Eine von Stahlträgern getragene schiefe Ebene aus grünem Glas, die von den Füßen des Wolkenkratzers bis zum Wasserspiegel allmählich nach rechts abfällt, dient als zentrale Aufmarschfläche für die handelnden Figuren aber auch für die jeweils ins Bild geschobenen anderen Spielebenen wie die 15 Meter lange Fassade von Doc‘s Drugstore oder das dreistöckige, drehbare Brick-House, auf dessen Balkon sich dann auch die berühmte Balkonszene zwischen Tony und Maria abspielt. Während die beiden Protagonisten vom Brick-House herunter „Somewhere“ intonieren, tanzen unten ihre Doubles einen Pas de deux inklusive Hebefiguren. Am Schluss verzichtet Zambello auf eine Versöhnung der Gangs. Happy Ends sind eben rar geworden in unserer kriegerischen Zeit. Keine Frage, die Regieführung von Francesca Zambello ist schlüssig und die Bewegungsabläufe sind dramatisch gut durchdacht. Die Choreografie von Richard Wherlock gibt sich energiegeladen, wenngleich nicht progressiv-experimentierfreudig, die Aufbauten sind passend, die Kostüme von Marie Jeanne Lecca (rot für die „Sharks“ und blau für die „Jets“) durch den zeitgenössischen Subkultur-Einschlag und die hier und da sichtbaren Anspielungen auf die 50er Jahre angemessen schrill. Zum Erfolg dieser Premiere vor 7.000 Zuschauern trugen auch die Bühnenakteure wesentlich bei. Allen voran ist hier Marisol Montalvo als Maria zu nennen, die neben ihrer überzeugenden schauspielerischen Leistung auch durch ihre klare und durchsetzungskräftige Stimme bestechen konnte. Jesper Tydén wusste ebenfalls zu beeindrucken, wenngleich er anfangs in leisen hohen Passagen doch leichte Intonationsprobleme hatte. Sibylle Wolf als Anita, Alexander Franzen als Riff, Andreas Wolfram in der Rolle des Bernardo sowie die Mitwirkenden des Kammerchors Moskau, des Tanzensembles der Bregenzer Festspiele, des Studiengangs Musical der Bayerischen Theaterakademie August Everding komplettierten den positiven Gesamteindruck. Hervorragend war die Leistung der Wiener Symphoniker, denen Dirigent Wayne Marshall das beigebracht hat, was der Jazzer „Swing“ nennt. Das Publikum nahm die Premiere zurecht mit lang anhaltendem Applaus auf. Dennoch darf die Frage gestattet sein, ob man ein Musical wie dieses wirklich auf der größten Seebühne der Welt, welche den Geist der aussagekräftigsten Opernproduktionen der letzten Jahrzehnte in sich birgt, inszenieren muss. „America“ oder „I Feel Pretty“ sind in ihrer Schlichtheit eben doch nicht vergleichbar mit Melodien aus der Feder von Puccini oder Verdi – auch wenn dies immer wieder hartnäckig behauptet wird. Stefan Rimek |
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