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Die Kraft der Musik

„Lohengrin“ in Chemnitz · Von Marie-Louise Gilles

Die Neuproduktion eines bekannten und beliebten Werkes des Musiktheaters stellt die Theaterleitung vor die Frage: Spielen wir das Stück und ziehen uns damit den Spott der übersättigten Sensationshungrigen zu oder folgen wir dem Trend der Zeit und dekonstruieren das Stück zu Fetzen mit Nazi-Mänteln für die Politologen, mit Unbehaustheits-Koffern für die Soziologen, Müll für die Ökologen, mit ekelhaften Traum-Assoziationen für die Psychologen und unverständlichen Sex-Symbolen für die Ethnologen? Dabei beinhaltet der „Lohengrin“ Mythos und Geschichte, Märchen und Tragödie, also Stoff genug, um das Publikum zu fesseln, genauso wie es durch die Kraft der Musik seit der Uraufführung durch Franz Lizst in Weimar geschieht. Und so auch jetzt bei der Lohengrin-Premiere in der Oper Chemnitz.

 
John Charles Pierce (Lohengrin), Astrid Weber (Elsa). Foto: Dieter Wuschanski,
 

John Charles Pierce (Lohengrin), Astrid Weber (Elsa). Foto: Dieter Wuschanski,

 

Die Robert-Schumann-Philharmonie unter der Leitung ihres GMD Niksa Bareza zauberte die blau-silberne Vision der Grals-Welt mit filigraner Zartheit und farbenreich, sei es schwelgerisch beim Brautgemach oder beim martialischen Donner der kriegerischen Szene oder beim Fest der Trompeten des außergewöhnlichen „Weckrufs“. Das Orchester und sein erfahrener Chef tragen die Musik und die Sänger, er hetzt sie nicht wie viele junge Pult-Technokraten.

Der bewährte Meister Reinhard Zimmermann baute ein praktikables Bühnenbild, das reiche Staffelungen und Gänge erlaubt, an denen die Spannungsverhältnisse der Figuren abzulesen sind. Die Kostüme von Elke Eckardt deuten ein morbid-bürgerliches 19. Jahrhundert an, denn die Farben Schwarz und Lila legen Trauer über die Gesellschaft. Lohengrins Silbermantel, der weiß-silbern verpuppte Gottfried-Schwan und Elsas wunderbares Spitzengewand zur Hochzeit sind die einzigen Farbtupfer, während der waldmeistergrüngrundige Rosentapeten-Schleier und das Brautbett mit Rosenblättern bestreut wohl ein augenzwinkernder Tribut an die Übersüße des Brautchores sind. Regisseur Michael Heinicke formte aus dem Ensemble intelligenter Sängerdarsteller Charaktere, die mit sorgsamer Pädagogik aus den Fähigkeiten der Mitwirkenden entwickelt wurden.

Gudjon Oskarsson, König Heinrich, ist ein Volkskönig, dem die Realitäten der bevorstehenden Hunnenschlacht mehr am Herzen liegen als die Seelenqualen eines Herzogstöchterleins. Er singt mit prachtvollem Bass, von der Tiefe gleichmäßig wohlklingend bis in die Höhen.

Lohengrin in Gestalt von John Charles Pierce, jeder Zoll ein uneinnehmbarer Gotteskrieger, erfahrener Heldentenor, tut sich schwer mit Zärtlichkeiten und der hohen Lage der Partie. Immer wieder aber singt er Phrasen mit der außergewöhnlichen Schönheit seines Timbres. Astrid Weber ist eine moderne Sing-Darstellerin von perfekter Körper- und Stimmbeherrschung. Von der sehnsuchtsvollen Pantomime im Vorspiel über die unterschiedlichen Situationen von Freud und Leid ihres kurzen Lebens bis zum verzweiflungsvollen Wahnsinns-Ende zeigt ihre Elas mit tadellos geführter Stimme und geschmeidiger Körpersprache Richard Wagners träumerisches „Weib“, das für die Erlösung des Mannes in den Tod geht.

Hannu Niemelä als Friedrich von Telramund ist ein hinreißendes Ereignis. Glatzkopf, tiefer Brustausschnitt, Springerstiefel und schnelle, hellwache Bewegungen weisen ihn als Meister in Kampfsportarten aus. Die Darstellung dieses spannungsreichen Charakters ist ein Bravourstück für einen intelligenten Heldenbariton. Wenn man ihm zuschaut , vergisst man alles Getöne ringsum. In vollem Besitz seines solide geschulten Stimmorgans meistert Hannu Niemelä die Anstrengungen der Partie, gestaltet sie farbenreich und wohlklingend. Wenn er erschlagen ist, verliert die Vorstellung an Spannung und der Schluss mit Klein-Gottfried als Zukunftslösung ist unbefriedigend.

Nur eine Figur könnte einen Weg weisen: Ortrud, von Richard Wagner als Hass-Figur seiner Angst vor der starken Frau gestaltet. Es ist eine Freude, eine attraktive, charmante Yumi Koyama als Ortrud zu erleben, die auch die athletischen Stellen ihrer Partie mit ihrer Willenskraft so bändigt, dass sie völlig selbstverständlich klingen. Perfekt ist ihre Diktion.

Dietrich Greve als Heerrufer brachte mit gut fokussierter Stimme, gekonnter Diktion und dienstlichem Eifer beim Verlesen der Erlasse, bei denen er sich manchmal durch ein Schlückchen Zielwasser stärken musste, eine humorige Note ins männliche Macht-Getöse und die prächtig singenden Chor-Kollegen der Opern Leipzig, Dresden, Kassel und Berlin genossen offensichtlich den Betriebsausflug als Meistersinger in Uniform. Die brabantischen Edlen agierten und sangen engagiert und die vier Edelfrauen bildeten ein im Klang delikates Quartett.

Fazit: Hingehen, hinhören, hinschauen, nachdenken! Lohengrin ist und bleibt ein Wunder!

Marie-Louise Gilles

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