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Neu- und Wieder-Entdeckungen

Neue Opern-DVDs · Von Wolf-Dieter Peter

Giovanni Pergolesi: Il Flaminio. Mit Laura Polverelli, Juan Gatell, Marina de Liso, Serena Malfi, Sonia Yoncheva u.a., Accademia Bizantina, ML: Ottavio Dantone, R: Michal Znaniecki (2010). Arthaus 2 DVDs 101 653 (183 Min.)

Eine Ersteinspielung der Fondazione Pergolesi-Spontini: eine 1735 in Neapel uraufgeführte Liebeskomödie, deren Verwicklungen sich in ein übliches „lieto fine“ auflösen. Der spielerische Reichtum der nachbarocken „Commedia per Musica“ ist zu entdecken.

Wolfgang Rihm: Oedipus. Mit Andreas Schmidt, Emily Golden, William Pell, William Murray, Lenus Carlson, Orchester der Deutschen Oper Berlin, ML: Christof Prick, R: Götz Friedrich (1987). Arthaus DVD 101 667 (105 Min.)

Dokument einer großen Ära: Gleich von Beginn seiner Intendanz an holte Götz Friedrich den damals 29-jährigen Wolfgang Rihm als „Berater für zeitgenössische Musik“ an die Deutsche Oper Berlin. 1987 inszenierte Friedrich dann die Rihmsche Auftragskomposition „Oedipus“. Deren Sperrigkeit beeindruckt noch heute: Gesprochene, vom Tonband eingespiel-te und live gesungene Textteile von Hölderlin, Nietzsche und Heiner Müller sind zu einem anspruchsvoll schwierigen Selbstfindungsdrama verschmolzen, dessen Mittelpunkt der junge Andreas Schmidt faszinierend verkörpert. Auch wenn stilis-tisch einige Masken heute etwas „gewollt“ wirken, hat Ausstatter Andreas Reinhardt eine beeindruckende Mischung von Abstraktion und Konkretisierung für die grundlegende „Macht-Politik-Mensch“-Problematik geschaffen: kostümiert als Gang durch die Jahrtausende. Friedrich gelingen Bilder einer nach Wahrheit suchenden Einsamkeit, die selbst am Bildschirm noch packen, etwa wenn vor den Augen des erwachsenen Oedipus ein Kind mit durchbohrten Füßen mühsam einmal durch den leeren Raum tappt, dann zwischen den Protagonisten hindurchirrt. Alle Solisten zeigen expressive Kontur durch Friedrichs Personenregie, voran der auch mal wie ein Weimarer Unheil-Politiker wirkende Kreon von William Pell. Christoph Prick lässt Rihms vielfältige Klangsprachen vom Geräusch bis Arioso tönen und tosen. Keine leicht konsumierbaren 105 Minuten, aber lohnend herausfordernde.

Daniel Catán: Il Postino. Mit Plácido Domingo, Charles Castronovo, Amanda Squitieri, Cristina Gallardo-Domâs, Vladimir Chernov u.a., Chor und Orchester der Oper Los Angeles, ML: Grant Gershon, R: Ron Daniels (2010). Sony DVD 88691919709 (144 Min.)

Buch und Film waren Erfolge, und aus der Künstlerfreundschaft von Plácido Domingo mit dem mexikanischen Komponisten Daniel Catán erwuchs auch noch ein schlicht-eingängiges, klanglich neoromantisches Musikdrama: Der arme Briefträger Mario reift durch die Freundschaft mit dem auf einer italienischen Insel exilierten Pablo Neruda zum Heimatpoeten. Das Sozialdrama des als Kommunist ums Leben kommenden Mario ist zugunsten der Liebesgeschichte zurückgedrängt: In Anklang an die Cyrano-Thematik gewinnt Mario durch Nerudas Dichtung das Herz der Dorfschönheit Beatrice. Die Neruda-Rolle ist Domingo in die Kehle und auf den Leib geschrieben: alles hübsch, etwas sentimental und „gelackt“ inszeniert. Lediglich die Schlussszene, als Neruda die Qualität Marios erkennt, kann beeindrucken.

Engelbert Humperdinck: Königskinder. Mit Jonas Kaufmann, Isabel Rey, Oliver Widmer, Liliana Nikiteanu u.a., Chor u. Orchester der Oper Zürich, ML: Ingo Metzmacher, R: Jens-Daniel Herzog (2010). Decca 2 DVDs 074 3438 (180 Min.)

Keine Märchenoper, vielmehr ein Prekariatsdrama in einem überaus ordentlichen und eben gewinnorientierten Land – womöglich der Schweiz? Ausgerechnet eine Problem-Bank sponsert die Züricher Aufzeichnung. So realistisch Nina Russis Szene das bittere Ende im Elendsquartier zeigt, so blitzsauber zerrissen sind leider die Kostüme der Scheiternden. Doch sängerdarstellerisch beeindrucken Kaufmann wie Rey und das ganze Ensemble.

Benjamin Britten: The Turn of the Screw. Mit Miah Persson, Toby Spence, Thomas Parfitt, Susan Bickley, Joanna Songi u.a., London Philharmonic Orchestra, ML: Jakub Hrusa, R: Jonathan Kent (2011). FraMusica/Harmonia mundi DVD 007 (111+22 Min.)

Nach all den Missbrauchsenthüllungen sieht man Brittens Werk nochmals anders und das Glyndebourne Festival weicht dieser Herausforderung nicht aus. So hat Regisseur Kent das Werk nicht als viktorianische Spukgeschichte inszeniert, sondern als hautnahen „Fall“. Paul Browns bestechende Szene lässt drei Drehbühnenringe kreisen, um die titelgebende Verstrickung sinnfällig zu machen, die mit dem Tod des kleinen Miles endet. In Bann schlagend.

Wolf-Dieter Peter

 

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