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Kulturpolitik

Brennpunkte

Zur Situation deutscher Theater und Orchester

Wohl doch kein TV Covid 3.0

Wie im letzten Heft berichtet, hatten im November vergangenen Jahres der Deutsche Bühnenverein (DBV) und die Gewerkschaften DOV, GDBA und VdO in Anbetracht rapide ansteigender Inzidenzen den im Juli 2021 ausgelaufenen TV Covid als Rechtsgrundlage für die Einführung von Kurzarbeit in den Tarifbereichen TVK und NV Bühne an kommunalen Theatern bis zum 31.12.2021 wieder in Kraft gesetzt. Zugleich wurde vereinbart, über eine – gegebenenfalls modifizierte – Fortführung von Kurzarbeitstarifverträgen auch im Jahr 2022 zu verhandeln.

Diese Verhandlungen sind nun in zweiter Runde am 17.02. mit unterschiedlichen Ergebnissen zu Ende gegangen: Während DBV und DOV für die Musikerinnen und Musiker der kommunalen Orchester eine Einigung über eine bis 31.07.2022 geltende Neuauflage der Kurzarbeit erzielen konnten, wurden die Verhandlungen für den Bereich NV Bühne vom DBV mit ebenso fadenscheiniger wie unzutreffender Begründung einseitig abgebrochen: Die NV-Bühne-Gewerkschaften hätten Forderungen gestellt, die nichts mit der Pandemie-Situation zu tun hätten.

In Wirklichkeit hatten GDBA und VdO lediglich eine weitere Schärfung der bereits im bisherigen „TV Covid 2.0“ enthaltenen Regelungen zum Nichtverlängerungsrecht sowie Gastvertragsrecht gefordert und zugleich weitgehende Verhandlungsbereitschaft im Detail signalisiert. Der VdO ging es dabei insbesondere darum, gastspielverpflichteten Künstlerinnen und Künstlern im Falle coronabedingten Ausfalls von Vorstellungen dann ein Ausfallhonorar zu sichern, wenn sie nicht in die Kurzarbeit einbezogen werden können. In Anbetracht einerseits der teilweise ans Sittenwidrige grenzenden Vertragspraxis mancher Häuser, durch die das Betriebsrisiko weitgehend auf die engagierten Gäste verschoben wird, andererseits des Umstandes, dass diese Personen in aller Regel als abhängig Beschäftigte anzusehen sind, denen die staatlichen Corona-Hilfen für Solo-Selbständige nicht zugänglich sind, sollte dies eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. In der insoweit vergleichbaren Film- und Fernsehbranche ist es das seit vielen Jahren.

Richtig ist zwar, dass beides – Nichtverlängerungsrecht und Gastvertragsrecht – generell auch Themen von Manteltarifverhandlungen sind; mit den konkreten aktuellen Forderungen im Rahmen der pandemiebedingten Rechtsetzung hat dies jedoch nichts zu tun. Dann hätte man auch keinen Ausschluss von betriebsbedingten Kündigungen/Nichtverlängerungen vereinbaren dürfen.

Soweit der DBV nicht – wie von den Gewerkschaften ausdrücklich angeboten – kurzfristig an den (virtuellen) Verhandlungstisch zurückkehrt, wird es also auf der Bühne keine weitere tariflich geregelte Kurzarbeit geben. Das bedeutet jedoch nicht, dass nicht einzelne Arbeitgeber versuchen werden, diese durch die Hintertür einzuführen. Hierfür erscheinen insbesondere zwei Wege denkbar:

In privatrechtlich organisierten Häusern, die dem Betriebsverfassungsrecht unterliegen, können grundsätzlich auch ohne ausdrückliche tarifvertragliche Grundlage Betriebsvereinbarungen zur Kurzarbeit abgeschlossen werden, sofern die Betriebsräte mitspielen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass jedenfalls für unmittelbar tarifgebundene Beschäftigte, also Mitglieder der einschlägigen Gewerkschaften, ein Schlechterstellungsverbot gegenüber dem höherrangigen Tarifrecht besteht. Das heißt, dass insbesondere in die tariflich abgesicherten Vergütungsansprüche nur insoweit eingegriffen werden darf, als dadurch die einzelnen Beschäftigten in einer Gesamtschau der Regelung nicht benachteiligt werden. Letzteres wäre aber – etwa wegen der steuerlichen Belastung – selbst bei einer Aufstockung des Kurzarbeitergeldes auf 100% in der Regel der Fall.

Gleiches gilt für die zweite Möglichkeit, die individuelle Arbeitsvertragsänderung/-ergänzung, als einfaches Angebot oder gar im Wege der Änderungskündigung. Eine solche Vertragsänderung wäre, selbst bei beiderseitiger Unterschrift, unwirksam, sobald sie das vorstehend beschriebene Günstigkeitsprinzip verletzte. Dies hätte zur Folge, dass ein etwaiger Antrag des Arbeitgebers auf Zahlung von Kurzarbeitergeld rechtswidrig, im Falle des auch nur bedingten Vorsatzes sogar strafbar wäre. Dessen sollten sich alle Theaterleitungen, die mit solchen Gedanken spielen, bewusst sein.

Bleibt also abschließend zu hoffen, dass die Theater die Rest-Pandemie auch ohne Kurzarbeit unbeschadet überstehen. Sollte dem nicht so sein, ist die VdO jederzeit zum Abschluss eines Kurzarbeits-Tarifvertrages bereit, der neben den bisherigen Vereinbarungen einen lückenlosen Mindestschutz der für das Theater so wichtigen Gastkünstlerinnen und -künstler beinhaltet.

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