Unter anderem von Symposiumsleiter Michael Fuchs: „Singen verbessert die Stimme“, verkündete der Leiter der Abteilung für Stimm-, Sprach- und Hörstörungen des Leipziger Universitätsklinikums. Er und seine Mitarbeiter verglichen je 200 in Chören aktive Kinder und Jugendliche in Leipzig und Baden-Württemberg mit gleichaltrigen Nicht-Sängern. Das Ergebnis: „Sängerisch aktive Kinder können lauter singen, aber auch leiser, sie können höher singen und zudem differenzierter.“ Ton- und Dynamikumfänge seien bei ihnen signifikant größer, so Fuchs. „Man könnte sagen, das sei zu erwarten – aber bislang hatte das keine Studie so nachgewiesen. Außerdem nehmen singende Kinder ihre Stimmen besser wahr und können daher gesünder mit ihnen umgehen.“ Die Kinder- und Jugendstimme ist für Michael Fuchs ein zentrales Forschungsthema, die jungen Chöre in Leipzig, vom Gewandhauskinderchor über die Scola cantorum bis hin zum Thomanerchor, können ihm die Probanden für seine Projekte stellen. Nur der interdisziplinäre Austausch fehlte ihm noch – daher rief er 2003 das Symposium ins Leben. Gesang und SpracheFür Interdisziplinarität stand diesmal auch Stefan Koelsch, der am Leipziger Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften die Nachwuchsgruppe „Neurokognition der Musik“ leitet. Er fand heraus: Musikalisches Training fördert bei Kindern auch die Entwicklung sprachlicher Fertigkeiten. „Das Gehirn verarbeitet die Syntax der Musik sehr ähnlich wie die Syntax der Sprache“, erklärte Koelsch. Nun konnte er nachweisen: Kinder mit Instrumental- oder Vokalunterricht haben nicht nur einen ausgeprägteren Sinn für Fehler in musikalischen Regularitäten, sondern auch für sprachliche Fehler. „Die neuronalen Mechanismen der Syntaxverarbeitung sind bei ihnen früher und ausgeprägter entwickelt“, konstatierte der Wissenschaftler. Macht Singen also klüger? „Das wäre zu pauschal formuliert. Aber sicher ist Sprache ein nicht unerheblicher Teil der Intelligenz.“ GlückshormoneAuf jeden Fall macht Singen glücklich – und zwar die Zuhörer. Zu diesem Ergebnis kam Eckart Altenmüller. Der Leiter des Instituts für Musikphysiologie und Musiker-Medizin an der Hochschule für Musik und Theater Hannover untersuchte wie Koelsch neurobiologische Aspekte, nur eben nicht bei den Singenden, sondern bei den Hörenden. „Unsere aktuellen Forschungsergebnisse zeigen, dass kein anderer akustischer Reiz beim Menschen so starke Emotionen auslösen kann wie eine ausdrucksvolle Singstimme“, berichtete Altenmüller. Die Reaktionen gingen oft mit „vegetativer Aktivierung“ einher, also mit Begleitreaktionen wie Gänsehaut, Tränen in den Augen oder einem Kloß im Hals. Der neurobiologische Hintergrund: Im Bereich des Stirnhirns wird das Belohnungssystem aktiviert, zudem werden Glückshormone ausgeschüttet – und das Hormon Oxytocin begünstigt zusätzlich die Gedächtnisleistung. Will heißen: An die Situation, die singenden Menschen und den gesungenen Text kann sich ein Zuhörer bei ausdrucksvollem Gesang besonders gut erinnern. Natürlich, so Altenmüller, produziere das Singen auch bei den Sängern selbst Emotionen, keine Frage. Das beste Beispiel lieferten die Kindergartenkinder. Sie brachten ihre Emotionen unmittelbar tanzend zum Ausdruck. Am Schluss des von ihnen angestimmten Liedes „Es führt über den Main eine Brücke aus Stein“ heißt es denn auch: „Und wir fassen die Händ’, und wir tanzen ohn’ End.“ Carsten Heckmann |
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