Wagner fordert heraus und zieht an. Um sein Werk hat sich neben schwergewichtiger musikologischer und musikphilosophischer Spezialliteratur immer auch ein populäreres Schrifttum gerankt, den Wissensdurst einer weniger spezialisierten Anhängerschaft zu stillen. Das schlichte, an den sogenannten Leitmotiven entlang sich hangelnde Nacherzählen von äußerer und innerer Handlung samt darauf bezogener Musik bietet hier meist den Grundstoff, aus dem die Träume von einem umfassenden Verständnis des Wagnerschen Kosmos sind. Auf eine Vermittlung zwischen akribischer Detailkenntnis auch komplexer musikalischer oder entstehungsgeschichtlicher Zusammenhänge und dem allgemeiner verständlichen Zugehen auf ein breiteres Publikum zielen die Einführungen, die seit 1998 der Pianist Stefan Mickisch bei den Bayreuther Festspielen hält. Und er ist dafür aus drei Gründen prädestiniert: Er ist ein gebildeter Musiker und profunder Kenner Wagners, ohne ins Fachidiotische abzudriften, er gibt sich nicht nur im hörbar oberpfälzisch gefärbten Idiom bodenständig, sondern behält auch im Dickicht der Deutungszusammenhänge diese Bodenhaftung und er ist ein begnadeter Wagner-Interpret am Flügel. Die Maßstäbe seiner CD-Einspielungen mit teilweise eigenen Transkriptionen und Paraphrasen darf man bei diesen Live-Mitschnitten natürlich nicht anlegen, dafür ist schon allein die zwischen den eher leisen Wortbeiträgen und dem Klavierspiel nicht optimal ausbalancierte Tonqualität nicht ausreichend. Entscheidend ist hier aber ohnehin etwas anderes: Erst durch den klingenden Nachvollzug rundet sich Mickischs Herausgreifen von Schlüsselszenen, das Fokussieren einer motivischen Gestalt und seiner Umformungen zu zwar nicht vollständigen, wohl aber in sich schlüssigen Werkporträts, die mit kurzen Andeutungen zum Inhalt schon gewisse Grundkenntnisse voraussetzen. Höhepunkte ergeben sich somit immer dann, wenn Mickisch nach ausführlichen und die Querverbindungen innerhalb des Wagnerschen Schaffens beleuchtenden Detailansichten den Blick wieder aufs Ganze lenkt und in zusammenhängenden Passagen die scheinbare Beschränktheit des Klavierauszugs in Fülle und Durchsichtigkeit verwandelt. Das Einbeziehen des Publikums mit Quiz- und Bonmot-Animation mag man für entbehrlich halten, doch auch dies zeugt von der Gratwanderung, die Mickisch in diesen jeweils 90-minütigen Annäherungen an Wagner erfolgreich und sympathisch gelingt. Juan Martin Koch |
||||||||||||||||||||||||||
|
|