Die Idee ist nicht wirklich neu. Uwe Scholz beispielsweise ließ seine Tänzerinnen schon 1996 am Ende der „Bach-Kreationen“ stumm die Spitzenschuhe ausziehen, die sich an der Rampe türmten – als künstlerischer Protest gegen das Leipziger Spardiktat. Eine Szene, die bewegte. Ganz anders Susanne Linkes zehn Tanzszenen, die mit grinsender Satire gleich den gesamten Kunstbetrieb aufs Korn nehmen und eher unterhalten. Das erstaunt, hätte man von der bedeutenden Choreografin doch ein ruhiges Tanzstück erhofft, das sich über die Bewegungsqualität mitteilt. Eine Arbeit, in der sich Entwicklungen vollziehen. Stattdessen eine lose Aneinanderreihung von Szenen, plakativ dazu. Als hätte Johann Kresnik seinen ästhetischen Segen geben. Eine solche Szene ist die „Audition“, inspiriert von TV-Castingshows. Die Jury besteht aus Leuten, die ihr menschenverachtendes Rauswinken bei Dieter Bohlen abgeguckt haben – wie die Tänzer ihre schönen Schwünge und leichtfüßigen Richtungswechsel bei der Linke. Wenn die gestylten wie vernetzten Experten über Kunst und Körper schwafeln und sich als tumbe Theoretiker outen, meinen sie mit „BMW“ nicht etwa ihr Auto, sondern fordern „Ballett muss weg“. Als Konsequenz zeigt die nächste Szene geschniegelte Büromenschen, deren rechte Hand auf dem Tisch im Mausklick-Rhythmus zittert. Ihr Tanz ist ein Befreiungsversuch, aus dem – typisch Linke – die Neurosen hervorbrechen, die sich in ihre Körper eingeschrieben haben. Doch sie lassen uns kalt. Denn es geht um eine anonyme Gruppe. Die eindrucksvollsten Momente gehören einem enigmatischen Mädchen in weißem Volantrock, das wie eine Wilis unter den Büroleuten umhergeistert. Allegorie des siechenden Tanzes, trägt es ein Messer bei sich, mit dem es, wie einst Giselle, verstört herumfuchtelt. Es muss verzweifeln, kann es doch niemanden aus der Lethargie rütteln. Mit der stumpfen Wucht der jungen Linke wirft sie sich immer wieder gegen einen Liegenden. Das letzte Ma(h)l“ oder „Die (Ver-)kündigung“ heißt die letzte Szene, die die einzelnen Tische zu einer Tafel arrangiert wie zum biblischen Abendmahl. Ein Geschäftsmann, ein Glas Champagner in der Hand, verkündet dem Ensemble: „Ihr seid frei.“Die Künstler gefrieren zu einem Stilleben. Ein Bild, das Kraft hätte, ließe man es nur wirken. Zu eilig, zu kühl, zu konventionell ziehen die Szenen vorüber und halten den Zuschauer auf Distanz. Während das Programmheft sich wie ein Pamphlet gegen den Kunstbetrieb liest, tut das Stück letztlich niemandem weh. Was bleibt, ist eine schöne Solidaritätsadresse an Hans Kresnik und seine Company. Bettina Trouwborst
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