In Neuss wurde also der Gesang zur Basis des Gesamtprojekts gemacht – aus der Überzeugung heraus, dass das Singen der Ursprung des „musikalischen Handelns“ ist, auf dem viele Entwicklungen beruhen. Deshalb, so Reinhard Knoll, beginnt „JeKi“ in Neuss mit den „Instrumenten“, die allen Kindern zur Verfügung stehen – der Stimme und dem Körper. Das Modell sieht eine durchgehende Tandem-Lösung vor: Ausgebildete
Gesangspädagogen schließen sich mit jeweils einer Grundschullehrkraft
zusammen und unterrichten die Grundschulklassen gemeinsam mit diesen.
Die unterschiedlichen Kompetenzen ergänzen sich hier sehr
gut. Das Modell ist nicht neu und hat sich inzwischen in vielen
Zusammenhängen bewährt. In Neuss wird darauf Wert gelegt,
dass – unter Berücksichtigung bestimmter Lehrplan-Vorgaben – vieles
individuell und vor Ort gestaltet wird. Das hängt ab von den
Gegebenheiten in der Schule, der Zusammensetzung der Klassen und
den Lehrer-Persönlichkeiten. Alle Kinder singen gerneInzwischen beginnt das Projekt bereits in der ersten Grundschulklasse. In der zweiten Klasse wird im Rahmen des Tandem-Unterrichts kostenlos ein Instrumenten-Karussell angeboten, das einen Einblick in die unterschiedlichen Instrumente ermöglicht. Es gibt in der 3. und 4. Klasse neben dem Instrumentalspiel die Möglichkeit, das Singen zu intensivieren, beispielsweise im Jahrgangsstufenchor, in Chorklassen, als „Singpause“ oder in anderen Singangeboten der Schulen. Das Schöne an der Arbeit mit den jüngsten Schulkindern ist, so Holger Müller, dass sie in diesem Alter noch ganz und gar offen sind gegenüber jeder Art der musikalischen Artikulation und der Bewegung. Hemmschwellen oder Ängste gibt es noch nicht. „Alle Kinder singen gerne Lieder.“ Jährlicher „JeKi-Sti“-Höhepunkt ist das große Konzert im Neusser Zeughaus, in dem mehr als 500 Kinder die Lieder, die sie im Lauf des Jahres erlernt haben, vorsingen – mit dazu passenden Choreografien selbstverständlich. Daneben singen die Kinder unter dem Motto „Singen tut gut“ in Altersheimen oder Krankenhäusern. Inzwischen machen alle 26 Neusser Grundschulen mit, die Resonanz ist positiv bis begeistert. Eine unabhängige Evaluation des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf belegt den Erfolg auf wissenschaftlicher Ebene. Es wurden qualitative und quantitative Befragungen durchgeführt. Das Ergebnis bei den Eltern: „Fast 100 Prozent der Befragten befürworten eine Fortführung des Gesangsunterrichts – unabhängig davon, ob sie diesem nun eine unmittelbare, deutlich erkennbare Auswirkung auf die Entwicklung ihrer Kinder zusprechen oder nicht. Man könnte daraus schlussfolgern, dass Eltern durchaus die Eigenständigkeit von musikalischer Bildung und musikalischer Förderung wertschätzen. Und: „‚JeKi-Sti‘ ist für jede Schule ein Geschenk. Bitte weiter so!“ ist nur eine von vielen positiven Rückmeldungen aus dem Kreis der Lehrer. Finanziert aus Mitteln des Landes Nordrhein-Westfalen, der Stadt Neuss und der Jubiläumsstiftung der Sparkasse Neuss, wurde das Projekt soeben um drei Jahre verlängert. „JeKi-Sti“ ist nicht der Weisheit letzter Schluss, sagt Holger Müller und berichtet, dass man in regem Kontakt zu Anbietern anderer Modelle steht. Ein solcher Austausch kann sicher allen nur gut tun. Barbara Haack |
||||||||||||||||||||||||||
|
|