Mit seinen Zauberern, guten und schlechten Geistern gewinnt zudem
speziell der „King Arthur“ für ein Publikum noch
zusätzliche Attraktivität, das sich wieder sehr für
die Daseinskräfte über und unter dem Menschen zu interessieren
beginnt, die vermeintlich die Geschicke der Erdenbürger mitregieren.
Dass dennoch alles mit einer Prise Ironie gewürzt ist, das
Stück nicht in esoterischen Eskapismus abdriftet, macht es
wiederum auch für abgeklärte Geister verlockend. Am Ende
ist alles eben doch nur Theater. In Münster hat Bühnenbildner
Manfred Kaderk eine Raumgestaltung gefunden, die all diese verschiedenen
Aspekte schlüssig in Übereinstimmung
bringt. Die oft bespöttelte Lampenladenoptik des Münster‘schen
Zuschauerraums findet sich mitsamt einigen Rangelementen auf der
Bühne verdoppelt. In den „falschen“ Sitzreihen
thronen neben richtigen, Zuschauer spielenden Darstellern, leblose
Puppen. Das ermöglicht später, etwa in dem Moment, als
der heidnische Sachsenkönig Oswald vergeblich die Liebe der
allein Arthur zugetanen Emmeline durch ein Theaterstück zu
gewinnen Doch im Verlauf des langen Abends verebben die regielichen Eingebungen von Igor Folwill allmählich bis nur noch eine kreuzbiedere Nacherzählung des Handlungsgerüstes übrigbleibt. Die große Apotheose des Theaters im Finale gerät gar, welch eine Enttäuschung, zur völlig humorfreien fernsehreifen Klamauknummer. Daran dürfte Peter Ruzicka kaum gedacht haben, als er einmal „King Arthur“ als das erste Musical bezeichnete. Auch durch das Fehlen der Tänzer verliert die Produktion beträchtlich. Ein Erzähler (Wendelin Starcke-Brauer), der als Kontaktbrücke zwischen Bühne und Publikum fungiert, klärt anfangs darüber auf, wie das Spiel sich erst im Kopf des Zuschauers durch dessen aktive Fantasiearbeit vervollständige. Damit wird so ganz im Vorbeigehen der für jede Aufführung unerlässliche geistige Mitvollzug des Rezipienten zu einer Legitimation fürs Sparstrumpftheater umgedeutet. Münster gehört zu den Bühnen, die wie jetzt auch Bremen, ihr hauseigenes Solistenensemble auf ein Kleinformat heruntergeschrumpft haben (aktuell sind es in der westfälischen Metropole nur noch acht Sänger), das kaum erlaubt, größere Produktionen aus eigener Kraft zu stemmen. Dahinter steht neben ökonomischen Überlegungen gewiss auch die Absicht, dem Publikum durch die regelmäßige Verpflichtung attraktiver Gastsänger mehr personelle Vielfalt auf der Bühne zu bieten. Ein Konzept, das zum Teil auch aufgeht, denkt man zum Beispiel an die trotz Indisposition beredt singende und impulsiv spielende Isabel Hindersin als Luftgeist Philidel. Nur: Die ästhetischen Spätfolgen, die dem deutschen Musiktheater insgesamt durch den Verlust des Ensembles als der bestmöglichen praktischen Ausbildungsstätte entstehen, sind dabei nicht eingerechnet. Jaap ter Linden, ein Exponent der historisch informierten Aufführungspraxis, gestattet mit den zu Beginn etwas gleichförmig musizierenden Mitgliedern des Sinfonieorchesters Münster seinen Sängern viel Eigenverantwortlichkeit. Der von Peter Heinrich wie stets fundiert vorbereitete Chor nutzt nicht nur den berühmten „Chorus of Cold People“, um mit einer an Zwischentönen sehr differenzierten Farbenskala zu brillieren. Christian Tepe |
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