Anders als in Joseph von Sternbergs berühmter Verfilmung „Der blaue Engel“ (mit Marlene Dietrich als Lola) vermeiden Thoss und sein Dramaturg Stefan Ulrich in ihrem Balletttheater jede Revuehaftigkeit. Sie lenken den Stoff vom mitleiderregenden Untergang des in die „Künstlerin“ Rosa Fröhlich (genannt Lola) verschossenen Gymnasiallehrers zurück auf ein ergreifend schlüssiges Psychogramm des dem Leben feindlich eingestellten und – so Mann – „lächerlichen Scheusals“. Folgerichtig startet das atmosphärisch in der Zeit der Vorlage belassene Stück mit einer imposanten Einführung des penibel-versponnenen und introvertiert-verkrampften Klassenzimmertyrannen. Rücklings, noch ohne musikalische Untermalung, betritt er den Raum, in dem er wenig später zu Witold Lutoslawskis „Konzert für Orchester“ gnadenlos über seine Schüler herrscht – bis er, wenige Drehungen der halben Szenerie und simple Umfunktionierungen der Schulbänke zu Clubsofas weiter (Bühne: Kaspar Zwimpfer), auf jene Frau trifft, die sein Schicksal besiegelt. Subtil choreografiert, werden in den Duetten mit ihr (bei Thoss weniger erotischer Vamp als eine, die einen Verbündeten sucht) seine harten, zackigen Bewegungen weicher, greift er ihre Körperschwingungen auf. Dennoch: Unrat bleibt ein Besessener, eine Figur ohne allzu viele Facetten – vom ersten Schritt an! Gemeinsam eröffnen beide einen Spiel- und Vergnügungssalon. Nun ist es diabolische Rachsucht, die ihn dazu treibt, die eigene Frau zu verschachern. Musikalisch setzt Thoss dafür zwei Kompositionen von John Adams sowie Alban Bergs „Lulu Suite“ ein. Beim ersten Anflug einer intimen Beziehung Rosas zu seinem Ex-Schüler Lohmann würgt Unrat sie zu Tode. Was für eine Rolle! Der Tänzer Sandro Westphal war dafür fast pausenlos im Einsatz. Bravos und lauter, ehrlicher Applaus für das phantastische Ensemble am Schluss. Vesna Mlakar
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