| 
Lieber Stefan Meuschel,lange Zeit schon haben wir uns Gedanken gemacht, was wir zukünftig
              hier schreiben sollen, an dieser Stelle, wo über so unglaublich
              lange Zeit ein sehr wacher und unvergleichlich kluger Geist seine
              Gedanken in spitzfindiger Art und Weise geäußert hat.
              Schelmisch und kritisch – gesellschaftskritisch – zugleich
              und oftmals nicht gerade bequem. Aber das sollte ja auch nie die
              Aufgabe sein. Es ging darum, sich in den Dienst der Sache zu stellen.
              Und das hast Du mit der tatkräftigen und warmherzigen Unterstützung
              Deiner Frau Monika in der Dir eigenen speziellen Art und Weise
              getan und es scheint, dass Du uns den Einstieg in die Aufgabe der Übernahme
              der Geschäftsführung der VdO auch diesmal auf Deine Art
              und Weise erleichtern wolltest bei der Suche nach einem Thema für
              unser erstes Editorial. Stefan Meuschel hat bereits in der letzten Ausgabe sein Abschiedseditorial
              geschrieben, nun ist unser langjähriger und prägender
              Geschäftsführer am 7. April 2009 – pünktlich
            zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe – verstorben.   Stefan Meuschel war eigentlich ein unmöglicher Gewerkschafter,
              dessen Liberalität oft genug an Ketzertum grenzte. Sein grimmiger
              Intellekt wurde von vielen gefürchtet oder verspottet, die
              ihm nicht gewachsen waren. Zugleich aber war sein Handeln von der
              Erkenntnis geprägt, dass man durch Überzeugungskraft
              mehr erreichen kann als durch rollenspezifische Konfrontation – und
              dies hat, nicht zuletzt in einer stabilen Tarifpartnerschaft mit
              dem Deutschen Bühnenverein, der Kunst und den Künstlern
            an den deutschen Theatern gut getan.  Sein großer Traum war ein Kartell autonomer Künstlerverbände,
              das bei all ihrer Individualität den verschiedenen Berufsgruppen
              ein Forum und zugleich ein Sprachrohr bieten sollte, ihren gemeinsamen
              Interessen über ihren engeren Bereich hinaus Gehör zu
              verschaffen. Mit der von ihm initiierten AG Kultur der DAG, der
              auch die VdO angehörte, war er dem schon vor ca. 20 Jahren
              sehr nahe gekommen. Doch mit dem Aufgehen der DAG in der vereinigten
              Einheits-Großdienstleistungsgewerkschaft ver.di war dieser
              Entwicklung ein jähes Ende gesetzt. Als Integrationsfigur
              quer durch die Kulturbereiche – etwa die gleichzeitige Geschäftsführung
              von VdO und dem Bundesverband der Fernseh- und Filmregisseure in
              Deutschland, seiner beruflichen Heimat, sowie dem Verwaltungsratsvorsitz
              in der Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst – hat Stefan Meuschel
              diese Idee weitergelebt. In dieser Mehrfachrolle hat er auch die
              Entwicklung des deutschen Urheberrechts mitgeprägt. Wir fühlen
              uns seinem universellen Ansatz – gerade in Krisenzeiten,
            in denen am ehesten an der Kunst gespart wird – verpflichtet.  Wir haben nun sein Erbe anzutreten und die VdO als das zu erhalten
              und auszubauen, wozu Stefan Meuschel sie maßgeblich gemacht
              hat: nicht nur als Gewerkschaft, sondern als ein Berufsverband,
              der immer auch über den Tellerrand der eigenen Tarifpolitik
            hinausblickt.  Ein Überzeugungstäter, wie er selbst zuletzt schrieb,
              auf dem mühsamen Weg zwischen gewerkschaftspolitisch notwendigem
              Kader einerseits und Kampf um tarifpolitische Selbständigkeit
              andererseits, um zugleich den Interessen der von uns vertretenen
              Mitglieder mit ihren beruflichen und betrieblichen Besonderheiten
              und denen des deutschen Musiktheaters gerecht werden zu können,
              getragen von der Erkenntnis, dass Kunst nur da gut gedeihen kann,
            wo es den Künstlern gut geht – und umgekehrt. Lieber Stefan, dieses – Dein – Erbe der Überzeugungstäterschaft
              sehen wir für uns entsprechend als Aufgabe und Verantwortung.
              Die Strukturen hast Du geschaffen; wir werden es fortführen.             Tobias Könemann und Gerrit-Michael Wedel   |