Zur Startseite


 

 
Zur Startseite von Oper & Tanz
Aktuelles Heft
Archiv & Suche
Stellenmarkt
Oper & Tanz abonnieren
Ihr Kontakt zu Oper und Tanz
Kontakt aufnehmen
Impressum
Datenschutzerklärung

Website der VdO


Hintergrund

Mit der Bewegung singen

Ein Gespräch mit Filmemacher Florian Heinzen-Ziob, Sangeun Lee,
Julian Amir Lacey und Francesco Pio Ricci

O&T: Haben Sie sich als Ballettomane auf das Projekt gestürzt?

Florian Heinzen-Ziob: Ich war als Dokumentarfilmer bis vor vier Jahren nicht „tanz-affin“. Beim Besuch in Wuppertal für einen Kurzbericht über das Archiv der „Pina Bausch Foundation“ erfuhr ich von der „Iphigenie“-Einstudierung im Ballett der Dresdner Semperoper und dem „Sacre“-Projekt an der École des Sables im Senegal – und plötzlich war die Idee eines abendfüllenden Dokumentarfilms mit Parallel-Montage in meinem Kopf. Dann folgten Finanzierungsverhandlungen, viel Unterstützung von allen beteiligten Institutionen – und erfreulicherweise konnten wir so jeweils lange vor Ort, dem jeweiligen Vorhaben nahe sein…

O&T: Also nicht nur etwas gekonnt abfilmen?

Film-Still aus „Iphigenie“

Film-Still aus „Iphigenie“

Heinzen-Ziob: Wir wurden sozusagen zu „teilnehmenden Filmemacher/-innen“, wir konnten etwas wachsen sehen und haben uns mit der Frage beschäftigt: Wie bewahre ich ein so wichtiges künstlerisches Erbe wie das von Pina Bausch, wenn es so flüchtig ist wie der Tanz? Es kann nur lebendig gehalten werden, indem es von Generation zu Generation, von Körper zu Körper, von Mensch zu Mensch weitergegeben wird. Wie verändert dieser Prozess nicht nur das Werk, sondern auch die Tänzer/-innen?

O&T: An die Darstellerinnen und Darsteller: Was war die Begegnung mit einer Pina-Arbeit für Sie?

Sangeun Lee: Ich habe in meiner Heimat Seoul ein Pina-Gastspiel erlebt – unvergesslich! Als das in Dresden anstand, wollte ich unbedingt dabei sein. Ein Traum ging in Erfüllung, auch wenn ich „umlernen“ musste: Plötzlich war meine Größe kein Problem mehr; ich sollte mich selbst annehmen und über die Bewegung hinaus eben das Gefühl erleben und erlebbar machen…
Julian Amir Lacey: Ich war früher sehr konkurrenzorientiert: höher springen, eleganter wirken. Jetzt kam die alles umfassende Veränderung: Sei du selbst! Bring deine eigene Erfahrung mit ein! Achte nicht nur auf Perfektion! Ganz wichtig: Sing mit der Bewegung! Und das wirkt seither in mir weiter.

Francesco Pio Ricci: Das war ganz zentral, eben eine Tanz-Oper: statt wie sonst stumm, hatten wir hier plötzlich Gesangsstimmen – das war eine große Unterstützung! Der Rollenzugang war anders. Ich sollte denken und fühlen, wenn ich tanze.

O&T: Da waren die reifen Mitglieder des originalen Bausch-Tanztheaters, die diese Rollen selbst mit Pina erarbeitet hatten und sie mit Ihnen einstudierten, eine besondere Hilfe?

Lee: Wir alle verstanden, dass jede Verbesserung oder Kritik uns dem Original näherbringen sollte. Immer wieder schien diese Suche Pinas durch: dass wir zwar wir selbst sein, aber eben doch diese besondere Expression finden sollten.

Heinzen-Ziob: Gerade deshalb haben wir diese kleinen und feinen Korrektur-Gespräche im Film gelassen – um ein bisschen nachvollziehbar zu machen, was und wie Pina aus ihren Tänzerinnen und Tänzern etwas herausgeholt hat.

O&T: War es andererseits befremdlich oder störend, im Probenprozess gefilmt zu werden?

Heinzen-Ziob: Wir bekamen sowohl in den verspiegelten Probenräumen als auch auf den Bühnen einen festen Platz zugewiesen. Mein seit Jahren mit mir arbeitender Kameramann Enno Endlicher hat dann mit einer feststehenden Kamera gearbeitet: wenn der Tanz schon Bewegung bringt, muss nicht noch die Kamera… und die Statements der Tänzerinnen und Tänzer bringen zusätzliche Ruhepunkte ins Bild. In der senegalesischen „Salle Henriette“ konnten wir die unterschiedlichen Herkünfte – von Madagaskar bis Togo, von Südafrika bis Senegal – und ihren tänzerischen Hintergrund – vom Straßentanz bis zu rituellen Tänzen – beobachten.

O&T: Ihr Film ist ja auch ein Dokument unserer Phase „Kunst und Covid“…

Ricci: Ja, wir konnten unsere Dresdner Premiere tanzen…
Heinzen: …während wir dokumentieren, was der Covid-Shutdown verhindert hat.

O&T: In der Filmkritik betonen wir, dass Ihr Film einen unvergesslichen Schluss hat – dafür und für alle Eindrücke ein Dankeschön!

Beatrix Leser und Wolf-Dieter Peter

 

 

startseite aktuelle ausgabe archiv/suche abo-service kontakt zurück top

© by Oper & Tanz 2000 ff. webgestaltung: ConBrio Verlagsgesellschaft & Martin Hufner