Mit diesem Gegengewicht zur parallel laufenden Tragödie in Othmar Schoecks „Penthesilea“ bestätigte die Oper Frankfurt abermals ihren Ruf als bestes Haus der Theaterrepublik – was in diesem Fall nicht leicht ist. Komödienwitz funktioniert ja immer dann gut, wenn das Publikum sofort die Pointe versteht – und das ist im rasant sprudelnden Französisch schwer. Doch die Entscheidung für die Originalsprache erwies sich musikdramatisch und solistisch als richtig. Zwar blieb der Blick auf die Übertitel zwingend, was nach dem etwas zähen 1. Akt fast bedauerlich war, so hinreißend turbulent ging es danach auf der Bühne zu. Da war auch die klanglich etwas dicke und rhythmisch steife Potpourri-Ouvertüre vorbei und unter Henrik Nánásis jetzt leichthändigerer Leitung klang das Frankfurter Museumsorchester nun keck und leichtfüßig, gleichsam „champagnerisiert“. Das reichte zwar noch nicht, denn Regisseur David Alden, der ja seinen Ausstattern sehr viel vorgibt, hatte da von Gideon Davey eine heutige Flughafenhalle für „Air Etoile“ bauen lassen, die prompt wie in der Realität etwas stimmungstötend wirkte. Doch in der aberwitzigen Raummischung aus verspiegelter Nobel-Badelandschaft und schicker Entspannungslounge für absurde „Regierungsgeschäfte“ bekam die Bühnenaktion im 2. und 3. Akt den nötigen „irren Touch“. Das gelang, weil im Zusammenwirken von Regisseur Alden, Chorleiter Michael Clark und Choreografin Beate Vollack die üblichen Grenzen zwischen Chor, Tanztruppe und sogar Solisten verschwammen: Neugierige Hausfrauen wurden kess-kecke Putzmamsells, müde tapsende Reinigungsfrauen wandelten sich in sexy herumwedelnde Kammerzofen – Turbulenzen allenthalben, kein Wunder dass Ouf zuerst die einen Besuch ankündigende sexy Sekretärin und dann den Fanfaren spielenden Dirigenten kurzerhand erschoss… Aus einem herrlich locker und aufgedreht mitspielenden und singenden Ensemble um die reizende Prinzessin von Juanita Lascarro ragten dann zwei Komödianten heraus und gaben dem Abend Züge eines Feuerwerks. In der Hosenrolle des Straßenhändlers Lazuli, der gejagt, gehätschelt und schließlich gekrönt wird, taumelte Paula Murrihy in einer mal amüsanten, mal anrührenden Mischung aus Staunen und Verzweiflung durch das Chaos in die Arme der schon immer geliebten Prinzessin – und sang einfach zauberhaft. Bravostürme. Mit Ovationen gefeiert aber wurde das „Bühnentier“ des Abends: der vom Comédie-Française-Schauspieler über Zauberer- und Stunt-Auftritte zum Tenor aufgestiegene Christophe Mortagne. Französische Text-Raffinessen vom Feinsten mit augenzwinkernder Souveränität serviert, Rollerfahren, Rennen, Springen, Kostümwechsel und eine schon von Chabrier so komponierte herrliche Chartreuse-Likör-Suffsause – alles brillant „serviert“. Auch ein Fall-Sturz quer über die Bühne zur Grotesklandung im Fauteuil konnte schöne Tenorphrasen nicht verhindern – aber immer mit einem irr-albernen Grinselachen in den Augen oder im ganzen Gesicht, eine erschreckend herrliche Trauminterpretation eines gefährlich amüsanten Despoten – Chapeau und merci! Wolf-Dieter Peter
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