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Portrait

Grande Dame des Balletts

Ein Nachruf auf Konstanze Vernon · Von Malve Gradinger

Dass Konstanze Vernon schon lange krank war, wussten Ballett-Insider. Am 21. Januar, knapp drei Wochen nach ihrem 74. Geburtstag, ist Münchens Grande Dame des Balletts ihrem Mann Fred Hoffmann nachgefolgt. In ihrer 44-jährigen Ehe – und einmaligen beruflichen Partnerschaft – waren die beiden zu einer Einheit zusammengewachsen. Konstanze Vernon hatte den künstlerischen Instinkt, das tiefe Wissen über den Tanz. Hoffmann, ehemals Chef einer Filmproduktions-Firma, brachte geschäftliches Knowhow in alle Unternehmungen der immer für den Tanz in die Zukunft planenden Konstanze Vernon ein. Mit dem unerwarteten Tod ihres Mannes im Dezember 2008 war ihr offensichtlich der Lebenssinn entrissen worden.

Willensstark und diszipliniert: „Die Vernon“. Foto: Johannes Seyerlein

Willensstark und diszipliniert: „Die Vernon“. Foto: Johannes Seyerlein

Vernon hatte „Fred“ gleich nach ihrem Wechsel 1963 von der Deutschen Oper Berlin an die Bayerische Staatsoper kennengelernt. Und er war stützend immer an ihrer Seite, auch während ihrer 17 Jahre als Münchens Primaballerina. Die Tochter des renommierten Berliner Musikwissenschaftlers Friedrich Herzfeld, ausgebildet bei der illustren Ballettpädagogin und Choreografin Tatjana Gsovsky, brachte ein großes dramatisches Talent mit. Aber die fürs Münchner Repertoire geforderte anspruchsvolle klassische Technik musste sie sich erarbeiten. Und das tat sie – mit der auch später immer wieder bewunderten eisernen Vernonschen Disziplin. Sie tanzte alles, harte Klassiker wie „Schwanensee“, moderne abstrakte Ballette und die ihr besonders liegenden Ballettdramen. Ihre Glanzrollen waren die tragisch-romantische „Giselle“ und die Tatjana in John Crankos „Onegin“. Konstanze Vernon konnte – musste – gestalten.
Das war ein innerer Trieb, auch nach ihrer Bühnenkarriere. Als leitende Professorin an der Münchner Hochschule für Musik und Theater leidet sie unter der Rückständigkeit der Tanzausbildung, gründet mit ihrem Mann 1978 die nach ihrem früh verstorbenen Tanzpartner benannte Heinz-Bosl-Stiftung. Durch die finanzielle Stütze der Stiftung erblüht aus der damals kümmerlichen „Abteilung Ballett“ der Hochschule eine bald international renommierte Ballett-Ausbildungsstätte, beheimatet, auch dank Vernons Zähigkeit, im geräumigen und großartig renovierten ehemaligen Schwabinger Trambahndepot. Später erkämpft das Tandem Vernon-Hoffmann auch noch ein Studenten-Wohnheim, plus dahinter gelegenem großem Studio für die Einstudierung von Choreografien. Die jährlichen immer ausverkauften Ballett-Matinéen im Münchner Nationaltheater werden zum Schaufenster für Vernons exzellent ausgebildete Studenten, die auf internationalen Wettbewerben Gold und Silber gewinnen.

Vielfach ausgezeichnet

Als der erfolgreichen Schulchefin 1989 die Leitung des Balletts der Bayerischen Staatsoper angetragen wird, akzeptiert sie nur unter der Bedingung der Unabhängigkeit des Balletts von der Oper. Ihr neu gegründetes, wenig später auch mit modernem Probenzentrum am Platzl ausgestattetes „Bayerisches Staatsballett“ glänzt mit attraktiven Tänzern und einem breitgefächerten Repertoire, wird international gefeiert und die Chefin immer wieder ausgezeichnet, noch 2007 mit der Verfassungsmedaille für kulturelle Verdienste. Und sie schont sich nie. Sie unterrichtet, leitet Proben, coacht die Solisten, begleitet ihre Studenten zu den Wettbewerben, schleppt selbst die Säcke mit den Kostümen.

Junior Compagnie

17 Jahre war Konstanze Vernon Münchens Primaballerina; hier tanzt sie die Giselle.  Foto: S. Enkelmann

17 Jahre war Konstanze Vernon Münchens Primaballerina; hier tanzt sie die Giselle. Foto: S. Enkelmann

Nach neun harten Jahren der Doppelbelas-tung gibt sie – auf Drängen ihres Mannes – 1998 die Ballettdirektion ab. Hat aber weiterhin als Leiterin der Ballettakademie sofort den neuen Plan einer Junior Compagnie, gedacht als vorbereitende Plattform für das Profi-Engagement ihrer Absolventen. Mit 67 übergibt sie die Schuldirektion an den Briten Robert North. An der Leitung der Bosl-Stiftung hält sie fest und bringt, gemeinsam mit Staatsballettchef Ivan Liska und der Ballettakademie, die Junior Compagnie noch auf den Weg.

Nach der in München als Tänzerin, Choreografin und Pädagogin wirkenden Dänin Lucile Grahn (1819-1907) wurde, direkt neben dem Prinzregententheater, eine Straße benannt. Eine solche Anerkennung käme auch der Architektin des Münchner Balletts Konstanze Vernon zu.

Malve Gradinger

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