Für die aus Chemnitz, aus dem Umland und auch zahlreich von weiter her kommenden Besucher des Opernhauses bereitet die Aufführung erhöhtes Vergnügen, weil der „Ring“-Regisseur Michael Heinicke es sich nicht nehmen ließ, diese Burleske mit dem hauseigenen Nibelungen-Ensemble verschmitzt und wo sinnvoll auch zugespitzt zu inszenieren. Als Siegfried darf André Riemer mit blonder Thomas-Gottschalk-Mähne in knallbuntem Anzug den Deppen spielen. Wieland Müller reagiert als „grimmer Hagen“ dessen Mordgelüste humorvoll ab. Der „Götterdämmerungs“-Gunther Dietrich Greve spielt die Hilflosigkeit König Gunthers gewitzt aus. Weitere Solisten und die in verschiedenen Gestalten lebendig agierenden Chorsänger (musikalische Einstudierung Pablo Assante) lösen ihre Aufgaben souverän. Insgesamt wird pointiert und kultiviert gesungen. Eckehard Stier musiziert mit der Robert-Schumann-Philharmonie schwungvoll und kostet auch die motivischen und instrumentatorischen Reize der Partitur voll aus. Der vergnügliche Abend löst Beifall aus wie eine Wagner-Oper. Während die Oper Chemnitz all ihre künstlerischen und technischen Möglichkeiten nutzt, beschränkt sich das Theater Hof bei seiner Inszenierung von Johann Nestroys Parodie „Tannhäuser und die Keilerei auf der Wartburg“ auf eine Einrichtung im Studiosaal des Hauses auf kleiner Bühne und einer seitlichen Spielfläche. Der Regisseur Klaus Straube vertraut der witzigen Handlungsführung und den humorvollen, teils abgewandelten und auch aktualisierten Versen Nestroys von 1857. Die stützen sich übrigens auf eine umfangreichere Parodie des Breslauer Arztes Hermann Wollheim. Nestroy hat diesen Text gestrafft und gewürzt. Der tüchtige Theaterkapellmeister Carl Binder schuf eine gekonnt mit Motiven Wagners jonglierende Partitur, die immer wieder ins Wienerische, auch in parodierte Banalitäten gleitet und zumal Kennern der Wagnerschen Musik Vergnügen bereiten kann. Statt der dafür geforderten klassischen Orchesterbesetzung wartet das Theater Hof mit „Tannhäusers Höllenfahrts Kapelle“ auf, bestehend aus Flöte, Trompete, Flügelhorn, Kontrabass, Klavier, Akkordeon. Aus Binders Partitur werden nur Fragmente geboten. Dafür wird textlich und musikalisch eine Menge aus heute gängigen Repertoireopern einbezogen. Warum soll Tannhäuser auf des Landgrafen Purzels Frage „Na, wo bist du denn gewesen“ heute nicht mit (dem 1857 in Wien noch unbekannten) Lohengrin singend antworten: „Nie sollst du mich befragen“ und Purzel erwidern „Nie soll mir die Frage kommen“. Die Theaterbesucher haben auch großen Spaß daran, dass auf des Landgrafen Ruf mit dem Jägerchor aus Webers „Freischütz“ geantwortet wird, Papagenos Vogelfänger-Lied oder Marthas „Letzte Rose“ angesungen werden. Der Thüringer Herbert Roth dürfte noch im Grab schmunzeln, dass der von Purzel verstoßene Gesangverein im dritten Akt mit dem unverwüstlichen Rennsteig-Lied aufzieht. Der kleine, 20 Mitglieder umfassende, international besetzte, von Michel Roberge vorbereitete Chor hat auch sonst noch allerlei zu tun, als Gesangverein im ersten Aufzug, beim Einzug und bei der „Keilerei“ auf der Wartburg im zweiten. Das lebt er spielfreudig und wandlungsfähig, locker singend aus. Klaus Straube lässt alles, nicht zuletzt den Sängerkrieg, als deftige Gaudi spielen und die Akteure kosten das weidlich aus: Karsten Jesgarz als Tannhäuser in Lederhosen, Regula Rosin als Elisabeth im Dirndlkleid, Peter Stöckigt als Landgraf, Jürgen Schulz als Wolfram, weitere Solisten und der Chor. Die Musikanten und zuweilen auch die Sänger nehmen es mit ihren Aufgaben nicht allzu genau. Aber das gehört mit zum Spaß dieser Inszenierung, die viel Beifall auslöst.
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