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Editorial

Der 1921 im Kanton Bern geborene Pfarrerssohn Friedrich Dürrenmatt, neben Max Frisch der Kopf der deutschschweizer Nachkriegs-Intelligenz, Romancier, Dramatiker und Essayist, fand bis zu seinem Tod im Jahr 1990 keinen ihm ebenbürtigen Richard Strauss, obschon alles, was er an Dramatischem produziert hatte, weit häufiger und weit mehr als Hugo von Hofmannsthals Dichtungen nach der Umsetzung in die Groß- und Hochform der Oper verlangte. Das begann mit den psalmodierenden Wiedertäufern in „Es steht geschrieben“ (1946) und endete noch lange nicht mit seinen mindestens drei gescheiterten Versuchen, die „Oper einer Privatbank – Frank der Fünfte“ (1959/1964) wirklich zu einer Oper zu machen. Nicht Freund nicht, nicht Feind vermochte es, Dürrenmatt davon zu überzeugen, dass er für seine Absicht, „seine Geschichten ihre jeweils schlimmstmögliche Wendung nehmen zu lassen“, eines anderen Komponisten-Kalibers bedurfte als des in seine eigenen Ohrwürmer verliebten Paul Burkhard, dessen „Feuerwerk“-Melodien zwischen West-Berlin und Zürich gepfiffen wurden.

   

Stefan Meuschel

 

Jetzt, zu Beginn der Spielzeit 2008/2009, schreien die großen Stoffe Dürrenmatts, die allesamt – vielleicht mit Ausnahme des Besuchs der alten Dame und der Physiker – wie Lehrstücke in der Nachfolge Brechts liegen geblieben sind, nach Wiederaufnahme, nach Bearbeitung, vor allem nach Veroperung – und es wäre ein Armutszeugnis für die an Kunstpreisen und Kompositionsaufträgen so wohl ausgestattete Republik, ließe sich nicht für die hier vorgeschlagene Dürrenmatt-Trilogie ein Auftraggeber, vor allem aber Komponisten und Librettisten finden.

Ein Satyrspiel über die Nachhaltigkeit der alten Ordnungen sollte den Reigen eröffnen: Zu ost- wie westdeutschen staatstragenden Hymnen und Signalen, deren Soli auch die entsprechenden Ostparolen („Freitags ab eins ist alles meins!“) und Westslogans („Am Sonnabend gehört der Papi mir!“) verarbeiten sollten, wird gezeigt, weshalb Urlaubsplanungen und Wochenendregelungen zur Folge hatten, dass die Manager der staatlichen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gar nicht anders zu können meinten, als der bereits bekannterweise in die Pleite schliddernden us-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers noch schnell mal am Freitag rund 350 Millionen Euro hinterher zu schmeißen, statt den Montag abzuwarten. Da Dürrenmatt auch vor derben Effekten nie zurückschreckte, sollte die Arie des zuständigen KfW-Bereichsleiters erklärend auf den West-Witz anspielen, der Russe werde hoffentlich nie vor Freitagmittag angreifen, weil dann erst am Montag festgestellt würde, dass seine Panzerspitzen bereits den Rhein überschritten hätten.

Das zweite auszuschreibende Werk eignet sich am besten als ultimatives Trauerspiel. Um das Ende des Kultur- und Bildungsföderalismus in Deutschland sichtbar zu machen, werden auf einer Simultanbühne die Tagung des Beirates der Künstlersozialkasse am 22. August 2008 im Haus der deutschen Arbeitgeberverbände in Berlin und die in etwa zeitlich parallelen Sitzungen einiger Bundesratsausschüsse gezeigt. Im Beirat der Künstlersozialkasse wird, – jubelndes C durchaus erlaubt – accompagniert von Vertretern der Koalition und des Deutschen Kulturrats auf die sich abzeichnenden Erfolge der Novelle des Künstlersozialversicherungsgesetzes vom März 2007 hingewiesen, bei den Verschwörern des Föderalismus wird mit den Stimmen Baden-Württembergs, Brandenburgs, Bremens, Hessens, Niedersachsens, Sachsen-Anhalts und Schleswig-Holsteins faktisch die Abschaffung der Künstlersozialversicherung gefordert: Ein intriganter Bass aus Stuttgart lügt mit obligater Cello-Begleitung etwas von unzumutbarer Belastung der Wirtschaft und monströsem bürokratischem Aufwand – und schon dröhnt die turbokapitalistische Deregulierungspauke aus dem Orchestergraben. Zwar fegte der Deutsche Bundestag parteiübergreifend den föderalen Spuk umgehend in den Orkus – doch für wie lange?

Mit der Ausschreibung des zentralen Werkes, der Überprüfung der von Dürrenmatt in „Frank der Fünfte“ aufgestellten These, es sei doch wohl krimineller, eine Bank zu gründen als eine auszurauben, sollte gewartet werden bis nachprüfbare Ergebnisse der Kapitalmarktverwerfungen seit dem Frühjahr 2007 vorliegen. Allenfalls das Interludium für Ballett könnte in Auftrag gegeben werden: Elf Damen und Herren der Compagnie treten als Nullen kostümiert auf, der Pas des deux wird von dem Zweier und von der Acht getanzt: Die dreizehnstellige Zahl 2.800.000.000.000 gibt nach Angaben der Bank von England den derzeitigen Stand der Verluste wieder.

Ihr Stefan Meuschel

 

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