Zur Startseite


 

 
Zur Startseite von Oper & Tanz
Aktuelles Heft
Archiv & Suche
Stellenmarkt
Oper & Tanz abonnieren
Ihr Kontakt zu Oper und Tanz
Kontakt aufnehmen
Impressum
Datenschutzerklärung

Website der VdO


 

Aktuelle Ausgabe

Editorial

Kulturpolitik
Brennpunkte
Zur Situation deutscher Theater und Orchester
Ein Programm nach Maß
Erste Chormesse „chor.com“ in Dortmund
Es brennt – helft löschen!
Die Landesbühnen kämpfen um ihr Überleben
Innovation und Spielfreude
Das Mecklenburgische Staatstheater Schwerin
Nicht nur Grund zum Feiern
Kultur- und Finanzpolitik in Mecklenburg-Vorpommern


Neue Tanz-Synergien
Die Junior Company des Bayerischen Staatsballetts

Berichte
Musiktheatralischer Wahnwitz
Chabriers „L‘Étoile“ an der Frankfurter Oper
Reise ins Nirwana
Wagner und Hosokawa bei der Ruhrtriennale 2011
Der Chor als Kraftzentrum
Puccinis „Turandot“ am Theater Regensburg

VdO-Nachrichten
Nachrichten
„Stiftung TANZ – Versorgungsanstalt der deutschen Bühnen – Neuauflage des NV Bühne – Die VdO hat gewählt – Köpfe der VdO: Detlev Tiemann – Wir gratulieren
Forum: Ein freier Abend pro Woche ist zu wenig
Gedanken des VdO-Mitglieds Sebastian Bollacher

Service
Schlagzeilen
Namen und Fakten
Stellenmarkt
Spielpläne 2011/2012

 

Berichte

Musiktheatralischer Wahnwitz

Chabriers „L‘Étoile“ an der Frankfurter Oper · Von Wolf-Dieter Peter

Auch die Oper hat ihren irrwitzig agierenden „König über 36 Königreiche“: Was Alfred Jarrys „Roi Ubu“ dem Schauspiel ist, das singt und tobt als König Ouf I. in Emmanuel Chabriers anspruchsvoller Opéra bouffe „L’Étoile“. Gespenstisch lustig feiert Ouf seinen Geburtstag immer auch mit einer öffentlichen Hinrichtung. Doch für die diesmal in Aussicht genommene Pfählung findet er nur mühsam einen politisch „gefährlich“ desinteressierten Straßenhändler. Als der chaotische Hofastrologe feststellt, dass König Ouf nur einen Tag länger zu leben hat als der junge Mann, wird dieser nach allerhand Turbulenzen als Thronfolger etabliert und kriegt sogar die hübsche junge Prinzessin „La-ou-la“.

 
Michael McCown (Fürst Hérisson de Porc-Epic), Julian Prégardien (Tapioca), Simon Bailey (Siroco) und Sharon Carty (Aloès) sowie der Chor der Oper Frankfurt. Foto: Wolfgang Runkel
 

Michael McCown (Fürst Hérisson de Porc-Epic), Julian Prégardien (Tapioca), Simon Bailey (Siroco) und Sharon Carty (Aloès) sowie der Chor der Oper Frankfurt. Foto: Wolfgang Runkel

 

Mit diesem Gegengewicht zur parallel laufenden Tragödie in Othmar Schoecks „Penthesilea“ bestätigte die Oper Frankfurt abermals ihren Ruf als bestes Haus der Theaterrepublik – was in diesem Fall nicht leicht ist. Komödienwitz funktioniert ja immer dann gut, wenn das Publikum sofort die Pointe versteht – und das ist im rasant sprudelnden Französisch schwer. Doch die Entscheidung für die Originalsprache erwies sich musikdramatisch und solistisch als richtig. Zwar blieb der Blick auf die Übertitel zwingend, was nach dem etwas zähen 1. Akt fast bedauerlich war, so hinreißend turbulent ging es danach auf der Bühne zu. Da war auch die klanglich etwas dicke und rhythmisch steife Potpourri-Ouvertüre vorbei und unter Henrik Nánásis jetzt leichthändigerer Leitung klang das Frankfurter Museumsorchester nun keck und leichtfüßig, gleichsam „champagnerisiert“. Das reichte zwar noch nicht, denn Regisseur David Alden, der ja seinen Ausstattern sehr viel vorgibt, hatte da von Gideon Davey eine heutige Flughafenhalle für „Air Etoile“ bauen lassen, die prompt wie in der Realität etwas stimmungstötend wirkte. Doch in der aberwitzigen Raummischung aus verspiegelter Nobel-Badelandschaft und schicker Entspannungslounge für absurde „Regierungsgeschäfte“ bekam die Bühnenaktion im 2. und 3. Akt den nötigen „irren Touch“. Das gelang, weil im Zusammenwirken von Regisseur Alden, Chorleiter Michael Clark und Choreografin Beate Vollack die üblichen Grenzen zwischen Chor, Tanztruppe und sogar Solisten verschwammen: Neugierige Hausfrauen wurden kess-kecke Putzmamsells, müde tapsende Reinigungsfrauen wandelten sich in sexy herumwedelnde Kammerzofen – Turbulenzen allenthalben, kein Wunder dass Ouf zuerst die einen Besuch ankündigende sexy Sekretärin und dann den Fanfaren spielenden Dirigenten kurzerhand erschoss…

Aus einem herrlich locker und aufgedreht mitspielenden und singenden Ensemble um die reizende Prinzessin von Juanita Lascarro ragten dann zwei Komödianten heraus und gaben dem Abend Züge eines Feuerwerks. In der Hosenrolle des Straßenhändlers Lazuli, der gejagt, gehätschelt und schließlich gekrönt wird, taumelte Paula Murrihy in einer mal amüsanten, mal anrührenden Mischung aus Staunen und Verzweiflung durch das Chaos in die Arme der schon immer geliebten Prinzessin – und sang einfach zauberhaft. Bravostürme. Mit Ovationen gefeiert aber wurde das „Bühnentier“ des Abends: der vom Comédie-Française-Schauspieler über Zauberer- und Stunt-Auftritte zum Tenor aufgestiegene Christophe Mortagne. Französische Text-Raffinessen vom Feinsten mit augenzwinkernder Souveränität serviert, Rollerfahren, Rennen, Springen, Kostümwechsel und eine schon von Chabrier so komponierte herrliche Chartreuse-Likör-Suffsause – alles brillant „serviert“. Auch ein Fall-Sturz quer über die Bühne zur Grotesklandung im Fauteuil konnte schöne Tenorphrasen nicht verhindern – aber immer mit einem irr-albernen Grinselachen in den Augen oder im ganzen Gesicht, eine erschreckend herrliche Trauminterpretation eines gefährlich amüsanten Despoten – Chapeau und merci!

Wolf-Dieter Peter

 


startseite aktuelle ausgabe archiv/suche abo-service kontakt zurück top

© by Oper & Tanz 2000 ff. webgestaltung: ConBrio Verlagsgesellschaft & Martin Hufner