„Theatergutachten“ oder „Theater gut achten“. Es ist schon kurios – ausgesprochen, ohne das Schriftbild vor sich zu sehen, denkt man gar nicht darüber nach, welch verschiedene Bedeutung sich da ergeben kann. Und gerade die unterschiedliche Bedeutung kann Tod oder Leben für ein Theater bedeuten. Theater, über deren Existenz ein „Gutachten“ erstellt wird befinden sich ganz und gar nicht in einer guten Lage. , Leider nein – diese Theater wurden in ihren Mitteln meistens so stark beschnitten, dass es ihnen unmöglich ist, trotz jahrelanger Sparmaßnahmen, weiter zu existieren, ohne dass drastische Maßnahmen wie Entlassungen, Spartenschließungen oder Lohnverzicht ihnen zum Verhängnis werden. In der Tat ein Verhängnis – denn ein Theater hat einen kulturpolitischen Auftrag – und diesen versucht es zu erfüllen. Das schafft es aber nur mit einem Spielplan und einem entsprechenden Ensemble. Fehlen weiterhin die finanziellen Mittel, gibt es möglicherweise ein „Gutachten“, in welchem wirtschaftliche Faktoren die ausschlaggebenden sind. Nicht die künstlerischen, nicht die kulturpolitischen, nein die wirtschaftlichen. Es gibt bei diesen „Gutachten“ durchaus etliche, die neue Ideen wirtschaftlich zusammenpressen und Theaterformen entstehen lassen, die theoretisch auf dem Papier sehr logisch funktionieren. Aber Papier ist ja bekanntlich geduldig. Papier interessiert es hübsch wenig, ob dabei weiterhin Kunst herauskommt oder ob man nur noch ein Invest-Betrieb ist, dessen künstlerischer und kulturpolitischer Auftrag gar nicht mehr erwähnt wird. Nach dem Motto „Friss, Vogel, oder stirb“ (übrigens ein Zitat aus Humperdincks Oper „Hänsel und Gretel“) . Dieser Teil des Zitats ist sicher sehr bekannt, aber der Satz geht bei Humperdinck weiter „Kuchenheil dir erwirb!“ Wie interessant – das sagt die Hexe zu Gretel, die, bewegungsunfähig durch Zauberei, den Spuk über sich ergehen lassen muss. Hänsel sitzt derweil im Käfig und ist auch handlungsunfähig. Bezogen auf unsere Theater und „Gutachten“ bedeutet es nichts anderes! Es wird ein Gutachten erstellt, das Theater erwirbt sich damit sein „Kuchenheil“, um dann sowieso irgendwann „im Backofen zu landen“. Hänsels Schicksal im Käfig scheint besiegelt, hätte er nicht seine beherzte und mutige Schwester, die ihn vor dem Backofen bewahrt, da sie taktisch klug abwägt und sich im richtigen Moment gemeinsam mit dem Bruder der Hexe entledigt. Die Theater brauchen auch eine „Schwester“, in dem Fall beherzte und mutige Politiker, die sich zu ihren Theatern bekennen und sie gut achten. Da ist es wieder, unser Wortspiel: „Theater gut achten“ - das verlangen wir von der Politik . Wir brauchen Politiker, die darum kämpfen, dass unsere kulturelle Landschaft nicht versinkt. Die Theater sollten der Politik vertrauen können - „kulturpolitischer Auftrag“ - Kultur und Politik in einem Wort – ist unseren Politikern die Bedeutung dieses Wortes überhaupt bewusst? Diese Verschmelzung zweier Welten? Kultur und Theater sind liberal – nach allen Seiten offen, aber sind das unsere Politiker auch? Die Politik handelt mit ihren Strukturempfehlungen alleine, künstlerische Leiter und Intendanten werden in Entscheidungen nicht einbezogen, so sind leider die bitteren Erfahrungen, die vielerorts gemacht wurden und werden. Das Wort KULTURPOLITIK verliert seine Bedeutung - eigentlich müsste es aus unserem Wortschatz gestrichen werden – oder nicht? Aber wenn Politiker es lernen, THEATER GUT zu ACHTEN, dann gibt es doch Hoffnung. Und die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt ... Sylke Kamin-Urbanek |
||||||||||||||||||||||||||
|
|