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Kulturpolitik

Auf Distanz zum Regietheater

Der neue Intendant der Kölner Oper Uwe Eric Laufenberg · Von Christian Tepe

Die Erwartungen an „den Neuen“ sind hoch: Misslungene Uraufführungen, die Bestellung unerfahrener Regisseure und eine konzeptionslose Spielplangestaltung hatten der Kölner Oper bei vielen Beobachtern den Ruf eingebracht, „eines der profillosesten deutschen Opernhäuser“ zu sein. Uwe Eric Laufenberg, zuletzt Intendant des Hans Otto Theaters in Potsdam, soll es jetzt richten. Neben der ästhetisch-programmatischen Erneuerung gilt es für den Schauspieler und Regisseur Laufenberg aber zugleich, eine immense organisatorische Herausforderung zu meistern: Von 2010 bis 2013 steht die Renovierung des Stammhauses am Offenbachplatz an. Christian Tepe sprach für „Oper&Tanz“ mit dem umtriebigen und kämpferischen Theatermacher Laufenberg über seine Kölner Pläne.

 
Neu an der Kölner Oper: Uwe Eric Laufenberg. Foto: Thomas Brill
 

Neu an der Kölner Oper: Uwe Eric Laufenberg. Foto: Thomas Brill

 

Oper&Tanz: Die moderne Architektur des Riphahn-Gebäudes kündet von dem Anspruch der Kölner Oper, ein Domizil für zeitgenössisches Musiktheater zu sein. Auf der beeindruckend langen Liste der Uraufführungen finden sich viele große Namen wie die von Fortner, Zimmermann, Kagel, Trojahn, Matthus, Müller-Wieland oder Benes. Wie werden die Opern des 21. Jahrhunderts beschaffen sein, die Sie in Köln zur Diskussion stellen?
Uwe Eric Laufenberg: Mein Vorgänger hat sich zusammen mit Generalmusikdirektor Markus Stenz damit hervorgetan, jedes Jahr eine Uraufführung zu präsentieren. Wenn man diese neuen Opern noch einmal Revue passieren lässt, sind da sehr unterschiedliche Produkte herausgekommen. Insofern ist mein Bestreben nicht unbedingt, nach Uraufführungen zu schielen, sondern gute neue Stücke nachzuspielen, damit sie überhaupt die Möglichkeit kriegen, ins Repertoire zu kommen. Jeder möchte gerne Uraufführungen machen, weil er dann die Presseöffentlichkeit hat. Aber ein Stück auf den Spielplan zu setzen, von dem man überzeugt ist, mit ihm das Publikum zu faszinieren und zu fesseln – genau das tut man dann eben nicht. Deshalb werden wir in der ersten Spielzeit Peter Eötvös, der in Köln noch nicht gespielt worden ist, obwohl er in dieser Stadt jahrzehntelang gewirkt hat, mit „Love and Other Demons“ vorstellen. Im zweiten Jahr werden wir eine Uraufführung machen, allerdings von Karlheinz Stockhausen, einem Komponisten, der gerade gestorben ist, der im Kölner Raum ebenfalls eine wichtige Rolle spielt und dessen Opern aus seinem berühmten „Licht“-Zyklus hier bisher nicht verwirklicht worden sind. Darüber hinaus bringen für uns die drei Jahre während der Renovierung des Riphahn-Gebäudes den Versuch mit sich, an anderen Spielstätten als in einem Opernhaus kreativ zu arbeiten, das heißt, das Musiktheater Räumen und Prozessen auszusetzen, die eine neue Spannung in bekannte Werke geben. Genauso wird es sich anbieten, die Guckkastenbühne zu öffnen und auszuprobieren, was heutiges Musiktheater wirklich sein könnte.

Schwerpunkt Sängerauswahl

O&T: In die Annalen der Kölner Oper ist das Wiedereröffnungsjahr 1957 auch durch ein Gastspiel von Maria Callas als Bellini-Interpretin eingegangen. Nun haben Sie angekündigt, der singende Mensch solle wieder im Mittelpunkt der Oper stehen. Was bedeutet das für Ihre Besetzungsentscheidungen?
Laufenberg: Natürlich ist meine Besetzungsstrategie, das Bestmögliche zu bekommen. Das Bestmögliche heißt aber nicht immer, die teuersten oder berühmtesten Solisten der Welt zu engagieren. Köln hat sich einmal dadurch ausgezeichnet, dass einerseits Sänger von Weltformat hier gerne gesungen haben und dass andererseits viele junge und begabte Sänger wie Lucia Popp oder Margaret Price aus Köln heraus Weltstars geworden sind. Diese Mischung soll es wieder werden. Man soll Lust haben, auch wegen der Sänger in die Kölner Oper zu gehen.

O&T: Schon bei der ersten Premiere Ihrer Intendanz, Wagners „Meistersinger“, werden Sie am Regiepult sitzen. Erfahrungen mit der Opernarbeit haben Sie seit 1992 gesammelt, wobei man Ihnen eine kritische Distanz zum Regietheater nachsagt.
Laufenberg: Regietheater hat mich ehrlich gesagt nie interessiert – weder im Schauspiel noch in der Oper. Ich habe im Schauspiel immer gedacht: Das Wichtigste sind die Schauspieler. Natürlich hat so jemand wie Frank Castorf den Schauspieler einmal vom Text befreit. Das fand ich eine durchaus wichtige Bewegung. Letztlich ist es aber doch so, dass wir gucken müssen, wie wir den Text mit dem Schauspieler zusammenführen – denn es gibt einfach zu viele gute Texte! Genauso ist es in der Oper. Da ist zum Glück noch keiner so richtig auf die Idee gekommen, die Sänger von der Musik zu befreien! Es geht auch in der Oper darum, die Leute, die unmittelbar agieren – also neben den Solisten auch den Dirigenten und die Kollektive, besonders den Chor – dahin zu bringen, den Atem des Stückes am Abend passieren zu lassen. Wenn das Regietheater dazu helfen kann, ist es herzlich willkommen. Aber man soll sich auch nicht wichtiger machen als das eigentliche Produkt. Der Papst ist nicht wichtiger als der liebe Gott. Was ich überhaupt nicht leiden kann, ist, wenn da eine Regieanweisung steht, dann unbedingt das Gegenteil davon zu tun. So hat mir einmal ein befreundeter Regisseur, als ich gerade „Fidelio“ inszenierte, geraten: „Prima, damit kannst du alles machen. Es darf nur nicht im Gefängnis spielen!“

Zukunft der Tanzcompagnie...

O&T: Das Ziel Ihrer Intendanz haben Sie sehr selbstsicher mit dem Motto umschrieben, Köln müsse wieder Weltstadt werden. Zu einer Metropole wie Köln gehört ganz gewiss auch ein Tanzensemble. Die Bühnen Köln haben in der nächsten Saison keines mehr. Inwieweit fällt das in Ihren Verantwortungsbereich?
Laufenberg: In meinem Vertrag steht, dass die Stadt Köln wieder eine Tanzcompagnie aufstellen will und dass ich in der Oper dafür zu sorgen habe, der Truppe Aufführungen mit Orchester zu ermöglichen. Wobei ich vorweg sagen muss: Es wird neben mir und Frau Beier im Schauspiel einen eigenen Ballettintendanten geben. Das soll eine selbständige Sparte sein, die mir nicht unterstellt ist. Für 2009 hat es den Versuch gegeben, mit Bonn zusammen – finanziert durch das Land NRW sowie durch die Städte Köln und Bonn – ein Tanzensemble zu gründen. Kölns Kulturdezernent Georg Quander hat da nicht gekleckert, sondern geklotzt und vorgegeben: „Das muss eine große Tanzcompagnie sein mit über 50 Tänzern. Es soll großes Ballett gemacht werden, sonst lohnt es sich gar nicht.“ Mit Christian Spuck hatte Herr Quander eine absolute Koryphäe. Köln wollte unbedingt, das Land auch, Bonn ist ausgeschert. Jetzt ist das nächste Ziel, 2013 wirklich wieder eine Tanzcompagnie in Köln zu haben, notfalls auch alleine. Nun ist gerade Wirtschaftskrise und alle jammern über die Steuerrückgänge; wie es also 2013 wirklich aussehen wird, weiß ich nicht. Aber ich glaube, die Stadt Köln wäre gut beraten, wenn sie gerade in den Kulturausgaben – wo sie in den letzten zehn Jahren Versäumnisse gehabt hat – nach vorne geht.

 
 

Ende einer Ära in Köln: Umstrittene „Samson und Dalila“-Inszenierung in der Spielzeit 2008/2009 – mit Ursula Hesse von den Steinen und Egils Silins. Foto: Klaus Lefebvre

 

O&T: Von 2010 bis 2013 steht die Sanierung des Riphahn-Gebäudes an. Dann wird ein großer Teil des Spielbetriebes in ein Übergangsquartier an der Peripherie der Stadt ausgelagert. Wie wollen Sie das Publikum in die Schanzenstraße nach Köln-Mülheim locken?
Laufenberg: Alle Kölner, die Karneval feiern, wissen, wo das liegt, denn da sind immer die Stunksitzungen. Und alle Leute, die Pop lieben, gehen da auch hin, denn dort sind die großen Popkonzerte. Wir haben da einen Ort, der im Grunde genommen „in“ ist. Der traditionelle konservative Opernhausbesucher etwas älteren Semesters weiß es vielleicht noch nicht, was für ein toller Ort das ist. Aber den da jetzt auch noch hinzukriegen, sehe ich als eine Chance – und Leute für die Oper zu interessieren, die wohl das Quartier an der Schanzenstraße gut kennen, aber sonst nicht in die Oper gehen, das ist die zweite Chance.

... und der Kinderoper

O&T: Beinahe europaweit beneidet man Köln um sein Kinderopernzelt im oberen Foyer des Opernhauses. Verliert das Institut mit dem Zelt nicht ein Alleinstellungsmerkmal, wenn nach der Renovierung ein separates Opernhaus für Kinder eröffnet werden soll?
Laufenberg: Der Riphahn-Bau wird in seinem denkmalgeschützten Bereich mit der Kinder-oper zugleich auch sehr belastet. Für einen normalen Opernbesucher, der abends in die Oper geht, ist dieses Zelt eine echte Sperre. Insofern hat man nach einer architektonischen Lösung gesucht, die Kinderoper an einer prominenten Stelle innerhalb des Opernhauses neu zu beherbergen. Dabei haben wir einen Ort gefunden, an dem die Kinderoper einen eigenen Eingang bekommt und der neben einer vielseitigen Funktionsbühne Platz für 200 Leute bieten wird. Dieses Zelt hat einfach viel zu wenig Zuschauerkapazität. Das Zelt ist übrigens schon Geschichte, das Foyer ist wieder frei. Die Kinderoper zieht bereits im September in eine Übergangsspielstätte. Eine für mich wesentliche Erneuerung ist auch, dass die Kinder dann endlich die Musiker sehen, die bisher aus dem Beleuchtungsraum spielten.

Geplanter Neubau

O&T: Viele Kenner der Kunst- und Kulturwelt befürchten, dass im Nachgang der Wirtschaftsmalaise eine neue, ungleich schärfere Krise der Kulturfinanzierung drohe. Eine Prognose, die sich in Köln schnell bewahrheitet hat: Oberbürgermeister Schramma hat Anfang Juli die Planung für die Sanierung des Opernhauses und den Neubau des Schauspielhauses gestoppt, nachdem bekannt geworden war, dass statt 230 nun 364 Millionen Euro benötigt werden. Was folgt daraus für Ihre eigenen Dispositionen?
Laufenberg: Ich weiß gar nicht, was Herr Schramma gestoppt hat, denn es ist ja gar nichts im Gange. Es geht im Moment nur um eine Planung der Finanzdurchrechnung und die ist nicht gestoppt, sondern intensiviert worden.

O&T: Allerdings hat Baudezernent Bernd Streitberger bereits den Zeitplan für die Wiedereröffnung 2013 in Frage gestellt.
Laufenberg: Köln gehört ja immer zu den Städten, wo ganz viel und laut geredet wird. Dadurch wird auch manchmal ganz laut etwas zerredet. Auf der anderen Seite sind die Verträge für die Ersatzspielstätten abgeschlossen, die sind nun verpflichtend. Wenn man die 365 Millionen Euro für das Projekt in der Gestalt, in der es doch alle toll fänden, nicht dafür aufwenden will, muss man sich überlegen: Wie viel wollen wir aufbringen und was machen wir davon? Ich persönlich habe in den nächsten Tagen und Wochen einen engen Terminkalender, um mit den unterschiedlichsten Vertretern aus Politik und Verwaltung sowie mit Theaterleuten und Architekten Wege zu finden, wie wir das Beste dieses Projekts retten.

O&T: Dabei wünscht Ihnen „Oper&Tanz“ viel Erfolg. Herzlichen Dank für das Gespräch.

Christian Tepe

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