Im zweiten Akt erwartet den Zuschauer ein Irrgarten aus Trümmern und Versatzstücken eines Hauses, – Sinnbild einer zusammengebrochenen Beziehungsstruktur – durch den Tristan und Isolde wandern um zueinander zu kommen. Man hat das Gefühl in einem „Seelenirrgarten“ zu sein, in dem Tristan und Isolde sich bis zur Entdeckung durch König Marke langsam finden. Das Liebesduett findet an einem kleinen, abgegrenzten und intimen Platz in diesem Trümmerfeld statt (ähnlich wie in der Essener Tristan Inszenierung). Kurwenal dringt dort mit seinem Schwert gewaltsam und störend ein; unter anderen ist dies ein dramatischer Höhepunkt der Inszenierung. Schließlich der dritte Akt, der optisch an Kargheit, Trostlosigkeit
und Ödnis nicht zu überbieten ist. Das Englisch-Horn
führt beredt Klage, „es ist kein Schiff zu sehen“.... Bedauerlicherweise werden die Sänger diesem Konzept musikalisch nur bedingt gerecht. Lediglich die Darsteller des Kurwenal (Samuel Youn), der Brangäne (Dalia Schächter) und des König Marke (Alfred Reiter) erfüllten die Erwartungen des Publikums begrenzt. Tristan (Richard Decker) und Isolde (Anna Persson) hingegen konnten stimmlich nicht überzeugen. Im ersten Akt drangen sie trotz des extrem zurückgenommenen Orchesters nicht durch. Im zweiten Akt wurden sie sicherer, gingen aber im dritten Akt völlig unter. Es gibt durchaus geeignetere Darsteller, die über die Rampe dringen könnten .Warum lässt man diesen Sängern (ohne große Erfahrung, ohne stimmliche Substanz vor allem in der Mittellage) nicht mehr Zeit für ihre Entwicklung? Beide Darsteller zeigten zumindest zuweilen durchaus hörenswerte Ansätze.
Leider kommt vor allem das Rauschhafte der Musik im Orchester entscheidend zu kurz. Handwerklich hörbare Koordinationsprobleme im Vorspiel zum 1. Akt und der erste völlig verhauchte Akt führen zu diesem Schluss . Der tristen und bisweilen lustlosen Interpretation liegt ein Missverständnis zugrunde, denn wo gibt es sonst in der Musik ein solches Psychogramm, so unerhörte Klänge, so verzehrende Sehnsucht, so einen Trancezustand, so eine Hypnose bis zur Bewusstlosigkeit, solche Emotionen, solche Akkorde? Warum kommt Dirigent Markus Stenz erst am Ende des Werkes in die Spur? Der Schluss mit Isoldes Liebestod bot endlich orchestral das vom Kölner Gürzenich-Orchester gewohnte Niveau. Eine spezielle Rolle spielten an diesem Abend die Zuschauer. Sie folgen dieser Aufführung mit nur begrenzter Aufmerksamkeit, unterbrachen die Stimmungen mit großem chronisch anmutenden Husten. Man könnte meinen, dass es hier um eine Gegenvorstellung mit einem speziellen Kölner Auftragswerk unter dem Titel „Das große Husten“, Konzert für Bonbonpapier, Grippe und Handtaschenreißverschluss ging. Warum empfanden die hustenden Besucher keine Scham bei Ihrem Tun ? Oder war es gar ein fachkundiger unterschwelliger Kommentar zu einer nicht besonders geglückten musikalischen Darbietung ? Am Ende kräftige Buhs vor allem für die Hauptdarsteller und den Dirigenten. Joachim Gerth |
||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
|
|