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Rezensionen

Beethoven und die Frauen

Sophia Mott: Mein Engel, mein alles, mein Ich – Beethoven und die Frauen. 114 S. mit mehreren Abb., Verlag Ebersbach & Simon. 2020, € 18.- ISBN 978-3-86915-212-7

Künstlerisch hat Beethoven eine faszinierende Frau geschaffen, diese Leonore alias Fidelio. Anders im realen Leben… Inmitten der Flut von Büchern zum Jubiläumsjahr ist also ein Büchlein zu den Frauen in Beethovens Leben angebracht. Erfreulicherweise legt die Autorin Sophia Mott keinen zeit-aktuellen feministischen Maßstab an die Problematik. Vielmehr scheinen das musikalisch-künstlerische und dann musikwissenschaftliche Studium ihr den Zeitgeist des ausgehenden 18. und frühen 19. Jahrhunderts einsichtig gemacht zu haben: den Wirbel von Sturm und Drang, Revolution und befreiendem Aufbruch, Frühromantik und Klassik, die virulente Problematik der trotz Revolution restaurierten Standesgesellschaft. Da sie folglich den „Titan LvB“ erfreulicherweise nicht heroisiert und auch die Frauenwelt seiner Lebenszeit nicht verklärt, gelingt ihr ein historisch in vielem treffendes Zeitbild: ein Schuss Leichtlebigkeit aus dem galanten Zeitalter heraus, ein Schuss romantischer Verklärung zwischenmenschlicher Gefühle – beides flüssig-locker dargestellt und dann herb realistisch eingeholt von häufigen Schwangerschaften, Geldnöten und adeligen Zwängen. Auch im Privatleben wird Beethoven von Kindheit an als emotionaler Hitzkopf erkennbar. Daraus erwächst ein bunter Reigen an Jugendlieben, die alle unerfüllt bleiben. Dann bildet sich in Wien ein großer Kreis weiblicher Verehrerinnen, von denen ein Gutteil in den damals üblichen Amulett- oder kleinen Öl-Porträts abgebildet ist. Mott unterschlägt die damals blühende Prostitution nicht, zitiert Beethovens verklausulierte Verurteilungen des „Gewerbes“, vermutet seine lange „Jungfräulichkeit“, belegt ungeordnete Lebensführung, seine Angst vor und dennoch Sehnsucht nach Bindung.

Zurecht zentral ist die langjährige, menschlich tiefe Beziehung zu Gräfin Josephine von Brunsvik-Deym dargestellt, und Autorin Mott schließt sich dem Teil der Beethoven-Forscher an, die sie als Adressatin des Briefes „An die unsterbliche Geliebte“ sehen. Dafür ist die womöglich aus der einzigen Liebesnacht der beiden hervorgegangene Tochter „Minona“ – das Akronym für „Anonima“ – etwas zu peripher dargestellt; die eben uraufgeführte Oper über sie existierte bei Drucklegung noch nicht. Auch wenn Bettina von Arnim, Rahel Varnhagen, Gräfin Erdödy und Antonie Brentano kurz den schwerhörig Ungebärdigen umturteln: Er bleibt ohne dauerhafte Beziehung. Therese, die mit ihr innig vertraute Schwester Josephines, vermerkt im Alter: „Josephines Haus- und Herzensfreund! Sie waren füreinander geboren.“ Doch Beethoven blieb nach vielen Klavier- und Liedwidmungen nur die Komposition von „Diesen Kuss der ganzen Welt“.

Wolf-Dieter Peter

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