Raymonda“ auf der Beliebtheitsskala klassischer Ballette sonst nur in der zweiten Reihe steht.

Roland H. Dippel

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