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Editorial

Bei der Wahl am 18. September schaffte eine junge Partei auf Anhieb den Einzug ins Berliner Abgeordnetenhaus – und das gleich mit fast 9% der Wählerstimmen. Bemerkenswert ist unter anderem der Name dieser Partei, deutet er doch darauf hin, dass es sich um eine Vereinigung Schwerkrimineller handele: „Piratenpartei“

  Tobias Könemann  

Tobias Könemann

 

Piraten sind, das weiß jedes Kind, Menschen, die, vorzugsweise auf hoher See, ohne Rücksicht auf Leib und Leben ihrer Opfer gewaltsam nach dem Besitz ihrer Mitmenschen streben. Trotz dieses üblen Berufsbildes sind sie in der Bevölkerung immer wieder auch idealisiert und bewundert worden. Dies geschah vor allem in Zeiten, in denen diejenigen, die bestimmten, was Legalität ist, dies besonders skrupellos zu ihrem eigenen Vorteil genutzt haben. Heute sind wir noch weiter: Die Träger der Legalität, nämlich die formal-demokratischen Staaten, werden von den unersättlichen, wirklich mächtigen Privatinstitutionen, natürlich höchst legal, für deren Interessen instrumentalisiert – eine Form des Kapitalismus, die sich Karl Marx nicht hätte träumen lassen. Genau das mag dabei helfen, dass immer mehr Wähler den besagten Parteinamen durchaus positiv konnotieren.

Der Begriff „Piraterie“ wird heute allerdings vorzugsweise im Bereich des geistigen Eigentums, insbesondere des Urheberrechts, verwendet. Und hier tobt seit Jahrzehnten eine heiße Debatte zwischen Urhebern, Verwertern, Verbraucherschützern und – neuerdings – auch „Piraten“ darüber, was legal sein soll und was nicht und wie schlimm der Verstoß gegen bestehende Regeln denn eigentlich ist.

Angeheizt und umgekrempelt wurde diese Diskussion durch das Entstehen der digitalen Welt, die das qualitätserhaltende Kopieren zum Kinderspiel machte, und des Internets, dessen erste große Eigenschaft die grenzenlose Freiheit ist. Und sie ist inzwischen so weit gediehen, dass besagte Piratenpartei den Begriff des „Geistigen Eigentums“, einer der wichtigsten Errungenschaften des 20. Jahrhunderts, in ihrem Grundsatzprogramm schlichtweg für antiquiert erklärt.

Zu unterscheiden sind in dieser Diskussion zwei Aspekte: der des Urheberpersönlichkeitsrechts, also der Integrität des geschützten Werkes, und der der Verbotsrechte, also des Schutzes der wirtschaftlichen/öffentlichen Nutzung des Werkes. Vergleicht man das Eigentum am Werk mit dem an einem Auto, so ist der letztere Aspekt der, dass ich bestimmen darf, wer wann wohin mit meinem Auto fährt, der erstere der, der mich davor schützt, dass andere es ungestraft verbeulen, zerkratzen oder bemalen.

Die Angriffe auf die Werkintegrität stammen insbesondere von denen, die mangels eigener Kreativität oder handwerklicher Fähigkeiten nicht zur Schaffung eigener Werke imstande sind, zu ihrer Selbstverwirklichung aber glauben, mit „eigenen“ Inhalten an die (Web-)Öffentlichkeit treten zu müssen. Und so entsteht, vor allem bei Verbraucherschützern, die Forderung nach Freigabe von so genannten „mash ups“ oder sonstigem „user generated content“, hinter denen das Integritätsinteresse des Künstlers zurückzustehen habe. Garniert wird diese Forderung mit dem – zweifellos richtigen – Hinweis darauf, dass ja auch Bach oder Picasso „geklaut“ hätten wie die Raben. Dies wäre in der von ihnen praktizierten Form allerdings auch nach geltendem Urheberrecht zulässig – dank den ausgewogenen Regeln zur Bearbeitung, der freien Nutzung und zum Zitatrecht.

Die Angriffe gegen die Bestimmung des Urhebers über die wirtschaftliche Nutzung seines Werkes kommen aus der Richtung derer, die als Kinder einer Überflussgesellschaft herangewachsen sind, die ihnen kostenlosen Konsum als Menschenrecht suggerierte – von der Internet-Community inzwischen ideologisch damit untermauert, man könne erstens nicht eine ganze Generation, die an das „kostenlose“ Downloaden und Kopieren gewöhnt ist, kriminalisieren, zweitens sei die „Befreiung des Wissens“ Voraussetzung für den gesellschaftlichen Fortschritt und für wahre Demokratie.

Da mag ja – hinsichtlich des „Wissens“ im engeren Sinne – etwas dran sein, aber hat der Künstler nicht das Recht, mit seiner Arbeit seinen Lebensunterhalt verdienen zu können? Würde nicht, wenn man ihm die Möglichkeit nähme, die Nutzung seines Werkes von einer Entgeltforderung abhängig zu machen, die professionelle Kunst zum Aussterben verdammt? Die reine Privatkopie ist übrigens seit jeher – pauschal abgegolten über Verwertungsgesellschaften – im Urheberrecht ausdrücklich legalisiert. Wenn die Forderungen aber so weit gehen, dass Kopierschutztechniken verboten werden, so muss man sich, um im obigen Auto-Beispiel zu bleiben, fragen, warum denn Zündschlösser und Wegfahrsperren nicht verboten werden sollen.

Tobias Könemann

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