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Rasanter Überflieger

Der Choreograf Alexei Ratmansky im Porträt · Von Gisela Sonnenburg

Alle sind hinter ihm her. Alexei Ratmansky, Jahrgang 1968, ist einer der gefragtesten unter den noch jungen Choreografen. Derzeit pendelt er zwischen New York und Europa, kann aber längst nicht alle Angebote annehmen. 2014 ist für den ehemaligen Bolschoi-Direktor ein „deutsches Jahr“: An gleich drei großen Häusern kreiert er Stücke und studiert sie auch selbst ein.

Alexei Ratmansky. Foto: Sonnenburg

Alexei Ratmansky. Foto: Sonnenburg

Den Anfang machte Berlin. Dort hatte im März unter dem Titel „Ratmansky/Welch“ die Fantasie über ein längst vergessenes klassisch-romantisches Ballett Premiere: „Namouna – Ein großes Divertissement“ mit Musik von Édouard Lalo. Auf eine Anekdote von Giacomo Casanova zurückgehend, erzählte Lalos Ballett ursprünglich die Geschichte der Sklavin Namouna. Sie entgeht nur knapp einer Entführung durch Piraten. Bei Ratmansky ist davon nur der Matrosenanzug der männlichen Hauptperson übrig: Keck und brillant tanzt Rainer Krenstetter den herumstreunenden Abenteurer, der aus dem Reigen der grazilen Damen auswählen kann. Ausschlaggebend für Ratmanskys Wahl des Balletts war die Musik. „Sie hat Humor und Ironie!“, erklärt der Choreograf im Gespräch. Das hat er nun in Tanz umgesetzt.

Bolschoi-Schüler

Zitate aus Klassikern wie „La Bayadère“ und „Raymonda“ sind bei dem unverkennbaren Bolschoi-Zögling Ratmansky keine Seltenheit. Als Kind widmete er sich zunächst der Gymnastik. Mit zehn Jahren wurde er fürs Ballett entdeckt – seither gehört sein Herz dem Tanz. Seine Schritte sind technisch anspruchsvoll, kapriziös im Stil – aber nie unharmonisch oder gar schockierend. „Schönheit ist etwas Wichtiges in meinem Leben“, sagt Ratmansky in hervorragendem Englisch. Er lebt mit seiner Familie in New York. Seine Frau, ehemals Tänzerin, arbeitet manchmal als seine Assistentin, kümmert sich aber vorwiegend um den 16-jährigen Sohn. Wird der auch mal Tänzer? „Nein, er tanzt nicht. Aber er macht Musik, spielt sehr begabt Gitarre!“ Musik: Auch im Ballettsaal ist sie für Ratmansky wichtiger als für andere Tanzschöpfer. Wenn eine temperamentvolle Phrase ihn elektrisiert, ist er nicht mehr zu halten.

Wie ein Hirtenhund

So bei den Proben für „Namouna“. Der Ausdruck ist fröhlich, innerlich angespannt, erwartungsfroh. Sarah Mestrovic, die Berliner Solistin, probt mit Ratmansky. Wie ein Hirtenhund läuft der Choreograf vor ihr hin und her, beobachtet sie von allen Seiten, lässt sie springen, wieder und wieder. Sie muss doppelte Ronds de jambe en l’air vollführen, also den Unterschenkel zweimal im Sprung kreisen lassen. Für Frauen ist das besonders schwierig. Aber Sarah meistert das mit Bravour.

Sobald die Choreografie sitzt, kommt die Feinkorrektur. Ratmansky betont im Singsang den Takt, alles muss rhythmisch exakt sein. Sein Perfektionismus ist sprichwörtlich. Dabei tanzt er auch viel selbst vor, steigt in Turnschuhen auf die Zehenspitzen, um den Spitzentanz der Tänzerin zu imitieren. Manchmal wirft er sich so energiegeladen in die Bewegung, dass man befürchtet, er werde ausrutschen und hinfallen. Aber er landet sicher. Das Virtuose ist sein Element. Ebenso die Rasanz: Manche Tänzer stöhnen. Alexei geht bis an die Grenzen des körperlich Machbaren. In New York hat er für „The Tempest“ (nach Shakespeares „Sturm“) Herman Cornejo als Caliban und Marcelo Gomes als Prospero getriezt. Bis er das Optimale aus ihnen rausholte. Mit Daniil Simkin als rotmähnigem Ariel war das Ballett ein Meilenstein der tänzerischen Shakespeare-Rezeption.

Selbstkritik

Seinen letzten abendfüllenden Coup sieht Ratmansky selbst kritisch: „Lost Illusions“, meint er, sei ihm am Bolschoi zum „Kostümballett“ geraten. Wie Rudolf Nurejew hatte auch Ratmansky einen exaltierten, aber ergiebigen Lehrer. Pjotr Petrov bildete Generationen männlicher Tänzer zu Stars in Moskau aus, so auch Vladimir Malakhov. Ratmansky: „Er war superstreng, und er stotterte. Manchmal war es fast unmöglich zu wissen, was er eigentlich wollte.“ Wer aufmuckte, flog aus dem Ballettsaal. Einmal musste Alexei Ratmansky als Strafe für Schwätzen das Bein seitlich in der Attitüde halten, bis er meinte, es würde ihm abfallen.

Der Lohn der Angstschweißarbeit: Ratmansky machte am Bolschoi eine Senkrechtkarriere, erst als Solist, später dann auch als Choreograf. In den Jahren von 2004 bis 2008 war er Direktor des Bolschoi – und ist auch heute nicht überworfen mit seinen Nachfolgern, nur eben hungrig auf den Rest der Welt. Im Dezember 2014 wird er in München beim Bay erischen Staatsballett „Paquita“ neu kreieren. Im Juni führt das Dresdner Ballett an der Semperoper mit den „Legenden“ seine erste Richard-Strauss-Arbeit auf: die „Tanzsuite“. Sie beruht auf orchestrierten Klavierstücken von François Couperin, zitiert den Barock. Der wird auch in den eleganten Kos-tümen von Yumiko Takeshima angedeutet. Statt Bühnenbild gibt es „Lichträume“. Neun Paare tanzen darin acht Tanzstücke: ein modernes Nummernballett mit barocken Einsprengseln. Das Vertrauen der Dresdner in Ratmansky war übrigens von Anfang an da. Für ihn ist das grundlegend: „Ohne Vertrauen geht nichts!“

Gisela Sonnenburg

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