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Zeitreise durch die Chorgeschichte

Eine Ausstellung über den Opernchor der Theater Chemnitz

Nach der Verschiebung wegen der Pandemie war die von den Theatern Chemnitz in Zusammenarbeit mit dem Stadtarchiv gestaltete Ausstellung „Der Chemnitzer Opernchor und seine Direktoren – eine Zeitreise“ vom 14. Oktober bis 20. November 2022 im Foyer des Chemnitzer Opernhauses zu sehen. Zur Einstimmung gab es auf der Webeseite des Theaters drei Videos.

Christiane Barth (li.) und Petra Koziel. Foto: Oskar Koziel

Christiane Barth (li.) und Petra Koziel. Foto: Oskar Koziel

Die Autorinnen und Initiatorinnen des ambitionierten Projektes waren Christiane Barth (Sopran 1) und Petra Koziel (Alt 1) aus dem Opernchor der Theater Chemnitz. Beide sagen über sich, dass sie „die 50 hinter sich“ und so einiges erlebt haben. Zum Beispiel gehören das Verschwinden der in der DDR noch intensiver als in Westdeutschland gepflegten Spieloper aus dem Standardrepertoire und die inzwischen generell übliche Einstudierung von Operninszenierungen in Originalsprache, welche die bis zum Ende der DDR üblichen Aufführungen von internationalen Musiktheaterwerken in deutscher Übersetzung ablösten, zu wesentlichen Zäsuren eines großen Stadttheaters in den neuen Bundesländern.

Die Ausstellung vereint Theatergeschichtliches aus der „Stadt der Moderne“ und Kulturhauptstadt 2025 mit Strukturerläuterungen. Einmal geht es um die mysteriösen Begleitumstände beim Tod des Chordirektors Just, den man 1844 halbnackt aus dem Schlossteich gezogen hatte. Denkwürdig ist eine Doppelvorstellung von „Madame Butterfly“ im Opernhaus und im Centraltheater innerhalb weniger Stunden im Jahr 1930. Damals durften laut einer städtischen Verordnung am Buß- und Bettag nur ernste Werke gespielt werden. Deshalb plante man an diesem Tag im auf die heitere Muse festgelegten Centraltheater eine Aufführung von „Madame Butterfly“ in den Dekorationen von Lehárs „Das Land des Lächelns“, bei welcher der Opernchor mitwirken sollte. Das ging fast schief, weil die Behörden den in der Oper angesetzten „Rosenkavalier“ wegen dessen heiteren Sujets ebenfalls untersagten und auch dort „Madame Butterfly“ als einzig mögliche Alternative angesetzt wurde. Die Vorstellungen begannen im Abstand von nur einer halben Stunde. Der Chor wurde in asiatischen Kostümen für die beiden Aufführungen mit dem Bus von Haus zu Haus gebracht.

Einen institutionellen Chor aus Berufssängern gibt es in Chemnitz seit 1862. Davor kamen die Chormitglieder aus städtischen Chorkreisen und wandernden Theatergruppen. Die Ausstellung erinnert an Frau Lipp, Mary-Adelyn Kauffman und Barbara Thieme: „Chordirectricen“ agierten an den Chemnitzer Theatern seit Mitte des 19. Jahrhunderts, als Chorleitungsstellen noch fast ausschließlich mit Männern besetzt worden waren. Fotografien zeigen die Chorsäle an ständigen und Behelfsspielstätten. Eine Tabelle listet Chorstellen-Zahlen von 1842/1843 (14 Chorsänger) bis zur Spielzeit 2020/2021 (39 Chorsänger).

Höhepunkte wie die Großproduktion von Kurt Weills jüdischem Bibeloratorium „Der Weg der Verheißung“, mit dem die Oper Chemnitz 2000 in New York, Tel Aviv und bei der Expo Hannover gastierte, werden ebenso gewürdigt wie die mit der 1884 gegründeten Chor-Gewerkschaft eintretenden sozialen Verbesserungen und Ausbildungsmodalitäten seit Bestehen des Opernchores. Qualifizierungen für das Aufgabenfeld des Bühnenchors werden seit dem 18. Jahrhundert dargestellt. Biographien aktueller Stelleninhaber des Chemnitzer Opernchores zeigen spezifische Voraussetzungen für das Berufsbild heute sowie die möglichen Wechsel zwischen Solisten- und Chorkarrieren.

„Wir möchten mit diesem Ausstellungsprojekt andere Opernchöre zu Forschungen über ihre Geschichte und Entwicklung anregen“, sagen Barth und Koziel. Die Danksagung zur Ausstellung ist lang. Denn vieles steht nicht in den Theatergeschichten und lässt sich nur mit Hilfe von Experten aus verschiedenen Fachbereichen erschließen. Spezifische Situationen der Theater an verschiedenen Orten erschweren die Aufarbeitung der Geschichte von Bühnenkollektiven. Vielleicht liegt das auch daran, dass Chorsängern mit stark ausgeprägtem Gruppengeist das Außergewöhnliche ihres Einsatzbereichs nicht so bedeutend erscheint wie Solisten und anderen Einzelkämpfern am Theater. Neben Material aus dem Stadtarchiv und den Theatern waren für Barth und Koziel die Bühnenjahrbücher seit Beginn ihres Erscheinens sowie Gespräche mit vielen älteren beziehungsweise Kolleginnen und Kollegen im Ruhestand wichtige Quellen.

Roland H. Dippel

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