In vielen Farben und Facetten schillert die Musik von Cong Su, der nicht umsonst als Komponist der Filmmusik zu Der letzte Kaiser bekannt wurde. Da verbindet sich die live spielende Badische Staatskapelle in Kammerbesetzung mit Computerklängen, farbig klingelt das Schlagzeug, amerikanisch getönter Folk untermalt den Siegeszug der Technik. Die Natur singt dagegen Elegien in chinesischer Melodik, was den Kontrast zu den Rock- und Popanklängen der personifizierten Technik unterstreicht. Atonale Dissonanzen markieren die Entfremdung von der Natur. Unter der Leitung von Johannes Willig behält die Musik ihren Filmcharakter: stets präsent, aber nie im Vordergrund. Da Videoprojektionen allein Olaf Schmidt und Cong Su nicht ausreichten, den zunehmenden Einfluss der Technik auf Natur und Mensch zu zeigen, hat das Duo diese Konstellation in Personen auf die Bühne gestellt. Klaus Seiffert verkörpert die Technik als schmierigen Taschenspieler, der die Menschen mit Tricks verführt. Clara OBrien, als Mutter Natur nach dem Triumphzug der Technik schwer gealtert, singt ihren Part mit vollem, warmem Mezzosopran und bewahrt das eigens für die Texte der Natur erfundene Esperanto vor der Peinlichkeit. Dass die Natur vor den Karren der Technik gespannt wird, also Clara OBrien ihren Kollegen in der Rikscha über die Bühne zieht, wirkt allzu dick aufgetragen. Um auch die Schauspielkunst in das Werk zu integrieren, stellt Rosalinde Renn die Wissenschaft dar. Sie sitzt also im weißen Kittel am Rand der Spielfläche, murmelt kryptische Worte in ihren PC und darf gelegentlich kleine Experimente mit dem Ballettensemble veranstalten. Das tanzt sich durch eineinhalb Stunden ohne Handlung, ohne Identifikationsfigur, ohne mitreißende Emotionen. Zwar bleibt dem Publikum auf diese Weise der Keulentanz der Neandertaler erspart, aber ob das Ensemble gerade in der Vergangenheit oder in der Zukunft tanzt, ist schwer zu erkennen. Genau genommen weiß der Zuschauer nicht einmal mit Sicherheit, ob da die Menschheit tanzt oder die Moleküle. Neben netten Einfällen wie der Verblödung zappender Fernsehkonsumenten stehen viele Längen, die auch nicht unterhaltsamer werden, wenn die Tänzerinnen und Tänzer fleißig Kulissen schieben. Immerhin können sich Ballettomanen an der modernen, fantasievoll-ästhetischen Tanzsprache Olaf Schmidts erfreuen, die das Ballettensemble sehr gekonnt in einen Wirbel aus geschmeidigen, fließenden Bewegungen umsetzt. Dass sich all die disparaten Teile nicht zu einem organischen Ganzen fügen, dass vieles zu gewollt wirkt und sich beim besten Willen keine Spannung einstellt, liegt am Thema. Soviel Abstraktion eignet sich für Vorträge, Diskussionen oder Dokumentationen, aber nicht für das Theater. Dem Uraufführungsjubel tat das bei der Premiere keinen Abbruch.
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