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Kulturpolitik

Singen für die Hoffnung

Aktion „Kultur verbindet alle“ in Berlin

Um auf die anhaltend schwierige Lage der Kulturbranche aufmerksam zu machen, waren für Samstag, den 24. Oktober, in den drei größten deutschen Städten unterschiedliche Aktionen angekündigt. Wegen Hygienebedenken abgesagt werden mussten die vom Landesmusikrat Hamburg geplanten Open-Air-Konzerte unter dem Motto „Wir verschaffen uns Gehör! in concert“, Teil einer bereits am vorherigen Wochenende gestarteten Reihe. In Berlin und München konnten die Veranstaltungen hingegen stattfinden.

Berliner Chöre vor dem Gendarmenmarkt. Foto: Marcus Lieberenz

Berliner Chöre vor dem Gendarmenmarkt. Foto: Marcus Lieberenz

Wie sich die Regeln der letzten Wochen vielerorts unterschieden, taten es auch die Ansätze der Kulturaktionen. Während die Konzerte in Hamburg eher einem Förderprogramm für zahlreiche Ensembles gleichkamen, wurde auf dem Münchner Königsplatz eine Demonstration der Initiative „Aufstehen für Kultur“ abgehalten. In mehreren Reden forderten Vertreter und Kulturschaffende umfangreichere Unterstützungen, Beteiligung an den Gesprächen über weitere Maßnahmen sowie die Fortführung des Spielbetriebs auch bei einem Inzidenzwert über hundert (Ampelfarbe „dunkelrot“). Diese für Bayern spezifische Regelung kritisierten bereits am Vortag die Intendanten der größten bayerischen Bühnen in einem offenen Brief an Ministerpräsidenten Markus Söder.

Im Herzen Berlins

Auf dem Gendarmenmarkt Berlin versammelt sich indes zur Mittagszeit Publikum für die Aktion „Kultur verbindet alle“. Mitglieder der Chöre der drei großen Opernhäuser Berlins sowie des RIAS Kammerchors finden sich auf den Stufen des Konzerthauses ein für ein etwa halbstündiges A-capella-Konzert unter der Leitung von Jeremy Bines, Chordirektor der Deutschen Oper. Nicht nur die Zuhörerinnen und Zuhörer auf dem weiten Platz tragen Masken und halten die Abstände ein, auch der über die ganzen Treppen und den Bereich davor verstreute Chor legt die Masken während des Singens nicht ab. Ganz zart wird der Gefangenenchor aus Nabucco angestimmt – keine Steigerung ins kämpferische Fortissimo – der Feind ist höhere Gewalt und lässt sich nicht einschüchtern. Vollends entfaltet sich die stetig behutsam zurückhaltende Stimmgebung in Mozarts „Ave verum corpus“. Vorsichtig tastet sich der liebliche Ton durch die Geräusche der Umgebung und obsiegt ohne laut zu werden. Eine klangliche Intimität breitet sich aus, die dieser Tage zu einem bedrückend seltenen Gut geworden ist. Ein vereinfachter Chorsatz von Schuberts „Lindenbaum“ erinnert daran, wie nah die Musik der Romantiker oft dem schlichten Volkslied war. Zwischen zwei Stücken zücken die Chormitglieder ausgeklappte Meterstäbe, halten sie zu beiden Seiten von sich hin, um die Einhaltung der Abstände zu demonstrieren. Manch einem ist dabei ein bitterer Ausdruck oder eine demonstrative Verdeutlichung anzumerken. Jedoch zeigt sich darin nicht ein Sträuben, eher im Gegenteil: Es ist eine Geste der Akzeptanz des Notwendigen, um Kunst noch stattfinden zu lassen. Und dahinter vermag man im stummen auch einen sensiblen Hilferuf zu vernehmen: Lasst uns nicht hängen! Lasst die Kunst nicht hängen!

Ob der Gesang vergewissert, „dass wir gehört, gesehen und gefühlt werden“, wie es die ehemalige Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages Antje Vollmer in ihrer Grußbotschaft für die Aktion formuliert, werden mit dem erneuten Lockdown die kommenden Monate zeigen.

Die Idee:
Initiatorinnen zu der Aktion am Berliner Gendarmenmarkt waren Sängerinnen des Opernchors der Deutschen Oper. Sie luden Kolleginnen und Kollegen zu der Aktion ein, die Resonanz war groß. Im Gespräch mit dem rbb erklärte Angelika Nolte, warum es sich hier um ein „Demo-Konzert“ handelte: Die Aktion habe eine sehr menschliche, aber eben auch eine politische Aussage. „Wir brauchen ein positives Wir-Gefühl, das Menschen zusammenbringt durch glücksbringende Momente. Dafür ist die Kultur zuständig“, erklärte die Chorsängerin. „Das Singen schafft Lebensfreude, es baut zwischen den Menschen Brücken, gibt Hoffnung und macht Mut.“ „Schweigend alles hinnehmen ist nicht der richtige Weg!“, findet auch Chorsängerin (und stv. VdO-Ortsdelegierte an der Deutschen Oper) Natalie Buck, die von dem Konzert aus Sicht der Mitwirkenden berichtet: „Extrem schön“ sei es gewesen, die Solidarität untereinander spürbar. Das Publikum hörte aufmerksam und sichtbar berührt zu.

Die Initiatorinnen waren neben Angelika Nolte und Natalie Buck: Antje Obenaus, Rosemarie Arzt, Senta Aue, Suzy Fischer, Sonja Bisgiel und Carolina Dawabe Valle.

Konstantin Parnian

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