Damit hat Luisa Müller-Möhlis keine Probleme. „Auf der Bühne bin ich glücklich. Natürlich klopft mein Herz, wenn ich auf meinen Auftritt warte, aber eigentlich bin ich vor allem ungeduldig. Ich will da raus und zeigen, was ich kann“, erklärt die Schülerin im zweiten Jahr voller Enthusiasmus. Ihren ersten Auftritt bei einer „Monday Night“ hatte sie mit einer Tanznummer. „Ich tanze seit meinem vierten Lebensjahr. Angefangen habe ich mit Ballett, später kam Jazz Dance, Flamenco und Stepptanz hinzu. Aber eine rein tänzerische Berufsausbildung war mir zu einseitig. Die Dreispartenausbildung in Tanz, Schauspiel und Gesang an der Stage School ist genau das, was ich mir vorgestellt hatte.“ Vielseitige AnforderungenDer Tanz macht ihr keine Probleme, und auch das Schauspielerische gefällt ihr inzwischen: „Am Anfang war ich da eher skeptisch. Die ganzen Grundlagen und die Technik – da fehlte mir die praktische Umsetzung. Aber jetzt im zweiten Jahr, wo die Rolleninterpretation dran ist, macht es unheimlich Spaß.“ Mit dem Gesang hingegen steht Luisa auf Kriegsfuß. Obwohl ihr die Dozenten versichern, sie mache Fortschritte und die 20-Jährige, da sie sich für eine verkürzte Ausbildung qualifiziert hat (das erste Schuljahr wird in nur einem halben Jahr absolviert), erst seit gut einem Jahr dabei ist, hadert die Perfektionistin mit sich. „Manchmal klingen die Erläuterungen im Gesangsunterricht für mich einfach nur rätselhaft. Da heißt es: Stell dir ein Blumenbeet vor und zieh den Klang in dich hinein – wieso ein Blumenbeet? Beim Tanzen heißt es einfach: Steh gerade auf einem Bein! Das ist eindeutig. Aber das lerne ich schon noch“, fügt sie entschlossen hinzu. Wer es später auf der Bühne zu etwas bringen will, braucht diese Entschlossenheit. Kim Moke, künstlerische Leiterin der Stage School, legt Wert darauf, dass sich ihre Schüler keine Illusionen machen, obwohl sie eine erfreuliche Entwicklung am Arbeitsmarkt beobachtet: „Musical ist ein Genre, das inzwischen einen festen Platz in der deutschen Kultur hat. Selbst die Staatstheater haben aufgrund der großen Beliebtheit mindestens ein bis zwei Stücke fest im Jahresplan.“ Trotzdem bleibt es ein hartes Geschäft. Große Konkurrenz bei Castings, von einem Engagement und einer Stadt zur nächsten zu tingeln, Stress im Acht-Show-Betrieb und kaum Zeit für Privatleben – so wird für viele die berufliche Zukunft aussehen. Harte BerufsweltFür Martina Stach ist das bereits Alltag. Die Stage School Absolventin ist mit dem Musical „Hot Stuff“ auf Tournee durch Deutschland, Dänemark, die Schweiz und Österreich. Zeit für Castings, um an ein Anschlussengagement zu kommen, bleibt ihr da kaum. Auch mit dem Leerlauf zwischen den Engagements müssen die jungen Künstler finanziell wie mental lernen umzugehen, ebenso wie mit Absagen bei Castings. Der harten Berufswelt entspricht die hohe Durchfallquote bei den jährlichen Prüfungen an der Stage School. Rund ein Drittel scheitert jedes Mal und muss die Schule verlassen. Wieder gilt die Devise: Nur die Besten kommen durch. Stach hat alle Prüfungen glücklich durchlaufen und 2004 ihren Abschluss gemacht. Ihr Rat: „Es ist wichtig, immer ein Ziel vor Augen zu haben und das konsequent zu verfolgen.“ Bühne und Film
Zielgerichtetes Agieren ist sicher ein Schlüssel zum Erfolg. Ein anderer ist Flexibilität, betont Moke. „In Deutschland ist heute ganz klar die Flexibilität das A und O am Arbeitsmarkt. Deshalb bilden wir die Schüler möglichst breit aus, um ihnen vielfältige Berufsperspektiven zu ermöglichen.“ Und so stehen neben den knapp 30 Stunden Unterricht pro Woche, die Bühnenfechten, Sprech- und Gesangstechnik oder Gehörbildung im Fach Musiktheorie umfassen, zusätzliche Angebote wie „Casting-Trainings“ oder „Camera Acting“ auf dem Stundenplan. Die bühnengewohnten Schüler für Film und Fernsehen zu trainieren, ist wichtig, denn vor der Kamera gelten andere Regeln als auf der Bühne. Das Theatralische muss zurückgenommen, die Stimme wieder leiser werden, und jedes Augenzucken wird sichtbar. Ein Wochenende lang werden die Schüler deshalb mit den Grundzügen des Schauspielens vor laufender Kamera und den Umständen am Drehort vertraut gemacht. Geduld ist dabei ein wesentliches Thema. Anders als am Theater besteht ein Tag am Set zu 80 Prozent aus Warten. Dann aber heißt es plötzlich: Action. Nach vielleicht acht Stunden Warten müssen die Darsteller präsent sein und die geforderten Emotionen auf den Punkt genau liefern. Nicht nur ein Mal, sondern vielleicht zehn Mal. So lange, bis der Regisseur zufrieden ist. Das will gelernt sein.
Wie anstrengend die dreijährige Ausbildung sein kann, die auch auf Englisch angeboten wird, können Interessierte bei einem einwöchigen Intensiv-Workshop austesten, der auf Wunsch auch als Aufnahmeprüfung gewertet wird. „Bei uns laufen inzwischen die meisten Anmeldungen über diese Workshops“, erklärt Thomas Gehle, Geschäftsführer der Stage School. „Auf diese Weise können sich die Schüler einen Eindruck verschaffen und auch wir können uns ein umfassendes Bild machen. Talent, Power und Energie lassen sich so viel besser einschätzen und beide Seiten wissen, worauf sie sich einlassen.“ Geleitet werden die Workshops von Anja Launhardt. Die gelernte Musicaldarstellerin, die auch Meisterkurse auf Sylt gibt, führt mit viel Temperament und Spaß durch die Tanz-, Gesangs- und Schauspielnummern und versteht es, die zum Teil noch sehr unsicheren Workshopteilnehmer aus der Reserve zu locken. „Ich glaube nicht daran, Leute durch Hinweise auf ihre Fehler weiterzubringen. Ich will ihnen Sicherheit geben, ihre Stärken betonen und sie motivieren, über ihre Grenzen hinauszugehen.“ Während sich die Teilnehmer im Alter zwischen 15 und Mitte 20 an ungewohnten Schrittfolgen erproben, ihre Stimme entdecken, in kurzen Szenen ihr schauspielerisches Talent beweisen und dabei von Tag zu Tag sicherer werden, ruht Launhardts prüfender Blick auf jedem Einzelnen. „Ich achte darauf, wer wirklich Lust am Spiel hat. Ich will den Drang und den Mut für die Bühne spüren. Außerdem müssen die Körperlichkeit und Stimme da sein. Und ich schaue immer etwas weiter: Kann ich mir vorstellen, dass dieser Mensch in einem künstlerischen Beruf erfolgreich ist?“ Yvonne Scheller
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