Während die Waschmaschi ne träge ihre Runden dreht und hartnäckige Überreste sechswöchigen Container-Daseins à la Big Brother im „Haus der Musik“ raustrommelt, überfällt einen plötzlich die Sehnsucht. Und – als hätte man es noch nicht zur Genüge intus – liegt „Carmen“ „ratz fatz“ wieder auf dem Plattenteller, beglückt, begeistert aufs Neue; erinnert an feurige Opernabende und laue Sommernachtsträume, an harten Theateralltag und eine Atmosphäre, die selbst mäkeligen Feuilletonisten den Glanz in die Augen treibt. Wer nach Weikersheim kommt und hier seine Arbeitskraft investiert, weiß, worauf er sich einlässt und kennt die herausfordernde Loslösung vom festen, eingefahrenen Theaterbetrieb: Bühnen- und Kostümbildnerinnen, Techniker oder Beleuchter, sie stehen in Weikersheim vor besonders organisatorischen Kniffligkeiten, die viel Eigenengagement und Improvisationsgeschick abverlangen. Und es ist gerade das unprätentiöse, unverkrampfte Zusammenspiel vom Hausmeister bis zur Primadonna, das hier gute Früchte trägt und für die typische Weikersheimer Glückseligkeit sorgt. Natürlich – wer nach Weikersheim kommt und Bayreuth erwartet, wird nur bedingt Erfüllung widerfahren, hat aber auch nicht verstanden, worum es der Jeunesses Musicales im Grunde geht. Die neun Freilichtaufführungen im Schlosshof Weikersheim sind bemerkenswertes Ergebnis eines langen arbeits- und lernintensiven Opernkurses, der über mehrere Arbeitsphasen auf die Aufführungen hinarbeitet. Hier finden die aus Hunderten von Bewerbern ausgewählten jungen Sängerinnen und Sänger das, was von ihnen an jedem Theater erwartet, aber nicht geboten wird: Bühnenerfahrung. Für die meisten der sehr begabten, jungen Stimmen ist es das erste Mal, dass sie sich auf der Bühne in einer großen Partie präsentieren. Dazu kommt die fordernde Arbeit mit Dirigenten, Orchester und Regisseurin. Auch ganz alltägliche Lernerfahrungen wie angemessenes Umgehen mit Kraftreserven von Stimme und Körper, richtiges Markieren oder bühnentauglicher Bewegungsausdruck gehören dazu. Doch die Sängerinnen und Sänger sind ungemein lernbereit, gehen mit einer ungebremsten Offenheit und Spielfreude ans Werk, das schafft einen ergiebigen Fundus für eine erfahrene Regie, die daraus zu schöpfen weiß. Dass diese in der Kulturlandschaft viel zu rar gestreute Verbindung von Opernkurs und qualitätsvollen Aufführungen Erfolg hat, bewiesen nicht nur die über 12.000 Besucher der diesjährigen „Carmen“, sondern auch das große überregionale Medieninteresse an dem Internationalen Opernkurs Schloss Weikersheim. So wird sich die Jeunesses Musicales Deutschland auch in den kommenden Jahren (2005 mit der „Zauberflöte“) weiter als wichtiger Förderer des europäischen Musiktheaters etablieren und für den begabten Sängernachwuchs eintreten.
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