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Unternehmen TheaterStrukturänderungen beim Theater Regensburg Mit Beginn der Spielzeit 1999/2000 wurde das Regensburger Theater 
              vom städtischen Regiebetrieb in ein selbstständiges Kommunalunternehmen 
              umgewandelt. Ein Wirtschaftsprüfer war vorher mit der Erstellung 
              eines Gutachtens Reorganisation der Städtischen Bühnen 
              Regensburg beauftragt worden. Nach eingehender Beratung erschien 
              die strukturelle Veränderung sowohl den Verantwortlichen der 
              Stadt Regensburg als auch der Theaterleitung als vorteilhaft. Über 
              die Beweggründe und die Erfahrungen am Ende der Spielzeit sprach 
              Barbara Haack für Oper & Tanz mit der Intendantin 
              des Theaters, Marietheres List, und dem Kaufmännischen Direktor, 
              Holger von Berg.  O&T: Wie kam es zu der Strukturänderung im vergangenen 
              Jahr?  
              List: Es war ein Vorschlag der Stadt. Das Theater Regensburg 
                war vorher ein Regiebetrieb. Ich hatte die künstlerische 
                Leitung und war auch für die Finanzen verantwortlich. Jetzt 
                sind wir zwei Geschäftsführer in gleichwertiger Position. 
                Herr von Berg ist kaufmännischer, ich bin künstlerischer 
                Vorstand. Wir sprechen uns, wenn es um Gagen, Engagements und 
                andere finanzielle Entscheidungen geht, immer ab.  O&T: Was ist an dieser Lösung günstiger als 
              vorher?  
               List: Wir sind jetzt ein kommunaler Eigenbetrieb, nicht 
                mehr Amt 42 wie früher. Wir sind ein eigenständiges 
                Unternehmen, eine Tochtergesellschaft der Stadt. Die Stadt finanziert 
                uns, aber wir haben die Auflage, möglichst viele Zuschüsse 
                einzuspielen. Das ist uns auch gelungen. Das Einspielergebnis 
                hat sich erhöht.  O&T: Wie erklären Sie sich das?  
               List: Ich erkläre mir das unter anderem durch die 
                neue Spielstätte, durch das Velodrom. Wir haben Marketing 
                betrieben und die Verwaltung ganz neu konstruiert. Wir haben eine 
                Dame für Öffentlichkeitsarbeit, und wir wollen in dieser 
                Richtung noch einiges verbessern, das Marketing-Management noch 
                mehr ausbauen.  von Berg: Die Stadt Regensburg musste sich in den 90er- 
                Jahren entscheiden, wie es mit dem Theater weitergeht, weil das 
                alte Gebäude absolut baufällig war und die Betriebsgenehmigung 
                von Seiten des Bauordnungsamtes und der Feuerwehr entzogen worden 
                wäre. So eine Investition wie die Sanierung des Theaters 
                kostet 50 Millionen Mark und ist natürlich für eine 
                Stadt wie Regensburg ein ganz dicker Brocken. Deshalb haben sich 
                nach den Kommunalwahlen das Stadtparlament und der Oberbürgermeister 
                Hans Schaidinger dafür entschieden, eine Zukunftssicherung 
                des Theaters zu betreiben. Sie haben zwei Entscheidungen getroffen. 
                Die erste war die, das Theater zu sanieren, mit einem Aufwand 
                von 50 Millionen Mark zuzüglich 3,4 Millionen für den 
                ganzen Ausweichspielbetrieb. Da auch Zuschüsse vom Freistaat 
                und von den Bezirken daranhängen, ist eine Bestandsgarantie 
                von 35 Jahren für das Theater damit verbunden. Das heißt, 
                die nächsten 35 Jahre muss dieses Theater als Theater genutzt 
                werden.  O&T: Und wie war der Weg zu der strukturellen Umwandlung?  
              von Berg: Die zweite Entscheidung war: Um den Theaterbetrieb 
                für die Zukunft wirtschaftlich zu sichern, war man der Ansicht, 
                dass die bisherige Rechtsform, also das Führen des Theaters 
                als Regiebetrieb mit den ganzen Problemen der Kommunalverfassung, 
                der kommunalen Haushaltsordnung, der Einbindung in eine Verwaltung, 
                die nicht für einen Theaterbetrieb konzipiert ist, nicht 
                mehr zeitgemäß sei. Es gab drei mögliche Modelle: 
                entweder macht man aus dem Theater eine privatwirtschaftliche 
                GmbH, man bildet einen Eigenbetrieb der Stadt oder, und das geht 
                nur in Bayern, man macht ein Kommunalunternehmen daraus. Das Kommunalunternehmen 
                ist eine Verschmelzung von beidem, nämlich nach innen, in 
                Bezug auf die ökonomischen und finanziellen Vorgänge, 
                gewissermaßen eine GmbH. Sie haben ein kaufmännisches 
                Rechnungswesen, Sie müssen eine Bilanz erstellen, Sie müssen 
                eine Inventur machen, Sie müssen nach den Grundsätzen 
                der Kaufleute wirtschaften. Nach außen steht die Stadt Regensburg 
                als Gewährträger hinter dem Theater. Sollte also mit 
                dem Theater etwas schief laufen, zum Beispiel massig Schulden 
                auflaufen, muss sich keiner sorgen, dass er sein Geld nicht bekommt.  O&T: Haben sich die öffentlichen Zuschüsse 
              verändert?  
               von Berg: Die öffentliche Bezuschussung  das 
                wurde vorher abgeklärt  ist quasi auf dem alten Stand 
                geblieben. Das heißt, es gibt nach wie vor einen Zuschuss 
                des Freistaates Bayern. Der liegt schon seit Jahren bei sechs 
                bis sieben Millionen Mark; das ist die eine Säule der Finanzierung. 
                Die zweite Säule ist ein Zuschuss der Stadt Regensburg. Der 
                ist festgelegt auf 15,6 Millionen zuzüglich der tariflichen 
                Erhöhungen ab dem Jahr 2000. Das heißt, dass die Kosten 
                und Probleme, die auf viele andere Theater zukommen aufgrund der 
                Tariferhöhungen, von der Stadt Regensburg getragen werden. 
               O&T: Seitdem das neue Modell in Kraft ist?  
               List: Immer schon. Aber das hätte sie mit dem neuen 
                Modell nicht mehr fortführen müssen.  von Berg: Wir haben mit der Stadt Regensburg einen Vertrag 
                über die Gewährung der Zuschüsse bis 2004 geschlossen 
                und damit auch eine Planungssicherheit. Die dritte Säule 
                der Finanzierung sind die Eigeneinnahmen des Theaters. Die konnten 
                wir in den letzten Jahren schon erheblich steigern.  List: Ich glaube, dass ein ganz wesentlicher Punkt die 
                Verbesserung des Services an der Kasse ist. Außerdem haben 
                wir 100 Plätze mehr im Velodrom, als wir im Theater hatten. 
                Wir haben auch eine Vielzahl von Abonnenten hinzugewonnen, seit 
                wir diese Ausweichspielstätte haben.  O&T: Die sich angezogen fühlen durch das neue 
              Gebäude?  
              List: Vielleicht hat es auch etwas mit dem Spielplan zu 
                tun oder mit dem Status des Theaters in der Stadt. Es wird verschiedene 
                Gründe haben. Wir verzeichnen auf jeden Fall eine Erhöhung 
                der Abonnentenzahl.  von Berg: Das ist ein ganzes Bündel. Das Velodrom 
                ist als Ausweichspielstätte sehr attraktiv, und die Regensburger 
                mögen das Gebäude schon seit Jahren. Der Spielplan war 
                auch sehr publikumsfreundlich. Wir konnten die Auslastung, die 
                vor vier Jahren bei 68 Prozent lag, auf über 80 Prozent steigern, 
                von 115.000 auf über 150.000 Besucher.  O&T: Haben Sie dadurch, dass Sie jetzt freier agieren 
              können, privatwirtschaftlich agieren müssen, auch mehr 
              Möglichkeiten, diese Dinge positiv zu verändern?  
               List: Freilich. Finanziell ist es sehr viel günstiger, 
                weil man verschiedene Positionen auswechseln kann. Man ist sehr 
                viel flexibler im Finanzieren von bestimmten Dingen oder Investitionen. 
                Wir sind für das Geld, das uns zur Verfügung gestellt 
                wird, voll verantwortlich. Wie wir das einsetzen, diese Entscheidung 
                wurde uns übertragen.  von Berg: Früher lief alles über die kommunale 
                Haushaltsordnung. Wenn Sie früher eine Anschaffung machen 
                mussten, zum Beispiel einen neuen LKW, dann musste der drei Jahre 
                vorher beantragt werden. Dann musste das ausgeschrieben werden. 
                In dem Moment, in dem der LKW gekommen ist, war es schon das uralte 
                Modell. Das mag beim LKW noch gehen, aber stellen Sie sich das 
                heute bei einem Computer vor. Ein weiterer Punkt ist, dass die Verwaltung des Theaters absolut 
                eingebunden war in die städtischen Verwaltungsstrukturen. 
                Die mögen nun als Einwohnermeldeamt vortrefflich sein...
  List: Die Mitarbeiter waren von der Stadt. Wenn eine 
                Stelle frei wurde, wurde sie neu besetzt aus irgendeinem Amt, 
                wo jemand ans Theater wechseln wollte. Es war in der Verwaltung 
                niemand, der direkt vom Theater gekommen wäre.  von Berg: Die Personalabwicklung zum Beispiel hat das 
                Personalamt gemacht. Für bestimmte finanzielle Dinge war 
                die Stadtkämmerei zuständig. Für EDV-Sachen war 
                das Organisationsamt zuständig. Für Versicherungen war 
                das Rechtsamt zuständig. Und jetzt haben wir diese Funktionen 
                hier ins Haus geholt, das heißt es machen eigene Mitarbeiter, 
                was natürlich für die Mitarbeiter auch den Vorteil von 
                kurzen Wegen und ständigen Ansprechpartnern hat. Es gibt einen weiteren Punkt: Im Rahmen der Kameralistik ist es 
                systembedingt, dass ich quasi Ressourcen zur Verfügung stelle 
                für ein Ereignis, das irgendwann mal eintreten wird. Das 
                weiß ich aber nie, ob es auch wirklich eintreten wird. Im 
                Rahmen von Investitionen treffe ich eine fianzielle Entscheidung 
                und schreibe es im Nachhinein ab. Da ist natürlich ein ganz 
                anderes Denken dahinter und für das Theater ein ganz anderes 
                Arbeiten und führt dazu, dass zeitnahe betriebswirtschaftliche 
                Informationen vorliegen.
 O&T: Umstruktierungen und Überlegungen zur Wirtschaftlichkeit 
              haben oft auch Personalabbau zur Folge. War dies in Regensburg auch 
              der Fall?  
               List: Nein. Weder im künstlerischen noch im Verwaltungsbereich.von Berg: Wir haben eher Stellen von der Stadt integriert. Es 
                gab eine Vereinbarung zwischen dem Personalrat, der Theaterleitung 
                und der Stadt Regensburg. Man hat gesagt, dass alles das, was 
                bei den Städtischen Bühnen Fakt war: sämtliche 
                Gesetze, sämtliche Tarifverträge, sämtliche Dienstanweisungen 
                auch für das Kommunalunternehmen gelten. Das heißt, 
                auf der Ebene hat sich für die Beschäftigten überhaupt 
                nichts verändert. Was jetzt unter betriebswirtschaftlichen 
                Gesichtspunkten erfolgt ist, ist eine Prozessoptimierung. Im Bereich 
                der Disposition wird geguckt, wie wir die Ressourcen verteilen, 
                die im Haus vorhanden sind, so dass wir ein maximales Ergebnis 
                erzielen können. Das hat dazu geführt, dass wir unsere 
                Vorstellungsanzahl von 380 auf zirca 500 erhöht haben.
 O&T: Im Einvernehmen mit dem Personalrat?  
              von Berg: Das ist nicht die Frage des Einvernehmens des 
                Personalrats, sondern es ist die Frage, welche tarifvertraglichen 
                Möglichkeiten wir haben, wie wir sie ausnutzen und wie wir 
                das Ganze verzahnen, so dass es aufgeht. Das ist schon ein Punkt, 
                wo das Personal, gerade weil es die alten Verhältnisse von 
                früher kennt, nicht so ganz glücklich ist.  List: Und über die Mehrbelastung..  O&T: Die sich aber im Rahmen des Tarifvertrags bewegt?  
               von Berg: Natürlich. Wir hatten Riesenärger 
                mit dem Bayerischen Rechnungshof, weil es früher so war, 
                dass das Orchester, das tarifvertraglich acht Dienste pro Woche 
                leisten muss, im Durchschnitt mal auf vier- einhalb, mal auf fünf 
                Dienste gekommen ist. Unsere Planung sieht jetzt vor, dass sie 
                im Durchschnitt ihre sieben oder acht Dienste machen. Über 
                die acht kommen wir nicht hinaus. Dies sind Dinge, die wir geändert 
                haben: Wir halten das Personal vor, wir halten die Ressourcen 
                vor, und die werden wir auch beschäftigen und nutzen.  List: Bei den Künstlern war es halt so: Früher 
                kamen die zu mir und haben gefragt: Kann ich 200 Mark mehr Gage 
                haben? Da habe ich gesagt: Ja oder Nein. Und das findet jetzt 
                erst nach Rücksprache oder in einem gemeinsamen Gespräch 
                mit Herrn Von Berg statt. Es geht nicht mehr so spontan, wie es 
                früher gegangen ist.  O&T: Wie sind Ihre praktischen Erfahrungen nach der 
              ersten Spielzeit? Gab es Anfangsschwierigkeiten?   
              List: Es gab massiven Widerstand vom Personalrat gegen 
                manche Neuerungen. Ein Umgewöhnungsprozess war es schon für 
                verschiedene Leute.  von Berg: Es ist etwas Neues  es gibt neue Strukturen. 
                Es funktioniert auch nicht gleich alles. Früher war alles 
                in städtischen Gremien geregelt. Wenn Sie das und jenes brauchten, 
                dann wussten Sie, wo Sie hingehen. Die bei der Stadt waren vielleicht 
                auch froh, dass sie einen Arbeitsbereich weniger hatten. Da kam 
                dann auch die Auskunft: Wir sind nicht mehr zuständig. 
                Es war aber inzwischen noch nicht völlig die Zuständigkeit 
                hier im Haus geklärt. Das führte in den Anfangszeiten 
                schon zu Irritationen, die aber in weiten Teilen jetzt bereinigt 
                sind. Es gibt immer noch Dinge, die zu regeln sind. Neben der 
                Umwandlung musste ja auch der normale Betrieb bewältigt werden. 
                Aber ich denke, wir sind auf einem guten Weg.    |