Seit 15 Jahren hat die Landesregierung ihren Zuschuss von 35,8
Millionen Euro für die Kultur in Mecklenburg-Vorpommern nicht
verändert, trotz stetig gestiegener Kosten an allen Standorten.
Eine Änderung dieser Haltung wurde bisher auch resolut abgelehnt.
2008 entwickelte Kultusminister Henry Tesch (CDU) ein bis heute
viel diskutiertes und nicht unumstrittenes Eckpunktepapier, welches
die Landesmittel einerseits bis 2020 festschreibt, die Theater
andererseits auffordert zu Kooperationen und Fusionen, zu mehr
Wettbewerb, um die Zuschauerzahlen zu erhöhen... Anreiz zu
diesen Bemühungen sei dann mehr Geld für die Theater … Die
Theater wunderten sich und fragten sich, wie das funktioniert?
Auf der einen Seite festgeschriebene Landesmittel, auf der anderen
Seite mehr Geld bei Einhaltung der o. g. Bedingungen? Da lohnt
es sich doch wieder, das Kleingedruckte zu lesen. Dasjenige Theater
bekommt mehr Geld, welches mehr Zuschauerzahlen vorweisen kann – genommen
wird es dem Theater, welches vielleicht etwas weniger Zuschauer
in der Statistik hat. Pest oder Cholera? Die Theater in Stralsund
und Greifswald hatten im Übrigen bereits fusioniert, ebenso
Neustrelitz und Neubrandenburg. Engpässe in der Finanzierung,
die fast ständig an der Tagesordnung waren, wurden durch Haustarifverträge
mit Verzicht auf Gehaltsbestandteile der Belegschaft überbrückt
bzw. vor sich hergeschoben. Alle Theater-Standorte in Mecklenburg
forderten immer wieder eine Dynamisierung der Landesmittel, ohne
je richtig gehört zu werden. Hilfe vom Land? Utopie! Einen
klitzekleinen Lichtblick gab es allerdings schon – wenn man
der örtlichen Presse Glauben schenken darf. Ein Artikel in
der Ostseezeitung vom 30.5.2011 – Zitat: „Ministerpräsident
Erwin Sellering (SPD) will die Kultur in Mecklenburg-Vorpommern
zur Chefsache machen … nach einem Sieg der Landtagswahl der
SPD am 4. September.“ Nach einigem Ringen einigten sich letzte Woche die Koalitionäre von SPD und CDU in der Tat auf einen „Rettungsschirm“ für die Theater in Mecklenburg. Damit ist die drohende Insolvenz in Schwerin erstmal vom Tisch –eine Million Euro soll das Staatstheater erhalten. Ein Aufatmen – wenigstens in diesem Theater – wenn auch nur für den Moment. Rostock bekommt Finanzspritzen für den geplanten Neubau des Theaters, Anklam 500.000 Euro, exakt die Summe, die das Land als Landesmittel verweigert hatte wegen angeblicher rechtlicher Ungereimtheiten bei der Fusion der Bühne mit dem Theater Vorpommern. Ein Punkt des Eckpunktepapieres von Ex-Minister Tesch erlegte den Einspartentheatern bis zum 31.12.2010 die Pflicht auf, mit einem Mehrspartentheater zu fusionieren, anderenfalls gäbe es keine Landesmittel. Anklam fusionierte – und bekam trotzdem die Mittel nicht. Jetzt gibt es allerdings das Geld – es heißt eben nur anders. Und was bekommen die anderen Theater im Land? Auf welche Finanzspritzen können sie sich einstellen? Bislang keine. Es gibt keine Aussagen darüber. Was haben die anderen Standorte falsch gemacht? Haben sie nicht laut genug gejammert? Haben sie zu früh ihre Hausaufgaben erledigt? Stellen abgebaut, Haustarifverträge mit Gehaltsverzicht abgeschlossen, Kredite aufgenommen, die mit Zinsen zurückgezahlt werden müssen etc.? Die Lis-te ist lang. Aber eigentlich haben doch alle Standorte geschrien: „Wir brauchen eine Dynamisierung der Landesmittel!“ Geht nicht – ist nicht – kommt nicht – ist eingefroren. Traurige Tatsache ist auch, dass der Staat es bisher nicht geschafft hat, das Staatsziel Kultur ins Grundgesetz aufzunehmen. Der Schutz und die Förderung von Kultur als Aufgabe aller staatlichen Ebenen sollte gesetzlich verankert werden, wie es ja auch zentrale Forderung des Deutschen Kulturrats ist. Aber was wird getan, um das Diktat der Verluste in der Theaterlandschaft abzuwenden, um eine Krise zu managen, die nicht von den Theatern verschuldet wurde? Schauen wir weiter mit Optimismus in die Zukunft? Die Antwort ist „Ja“, denn sonst könnten wir unseren Beruf als Künstler gar nicht ausüben. Ein leichter Anflug von Sarkasmus dürfte uns ob der aktuellen kulturpolitischen Lage allerdings verziehen werden. Sylke Urbanek
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