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Berichte

Schöner bunter Strauss zum Abschied

„Ariadne auf Naxos“ in Heidelberg · Von Frieder Reininghaus

Die Klangfiguren kräuseln sich und ziselieren eine Geschichte von gestern – wie schön sie das auch im Theaterzelt tun! Die beredte Musik hüllt eine Welt des unsichtbar bleibenden reichsten Mannes ein, karikiert aufgeblasene Domestiken und lässt Künstler leiden, die sich und ihre gesellschaftliche Bedeutung stark überschätzen und zu verzweifeln drohen beziehungsweise sich sehr notgedrungen arrangieren. Das Orchester rauscht gefühlvoll auf und schwillt schließlich ins Erhabene, wie es diese Partitur des mittleren Richard Strauss nun einmal mit sich bringt.

Sharleen Joynt als Zerbinetta. Foto: Klaus Fröhlich

Sharleen Joynt als Zerbinetta. Foto: Klaus Fröhlich

Die Orchesterleute mögen das Musizieren mit Sog und Drive, das Auditorium erwartet wohl Pep und erhabene Besinnlichkeit. Mit Schmiss und Einfühlungsvermögen, großen gewinnenden Gesten und jugendlich unbeschwertem Selbstdarstellungsdrang setzt Cornelius Meister sich und die zwiespältige Ariadne zu Wien beziehungsweise auf Kunst-Naxos in ein freundliches Licht. Meisters Dernière in Heidelberg wird bejubelt wie zuvor manches Konzert (für die Bandbreite und Originalität seiner Programme wurde er bereits 2007 vom Musikverlegerverband ausgezeichnet). Er war jetzt sieben Jahre lang städtischer Musikchef am unteren Neckar und auch auf dem Feld der Musikvermittlung an Jugendliche und Kinder erfolgreich. Er entwickelt sich als Gastdirigent zu einem gefragten Mann zwischen Stockholm, Hamburg, Dresden und Freiburg, Basel oder Paris, dirigierte gelegentlich schon in Manchester, Indianapolis, bei den Salzburger Festspielen oder den Wiener Festwochen. Künftig will er den Schwerpunkt seiner Tätigkeit an die mittlere Donau verlegen. Als Chefdirigent sowie künstlerischer Leiter des ORF-Orchesters, mit dem er bereits zahlreiche Rundfunk-, Fernseh- und CD-Aufnahmen realisiert hat, wird er allerdings einen schärferen Konkurrenzwind um die Ohren zu spüren bekommen.

Meister, 1980 in Hannover geboren, ist kein Kapellmeister, der das, was er unter die Finger bekommt, problematisiert. Schon gar kein Grübler mit Hang zu kritischen Brechungen. Er ist ein Ja-Sager des Betriebs, welcher in seiner notwendigen Unersättlichkeit immer wieder frische Gesichter und Stimmen braucht und deshalb auch Erfolg versprechende Talente frisch vom Studium weg zu Generalmusikdirektoren erhebt. In Heidelberg hat Cornelius Meister seine Bewährungsproben bestanden. Er entwickelte eine als hinreichend empfundene Bandbreite des Repertoires, lehnte sich dabei aber nicht zu weit aus dem Fenster.

Zum Erfolg der „Ariadne“-Premiere hat er wesentlich beigetragen, indem er dem klein besetzten Orchester immer wieder freien konzertierenden Lauf ließ, es aber auch zum Begleiten drosselte. Er stützte die im Leid brütende Titelheldin Yannick-Muriel Noah, die sich dann mit ihrer gewaltigen Stimme zu superstarken Höhen aufschwang. Insbesondere aber trug und trieb er Sharleen Joynt zu einer Bravourleistung: Als Zerbinetta erinnert sie nicht nur an die wie improvisiert wirkenden Künste der Commedia dell’arte, sondern auch an die exorbitante Stimmakrobatik des 18. und 19. Jahrhunderts

Der Bilderwelt des frühen 20. Jahrhunderts blieben die Bühnen- und Kos-tümgestaltung von Ralf Käselau und Sabine Blickenstorfer verpflichtet. Hinter einem Gitterzaun gab es einen Einblick in den hochherrschaftlichen Park von anno dazumal. Pappautos hupten herbei und taten so, als ob sie Gäste für die große Party ausspuckten. Zerbinetta wurde von einem Kürassier in Stimmung geschaukelt. Der junge Komponist der „Ariadne“-Tragödie, dem Anna Peshes Stimme verleiht, entdeckte Abgründe.

Lorenzo Fioroni ließ der Klamotte ziemlich freien Lauf und schlug mit dem wild um sich schießenden Militär den Bogen zum großen Krieg und zum zweiten Teil. Der Abhub zum Hofmannsthalschen Welttheater vollzog sich in einer gleichsam authentischen Theatergarderobe, an deren Wand Griechenland-Plakate auf die einsame Insel verweisen und in dem der Baumstammtenor Ta’u Pupu’a das finale Glück der Ariadne mit einem „jungen Gott“ in die Höhe stemmt.

Frieder Reininghaus

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