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Hintergrund

Ein tänzerisches „Dennoch“

Der Film „Dancing Pina“

„Tanzt! Tanzt! Sonst sind wir verloren!“, heißt es in Wim Wenders eindringlicher Film-Hommage an Pina Bausch. Ihr ungebrochener Weltruhm auch nach zehn Jahren war für die „Pina Bausch Foundation“ ein Anstoß, zusammen mit vielen Partnern ein neues Projekt zu ermöglichen: In einem Film vereint finden sich Florian Heinzen-Ziobs Montage der „Iphigenie“-Produktion an der Dresdner Semperoper sowie das „Sacre du Printemps“-Projekt der École-de-Sables nahe Dakar im Senegal.

Film-Still aus „Sacre du Printemps“

Film-Still aus „Sacre du Printemps“

Im direkten Einstieg in die Dresdner Proben wie dem schnellen Wechsel in die nur Stoff-Sonnendach-geschützte „Salle Henriette“ in der senegalesischen Dünenlandschaft wären Namensbauchbinden hilfreich: Ballettomanen erkennen Malou Airaudo, Jo Ann Endicott oder Dominique Mercy, die als ehemalige Solisten nun die oft kleinteilige, aber möglichst intensive „Weitergabe“ betreuen. In Dresden konzentriert sich Regisseur Heinzen auf die hochgewachsene Koreanerin Sangeun Lee. Nachvollziehbar wird ihr stilles, kämpferisches Bemühen, sich zu öffnen und ihre eigene Emotion in die Bewegung zu legen – und am Ende sind sie dann da: die weit schwingenden Bögen ihrer langen Arme, das Wehen ihrer schulterlangen dunklen Haare – und diese expressive Mischung aus Lamento und Sehnsucht um die Tantaliden-Tochter stellt sich ein: entrücktes Kindopfer, verpflanzte Waise, keusche Priesterin, hoffnungsvolle Schwester. Um den Orest von Francesco Pio Ricci und den Pylades von Julian Amir Lacey und ihr mal kraftvoll, mal weich fließendes Umkreisen des tödlichen Abgrunds in der Bühnenmitte werden Zweifel, Abenteuer und Bewährung deutlich.

Die filmisch schnellen Wechsel und damit der Kontrast zur „Sacre“-Adaption im Senegal sind höchst reizvoll: Da wird ja nicht „kolonialistisch“ an irgendwelche Stammes-Rituale angeknüpft. Vielmehr werden 37 Tänzerinnen und Tänzer aus 13 afrikanischen Regionen und Staaten geduldig, aber dennoch unnachgiebig zielorientiert an Pinas Stil und Sicht herangeführt: Bewegungen wie Buchstaben erfassen und daraus eine neue, andere Sprache lernen; ihr divergierendes Bemühen und Ringen durch die Herkunft aus ganz unterschiedlichen Tanzwelten – und nach den schweißtreibenden Proben ein „Das war nicht das Stück“ am Ende des ersten Durchlaufs. Als Endicott trotz aller Erschöpfung sofort anschließend einen zweiten Durchlauf anordnet, stellt sich „Gelingen“ ein.

Der Schlussteil des Films ist dann eine große, bedeutende Dokumentation: Der im März 2020 vom senegalesischen Präsidenten verordnete Covid-Shutdown verhindert die wenige Tage später angesetzte Premiere in Dakar. Die Schließung der meisten europäischen Länder hat auch den Ausfall der schon längst fixierten Gastspiele in London oder Paris zur Folge: anrührend stille Leere in den Gesichtern. Es folgt ein überwältigendes Film-Finale: ein tänzerisches „Dennoch“ – Ausschnitte einer singulären „Sacre“-Aufführung des „École des Sables“-Ensembles nahe Dakar, die jedem kunst- und theateraffinen Menschen unvergesslich bleiben wird – mehr sei nicht verraten. Über den Erfolg beim Münchner Dok-Filmfest hinaus: Trotz damaliger und auch derzeitiger Reiseprobleme des Ensembles hat jetzt die Aufführungsserie via Madrid und London begonnen… Der Film kommt ab 15. September in die deutschen Kinos.

  • Mehr Infos und Termine: https://mindjazz- pictures.de/filme/dancing-pina/

Beatrix Leser und Wolf-Dieter Peter

 

 

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