Aber auch ohne Elite-Gäste muss er hart kalkulieren. Denn Conn sieht sich nicht als Choreograf, muss dennoch mit demselben Budget auskommen wie seine Modern-Dance-Vorgänger, die sich ihre Abende selbst choreografierten. „Es kosten ja nicht nur die Gast-Choreografen, sondern auch ihre Ballettmeister, die die Stücke bei uns einstudieren... Allein die Spitzenschuhe für diesen neuen Abend haben 18.000 Euro verschlungen.“ Conn ist jedoch – was ihm jetzt hilft – groß geworden in nicht oder kaum subventionierten Theatersystemen: „Schon bei Robert Joffrey wurden wir Tänzer angehalten, uns aktiv im Bereich ‚fundraising‘ und ‚sponsorship‘ zu engagieren. Und Reid Anderson war auf diesem Gebiet überhaupt der Beste. Bei ihm habe ich gelernt, meine Augen offen zu halten, für das, was hinter der Bühne und in den verschiedenen ‚fundraising‘-Büros passiert. Heute kommen auch die deutschen Theater nicht mehr ohne Sponsoren aus. Das ist einfach eine neue Realität.“ Ein Spiegel für die TänzerVor aller Pragmatik steht Conns leidenschaftliches künstlerisches Engagement: „Ich hatte das Glück, so viele Ballette ganz verschiedener Tanzschöpfer zu tanzen, dass ich jetzt bei jeder Handschrift sofort erkenne: Das geht mehr in die Richtung Jiri Kylián oder Nacho Duato; das ist mehr der Dekonstruktionsstil von William Forsythe; da ist ein Touch Martha Graham drin. Und ich weiß auch gleich, wie diese Bewegung sich im Körper anfühlt. Deshalb liebe ich es, Spiegel für die Tänzer zu sein. Nicht, um sie auf Takte und Präzision zu drillen. Sondern um ihnen zu zeigen, wie sie das Stück angehen sollen, mit welcher Energie, wo der Atem ist.“ Fürs Coachen scheint Conn also bestens gerüstet. Nach dem vorwiegend abstrakten neoklassischen Repertoire des Joffrey Ballet begegnete er im ABT den großen klassischen Handlungsballetten „Romeo und Julia“, „Schwanensee“, „Dornröschen“. Der aufstrebende Tänzer wurde inspiriert vom damaligen ABT-Leiter Mikhail Baryschnikow. In den folgenden beiden Engagements wurde die Stil-Palette für Conn noch breiter. Denn Ballettchef Reid pflegt im National Ballet of Canada ein exzellent aus amerikanischen und europäischen Werken gemischtes Repertoire, fördert anschließend in Stuttgart zusätzlich den choreografischen Nachwuchs. Conn bleibt dennoch bescheiden: „Ich hatte nie diese ‚danseur-noble‘-Linie eines Wladimir Malakhov, auch nicht die körperlichen Voraussetzungen für eine entsprechende Technik. Aber es gibt gewisse Aspekte der Bühnenkarriere, mit denen ich mich völlig identifizieren konnte. Auf der Bühne zu stehen, zum Beispiel in John Crankos ‚Der Widerspenstigen Zähmung‘, hinüberzuschauen zu der Partnerin und genau zu fühlen, wer ich war in eben diesem Moment, und genau ihre Energie zu spüren. Und wenn beide dann eine vollkommene Einheit bilden und vergessen, dass da überhaupt Publikum ist, war das für mich immer der beste Moment. Als sich das entwickelte und ich als guter Partner galt, habe ich diese Fähigkeit weiter ausgebaut, um auch flexibel zu sein für ganz verschiedene Ballerinen... Man muss im Voraus wissen, was die Partnerin tut, was sie von einem erwartet. Man muss vor allem zusammen mit ihr atmen.“ Natürlich hätte er jetzt Lust, dieses Wissen weiterzugeben, auch in Augsburg Handlungsballette zu bringen. „Was ich mir wünsche, wäre ein Choreograf, der in einem athletisch-neoklassischen Stil arbeitet und zugleich auch ein Erzähl-Talent hat. Aber die wenigsten Choreografen heute sind Erzähler. Das ist ein Problem unserer Zeit.“ Malve Gradinger |
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