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„Lohengrin“ als Festspielpremiere in München · Von Christian Kröber

Es war als krönender Abschluss und Höhepunkt der ersten Spielzeit des Intendanten Nikolaus Bachler an der Bayerischen Staatsoper geplant. Wagners Romantische Oper „Lohengrin“ in Festspielbesetzung und der szenischen Verantwortung von Richard Jones, der bereits unter Bachlers Vorgänger Peter Jonas mit seiner Deutung von Händels „Giulio Cesare“ großen Erfolg eingeheimst hatte und damit gewissermaßen zum Gründervater des Münchner Barockerfolgs geworden war. Doch wie so oft bei hochtrabenden Erwartungen lassen sich künstlerische Erfolge auch in München nicht unbedingt erzwingen.

 
Anja Harteros (Elsa), Wolfgang Koch (Friedrich von Telramund), Chor der Bayerischen Staatsoper. Foto: Wilfried Hösl
 

Anja Harteros (Elsa), Wolfgang Koch (Friedrich von Telramund), Chor der Bayerischen Staatsoper. Foto: Wilfried Hösl

 

So soll an dieser Stelle zuerst berichtet werden von dem Musikglück, das sich dem Münchner Publikum ereignete. Jonas Kaufmanns mit Spannung erwartetes Debüt als Münchner Lohengrin fügte der gewiss glänzenden Reihe tenoraler Höhepunkte einen weiteren hinzu. Waren es in den 70er- und 90er-Jahren des vorigen Jahrhunderts die heldischen Stimmen eines René Kollo oder Peter Seiffert, die das Klangbild dieser romantischsten aller Wagner-Opern prägten, so betont der neue Stern am Wagnerfirmament vor allem die lyrischen Seiten der Partie. Da gibt es kein kraftmeierndes Forte, keine gepressten Spitzentöne. In der Gralserzählung herrscht ein fast Schubert‘sches Melos.

Zu verdanken ist dies auch Kent Nagano, der in diesem „Lohengrin“ in unnachahmlicher Weise anzufeuern versteht, aber eben auch die einzelnen Stimmen im Orchester oder auf der Bühne gleichberechtig zu Wort kommen lässt. Das wurde schon bei der Ouvertüre deutlich, als das Bayerische Staatsorchester an seine besten Wagner-Zeiten unter Sawallisch anknüpfen konnte. Die Münchner haben ihn wieder, ihren typischen Wagnerton, eine Mischung aus akkurater Präzision und lyrischem Wohlklang. Die große Überraschung des Abends bot Anja Harteros‘ Elsa. Stimmlich jederzeit präsent und auf der Höhe ihrer Kunst, gestaltete sie eine selbstwusst fordernde Brabanter Fürstentochter, die den Vergleich mit ihrem ritterlichen Retter keineswegs zu scheuen hatte.
Lohengrin als letzte der frühen Wagner-Opern wird, wie auch der „Fliegende Holländer“ oder „Tannhäuser“, geprägt von seinen, den Verlauf vielfach eigenständig begleitenden, großen Chorpartien. Und da ist man in München seit Jahrzehnten musikalisch auf der sicheren Seite. Der Chor der Bayerischen Staatsoper unter seinem Leiter Andrés Máspero war stets ein präziser Begleiter der musikalischen Konzeption und Klangwelt des Bayreuther Meisters.

Wenn es denn bei der Regie auch so gewesen wäre, ist man unwillkürlich versucht auszurufen. Dass die durchaus bedenkenswerten interpretatorischen Ansätze des Regisseurs Richard Jones und seines langjährigen Bühnen- und Kostümbildners Ultz dem Riesenwerk Richard Wagners in keiner Weise gerecht werden konnten, liegt leider an einem Problem, das so manche Regiearbeit den Erfolg kostet. Man schätzt zwar den Komponisten und seine musikalischen Leistungen, meint aber, das dramaturgische Talent hilfreich auffüttern zu müssen.

Dabei hätte ein präzises Nachdenken durchaus genügt, um festzustellen, dass Wagners „Lohengrin“ eben nicht nur wegen seiner schönen musikalischen Stellen, den kühn dramatischen Ouvertüren oder den expressiv aufgeladenen Ensembles der unmittelbarste Erfolg dieses urromantischen Komponisten war. Durch jedes Bühnenwerk Wagners zieht sich die Idee der Erlösung des Einzelnen durch Liebe, Reinheit und Aufopferung. Diese romantische Utopie faszinierte und fasziniert das Publikum bis heute. Wer dieser Idee nicht nachspüren, ihre Möglichkeiten oder Unmöglichkeiten nicht erkunden will, muss automatisch scheitern, weil er Wagner nicht ernst nimmt, weil er ihn funktional verkleinert. Und genau dies geschieht bei Richard Jones. Hier heißt der Plot „Wir bauen uns ein Nest“. Elsa und Lohengrin als Häuslebauer, die beide ein biedermeierliches Glück suchen und selbst daran scheitern müssen. Die Inszenierung ist konsequent zu Ende gedacht; das jedoch reicht nicht, um in der Wagner-Stadt München bei den Festspielen zu reüssieren. Der Abend endete wie erwartet in herbem Buh für Regie und Bühne und frenetischem Applaus für die Musik.

Jonas Kaufmann war übrigens noch einmal zu hören im Münchner Opernrund. Dann aber nur mit pianistischer Begleitung ganz auf sich gestellt und mit dem anderen großen deutschen Romantiker. Die Rede ist von Franz Schubert und seinem Liedzyklus „Die schöne Müllerin“.

Christian Kröber

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